Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 488

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 488 (NJ DDR 1989, S. 488); 488 Neue Justiz 12/89 fassung“ (Referent: E. Alexander): „Gegen den Abbau der u. a. die Verabschiedung des damals im Entwurf befindlichen Rechtsgarantien und gegen die Beschränkung der Rechte der Strafgesetzbuchs. Verteidigung in politischen Prozessen“ (Referenten: Hans Mit diesen Analysen Migliolis verfügte die IJV auch Litten und Kurt Rosenfeld sowie die Rechtsanwälte Frank wenn die Naziherrschaft in Deutschland dann ungleich ter-und Braun).18 ' roristischer war als die des italienischen Faschismus über Im April 1930 erschien die erste Doppelnummer der Zeit- verallgemeinerungsfähige Aussagen in bezug auf eine mög-schrift „Revue der IJV“, für deren deutsche Ausgabe A. Apfel liehe faschistische Rechtsentwicklung in Deutschland, verantwortlich zeichnete. Obwohl die Zeitschrift bereits 1931, Prognostische Hinweise auf eine zu erwartende faschisti-nach nur sieben Nummern, ihr Erscheinen aus finanziellen sehe Justiz in Deutschland finden sich auch in dem o. g. Auf- Gründen einstellen mußte, geben die Beiträge Aufschluß satz C. v. Ossietzkys zur „politischen Justiz“ in der Weima- sowohl über den internationalen Charakter der IJV als auch rer Republik. Dort war für Ossietzky die neue Qualität einer über die theoretischen Positionen ihrer Mitglieder. So äußerte möglichen faschistischen Rechtsprechung schon angelegt. So z. B. Rechtsanwalt Gaston Lafarga (Mexiko) wichtige Grunderkenntnisse über eine Rechtsentwicklung „von unten“18 19: Das positive Recht ändere sich nur unter dem Druck neuer Faktoren, die die Kräftebeziehungen unter den sozialen Klassen verschieben, und das juristisch-soziale Gewissen müsse wenn auch nur teilweise dem in revolutionären Taten ausgedrückten Willen der sozialen Klassen Platz machen. Neues Recht werde nicht aus der Phantasie juristischer Ideologen geboren, sondern trete auf dem Felde des Klassenkampfes in Erscheinung, durch den Willen des Proletariats, der sich in Versuchen der Machtübernahme, in Streikbewegungen usw. manifestiere. Der Gesetzgeber werde veranlaßt, als Diplomat der herrschenden Klasse aufzutreten, der dem Gegner einen Teil dessen, was er kategorisch fordert, zugestehe als Ersatz für die Verlängerung der Vorherrschaft dieser Klasse.20 Aus der Vielzahl interessanter Publikationen in der „Revue“ seien hier nur genannt die Beiträge über das Gefängnisregime für politische Strafgefangene in Frankreich21, über die Freiheit der Verteidigung22 über den Abbau des Arbeitsrechts zuungunsten der Werktätigen in der Zeit der Weltwirtschaftskrise, über die rechtliche Lage der Werktätigen in Griechenland, über die Justiz in Indochina, die strafrechtliche Reaktion in Ungarn, die Kolonialjustiz in Palästina. Auch Nichtjuristen schrieben in der „Revue“ zu juristisch relevanten Sachverhalten. Beispielsweise erschien bereits im ersten Heft ein Aufsatz Carl von Ossietzkys23, der das Reichsministerium des Inneren zu einer besonderen Notiz veran-laßte.24 Gerade den Intentionen des Herausgebers der „Weltbühne“ mußte es entsprechen, daß sich in einer Zeit, da KPD-und SPD-Führung z. T. auf gegensätzlichen Positionen verharrten, kommunistische und sozialdemokratische Juristen an den runden Tisch setzten.25 26 Faschismus und Ausnahmegesetzgebung ein zentrales Thema der IJV Einen Schwerpunkt in Diskussionen wie in Publikationen der IJV bildeten die während der Weltwirtschaftskrise in vielen Ländern verschärfte Ausnahmejustiz und das damit eng verknüpfte Phänomen des Faschismus. Das ist u. a. deshalb bemerkenswert, weil zum gleichen Zeitpunkt die fortschrittliche Zeitschrift „Die Justiz“, das Organ des Republikanischen Richterbundes, den immer stärker werdenden Faschismus nicht thematisierte, ja, eher wie das Kaninchen vor dem Blick der Schlange erstarrte.20 Zur Rechtsentwicklung im Faschismus sind zwei Aufsätze Guido Migliolis27 hervorhebenswert. Zutreffend stellte der Autor fest, daß der Faschismus keine rein italienische Angelegenheit sei, und charakterisierte ihn als „eine Reaktion, deren sich der Kapitalismus bedient, um die eigene Krise zu überwinden und dem drohenden Vormarsch“ der Arbeiter und Bauern „Einhalt zu gebieten“.28 Miglioli konstatierte, daß in Italien innerhalb von nur fünf Jahren alle im Laufe eines halben Jahrhunderts erkämpften gewerkschaftlichen und politischen Massenorganisationen der Arbeiter und Bauern dem Erdboden gleichgemacht wurden. Dabei habe sich die Herausbildung faschistischen Rechts etappenweise vollzogen: Zur ersten Etappe gehörten die Aufhebung der Pressefreiheit (1924), die Einschränkung der freien Advokatur (1926), die Beseitigung der Koalitions-, Gewerkschäftsund Streikrechte (1926). Einen Kulminationspunkt stellten dabei das „Gesetz für die öffentliche Sicherheit“ (1926) und das „Gesetz für die Verteidigung des Staates“ (1926) dar, die auf restlose Unterdrückung des Versammlungs- und Vereinigungsrechts gerichtet waren. Es wurden besondere Überwachungsinstanzen installiert: „Der Staatsbürger ist vollkommen der Willkür einer unkontrollierbaren Macht ausgeliefert.“29 Auf strafrechtlichem Gebiet wurden politische Delikte den ordentlichen Gerichten entzogen und dem „Tribunal der faschistischen Partei“ übertragen. Todesstrafen wurden von einem aus vier Offizieren der Partei-Miliz bestehenden Sondertribunal verhängt, das weder eine Prozeßordnung noch eine ernsthafte Verteidigung kannte. Die zweite Etappe der faschistischen Rechtsentwicklung in Italien bildete dann schrieb er u. a.: In keinem Land der Welt gebe es eine richterliche Unabhängigkeit, die. den Grundtendenzen des Staates ungestraft ins Gesicht schlagen darf. Der Kurs der deutschen Justiz gehe scharf gegen Rot, und die „oben behandelten politischen Prozesse sind nur die Ouvertüren, das große Wunder wird erst kommen, wenn der Vorhang hochgeht“. Aus dieser Voraussicht, die leider blutige Realität werden sollte, leitete Ossietzky ab: „Mobilisieren wir rechtzeitig Gegenkräfte, damit nicht das zum System wird, was wir bisher nur als Verirrung bekämpften.“30 In die Auseinandersetzung der IJV mit dem Faschismus gehört auch eine Rezension des Buches „Europa und der Faschismus“; dessen Verfasser der bekannte sozialdemokratische Staatsrechtswissenschaftler Hermann Heller war. Der Rezensent bezeichnefe das Buch als eine wissenschaftlich gründliche und vernichtende Kritik des Faschismus als europäisches Phänomen.31 Berücksichtigt man, daß Juristen der deutschen Arbeiterbewegung auch in anderen Publikationen ein fnögliches faschistisches Recht schon beschrieben hatten und daß rechtspolitische Positionen der Nazipartei bereits vor 1933 im Deutschen Reichstag artikuliert worden waren, so verwundert es doch, daß die deutschen Arbeiterparteien und auch viele kritische Intellektuelle auf die rechtliche und außerrechtllche Repression durch die Nazifaschisten nach dem 30. Januar 1933 relativ unvorbereitet reagierten. Kampf für bürgerlich-demokratische Rechte und gegen Willkür~ Die in der deutschen Landesgruppe der IJV organisierten, von C. v. Ossietzky beschworenen antifaschistischen Gegenkräfte waren durchaus bemüht, mit ihren Mitteln einer „Verwilderung des Rechts“32 entgegenzutreten und für die Einhaltung von Mindestrechten zu streiten. So führte der Rechtsanwalt F. Timpe, der zeitweilig Leiter der Abt. Rechtsschutz der RHD war, die Weimarer Verfassung als Rechtsgrundlage gegen die Auflösung der Vereins- und Versammlungsfreiheit auf dem Verwaltungswege und durch das Republikschutzgesetz von 1930 ins Feld.33 Mit dem in der Weimarer Verfassung verankerten Prinzip der Gewaltenteilung argumentierte E. Alexander gegen den „Einbruch der Exekutive in die Legislative (durch rechtswidrige Anwendung des Art. 48 der Verfassung durch die Brüning-Regierung V. S.), die die Rechte der Gesetzgebung, des Reichstages, des Trägers der 18 Vgl.: Die Welt am Abend vom 14. Januar 1931, 10. September 1932 und 14. September 1932. Zu Hans Litten vgl. W. Weiß in NJ 1988, Heft 2, S. 59 f.; zu Kurt Rosenfeld vgl. W. Kießling in NJ 1987, Heft 3, S. 93 ff. 19 Zu diesem Begriff vgl. H. Klenner, „Denis Nowell Pritt (1887 bis 1972) und die Rechtsentwicklung von ,unten*“, NJ 1987, Heft 9, S. 346 ff. 20 Vgl. G. Lafarga, „Das positive und Gewohnheitsrecht in den Ko- lonien und Halbkolonien Latein-Amerika“, Revue der IJV 1930, Nr. 1/2, S. 19. x 21 Vgl. G. Pitard, „Gibt es ein Gefängnisregime für Politische in Frankreich?“, Revue der IJV 1930, Nr. 1/2,* S. 11 ff. 22 Vgl. J. Michel-L6vy, „Aufgaben und Rechte der Verteidigung“, Revue der IJV 1930, Nr. 3 4. S. 33 ff. 23 Vgl. C. v. Ossietzky, „Politische Prozesse“, Revue der IJV 1930, Nr. 12 S. 25 f. 24 Vgl. ZStA Potsdam, RMdl, Nr. 26158, Bl. 14. 25 Vgl. K. Pätzold, „Wider die antiquierte Schlachtordnung ,Ein runder Tisch wartet*“, in: Nachdenken über Ossietzky, Berlin 1989, S. 163 ff. - ' 26 Vgl. T. Rasehorn, Justizkritik in der Weimarer Republik Das Beispiel der Zeitschrift „Die Justiz“, Frankfurt a. M./New York 1985, S. 127 ff. 27 G. Miglioli (1880 1954), Führer der Katholischen Bauerngewerkschaften und des linken Flügels der Italienischen Volkspartei; Widerstandskämpfer, von den Faschisten verfolgt und verhaftet (vgl. A. Gramsci, Zur Politik, Geschichte und Kultur, Leipzig 1986, S. 364 u. 156). 28 G. Miglioli, „Der Faschismus, die Bauernbewegung und die Agrargesetze in Europa“, Revue der IJV 1930, Nr. 3/4, S. 54 ff.; Nr. 5/6, S. 83 ff. 29 G. Miglioli, „Die Ausnähmegesetzgebung gegen die Werktätigen“, Revue der IJV 1930, Nr. 1/2, S. 2 ff. 30 C. v. Ossietzky, *&. a. O., S. 26. 31 Vgl. Revue der IJV 1930, Nr. 1/2, S. 28. 32 E. Alexander, a. a. O., S. 2719. 33 . Vgl. F. Timpe, „Der Untergang der Vereins- und Versammlungs- freiheit in Deutschland“, Revue der IJV 1930, Nr. 3/4, S. 39 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 488 (NJ DDR 1989, S. 488) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 488 (NJ DDR 1989, S. 488)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung dem Minister für Staatssicherheit zur Entscheidung vorzulegen. Bei Wiedereinsteilung ehemaliger Angehöriger Staatssicherheit die als tätig sind ist vor Bearbeitung des Kadervorganges die Zustimmung der Hauptabteilung Kader und Schulung festzulegen. Durch die Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit Auszug aus der Dissertationsschrift Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Schaffer. Der Aufbau arbeitsfähiger Netze zur Bekämpfung der Feindtätigkeit im Kalikom-binat Werra und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienstobjekten zu gewährleisten. Die Untersuchungshaftanstalt ist eine Dienststelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit. Sie wird durch den Leiter der Bezirksverwaltung zu bestätigen. Der zahlenmäßigen Stärke der Arbeitsgruppen Mobilmachungsplanung ist der unterschiedliche Umfang der zu lösenden Mobilmachungsarbeiten zugrunde zu legen,und sie ist von den Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit der Linie und den zuständigen operativen Diensteinheiten gewährleistet werden muß, daß Verhaftete keine Kenntnis über Details ihrer politischoperativen Bearbeitung durch Staatssicherheit und den dabei zum Einsatz gelangten Kräften, Mitteln und Methoden und den davon ausgehenden konkreten Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Untersuchungshaft anstalt Staatssicherheit einschließlich der Sicherheit ihres Mitarbeiterbestandes. Den konkreten objektiv vorhandenen Bedingungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Abteilung mit Nachdruck die Notwendigkeit der stärkeren Vorbeugung und Verbinderung feindjj die Ordnung und Sicherheit xcunegativer Angriffe und anderer iu-, ouxu.

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