Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 486

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 486 (NJ DDR 1989, S. 486); 486 Neue Justiz 12/89 gebnis führt, muß auf Grund nicht ausreichender Begründetheit für den Schluß auf dast Zutreffen der Beschuldigung hinreichender Tatverdacht verneint und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt werden. Das bezieht sich sowohl auf die tatsächlichen als auch auf die rechtlichen Fragen; bei rechtlichen Zweifeln muß jedoch die Erfüllung anderer Tatbestände geprüft werden. Dieses Spannungsfeld ist auch entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob bei Zweifeln bereits die Eröffnung des Hauptverfahrens abzulehnen ist oder anderenfalls ein möglicher Freispruch in Kauf genommen werden muß. Diese Frage kann u. E. nur unter Beachtung der Bedingungen jedes einzelnen Strafverfahrens richtig beantwortet werden. Bei folgendem Sachverhalt lag der hinreichende Tatverdacht z. B. nicht vor: Der Angeklagte war wegen verbrecherischen Betruges von sozialistischem Eigentum angeklagt worden, weil er das Geld, das ein Betrieb irrtümlich ohne Rechtsgrund über einen längeren Zeitraum auf dessen Konto überwies. verbrauchte. obwohl er die fehlerhafte Überweisung erkannte. Das Kreisgericht eröffnete das Hauptverfahren im Sinne der Anklage. Im Ergebnis der Hauptverhändlung sprach es in Übereinstimmung mit dem Staatsanwalt den Angeklagten frei. Zur Begründung wurde zutreffend .ausgeführt, daß kein Betrug .vorliegt, wenn irrtümlich und ohne Rechtsgrund Gelder auf ein Konto überwiesen werden und der Kontoinhaber diese Gelder in Kenntnis der Unrechtmäßigkeit verbraucht.9 10 11 Eine Offenbarungspflicht oblag dem Angeklagten nicht, so daß sein Verhalten zwar erheblich moralisch verwerflich, aber nicht -strafbar war. Diese Beweislage ergab sich jedoch bereits bei Anklageerhebung, so daß wegen offensichtlicher Nichterfüllung eines Straftatbestands die Eröffnung des Hauptverfahrens hätte abgelehnt werden müssen. Der Freispruch des Gerichts macht aber deutlich, daß der Eröffnungsbeschluß keine präjüdizierende Wirkung für das nachfolgende gerichtliche Hauptverfahren haben kann. Das Gericht ist auch bei gleichen Tatsachenfeststellungen nicht an die rechtliche Beurteilung der Handlung im Eröffnungsverfahren gebunden und kann eigene Rechtsirrtümer jederzeit bis zur Urteilsverkündung korrigieren. In der Praxis ist es wichtig, auch nach Bejahung des hinreichenden Tatverdachts im Eröffnungsbeschluß die Unvoreingenommenheit des Gerichts und das Prinzip der Präsumtion der Unschuld des Angeklagten bis zum Abschluß des Strafverfahrens zu garantieren. Beachtung gesetzlicher Beweisführungsvorschriften im Eröffnungsverfahren Auch im Eröffnungsverfahren muß das Gericht von den gesetzlichen Beweisführungsvorschriften ausgehen. Wie in der gerichtlichen Beweisaufnahme der Hauptverhandlung dürfen die Entscheidungen im Eröffnungsverfahren nur auf gesetzlich zulässigen Beweismitteln fußen. Da es in diesem Abschnitt des gerichtlichen Beweisverfahrens keine speziellen Verfahrensregeln gibt (eine Beweisaufnahme außerhalb der Hauptverhandlung ist unzulässig), beschränkt sich die Prüfung des Gerichts auf die in schriftlicher Form vorliegenden ideellen Beweismittel und die zur Verfügung stehenden materiellen Beweismittel (Beweisgegenstände und Aufzeichnungen). Der Charakter des Eröffnungsverfahrens als sog. schriftliches Verfahren bringt auch damit wesentliche Grenzen der Beweisführung im Eröffnungsverfahren zum Ausdruck. Die speziellen Besonderheiten des gerichtlichen Beweisverfahrens, deren Höhepunkt in der gerichtlichen Beweisaufnahme der Hauptverhandlung liegt, kommen im Eröffnungsverfahren noch nicht zum Tragen. Hinsichtlich der ideellen Beweismittel darf nicht außer acht gelassen werden, daß die originären Beweismittel, dem Prinzip der Unmittelbarkeit folgend, die in der Hauptverhandlung gemachten mündlichen Aussagen sind und nicht die Protokolle über Aussagen im Ermittlungsverfahren (diese, dürfen nur in gesetzlich begründeten Ausnahmen als Beweismittel in die gerichtliche Beweisaufnahme eingeführt werden). Das gebietet eine entsprechende Würdigung der schriftlich vorliegenden Aussagen von Beweispersonen. Auch können mit den Aussagen verbundene Fragen (z. B. Glaubwürdigkeit oder ihr Zustandekommen in der Vernehmung) in der Regel im.Eröffnungsverfahren nicht tiefgründig geprüft werden. Beweismittel-, Beweismethoden- und Beweisverwertungsverbote sind bereits im Eröffnungsverfahren zu beachten. So dürfen z. B. Aussagen von Zeugen, die nach ihrer, Vernehmung von einem gesetzlichen Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, der Eröffnungsentscheidung des Gerichts nicht zugrunde gelegt werden. Wertungen von Sach- verständigen, die nicht in einem nachprüfbaren Gutachten enthalten sind (z. B. in für die kriminalistische Arbeit bedeutsamen Auswertungsberichten), sind keine gesetzlich vorgeschriebenen Beweismittel und können daher auch im gerichtlichen Eröffnungsverfahren nicht verwendet werden.11’ Anforderungen an die Beweisführung bei Endentscheidungen im Eröffnujigsverfahren Beweisrechtlich höchste Anforderungen werden an alle bereits im Eröffnungsverfahren möglichen Endentscheidungen des Gerichts gestellt. Die Beweisführung muß, auch gemessen an den Maßstäben der gerichtlichen Beweisaufnahme der Hauptverhandlung, unwiderlegbar sein. Für die Ablehnung der Eröffnung bedeutet diese Forderung, daß auch durch weitere beweisrechtliche Maßnahmen im Rahmen von Nach-ermittlungen gemäß § 190 Abs. 1 Ziff. 2 StPO der hinreichende Tatverdacht nicht mehr begründbar sein darf. Die Eröffnung des Hauptverfahrens kann nicht schon dann abgelehnt werden, wenn im Eröffnungsverfahren noch keine völlige Sicherheit über die im Ergebnis der Hauptverhandlung zu erwartende Verurteilung des Angeklagten besteht Diese Entscheidung kann erst mit der, sicheren Feststellung getroffen werden, daß eine Verurteilung des Angeklagten nicht möglich sein wird. Insofern trägt die Eröffnungsentscheidung in der Alternative der Eröffnung des Hauptverfahrens oder der Ablehnung der Eröffnung immer prognostischen Charakter. Während aber die der Eröffnung des Hauptverfahrens zugrunde liegende Prognose einer wahrscheinlichen Verurteilung, die in der gerichtlichen Entscheidung (Eröffnungsbeschluß) nicht näher begründet wird, durch das gerichtliche Hauptverfahren ohne weiteres widerlegbar ist, muß die der Ablehnung der Eröffnung zugrunde liegende Prognose, daß eine Verurteilung nicht möglich ist, unwiderlegbar sein und im Ablehnungsbeschluß beweisrechtlich eindeutig begründet werden. Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung Die beweisrechtlichen Grundsätze sind ebenfalls bei der Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung zu beachten. Diese müssen zum hinreichenden Tatverdacht hinzutreten, um die Eröffnung des Hauptverfahrens zu ermöglichen. Gesetzliche Voraussetzungen der Strafverfolgung sind z. B. die räumliche und persönliche Geltung der Strafgesetze (§ 80 StGB), der Strafantrag (§ 2 StGB) oder die Erklärung öffentlichen Interesses.” t Die Ablehnung der Eröffnung aus diesen Gründen muß gleichfalls auf gesetzlichen Beweismitteln beruhen. Sind Zweifel hinsichtlich des Vorliegens gesetzlicher Voraussetzungen der Strafverfolgung nicht durch Nachermittlungen zu beseitigen, ist (im Unterschied zur Prüfung des hinreichenden Tatverdachts) bei der Beweiswürdigung zu den prozessualen Voraussetzungen der Grundsatz „in dubio pro reo“ anzuwenden und die Eröffnung abzulehnen, weil nur nach sicherer Feststellung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung das Hauptverfahren durchgeführt werden kann. In diesem Zusammenhang ist auf eine Gesetzeslücke der StPO hinzuweisen; § 187, der den Umfang der Prüfungspflicht des Gerichts nach Eingang der Anklageschrift regelt, enthält nicht die Pflicht zur Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung. Das kann nur aus § 192 Abs. 1 StPO gefolgert werden. Bei der Neufassung der StPO sollte cfaher eine entsprechende Ergänzung vorgenommen werden. Die übrigen möglichen Endentscheidungen im Eröffnungsverfahren müssen ebenfalls beweisrechtlich sicher sein. Die Beweisführung hat sich dabei sowohl auf prozessuale als auch auf materiellrechtliche Voraussetzungen der Verfahrensdurchführung, deren Vorliegen verneint werden soll, zu beziehen. Das betrifft in gleichem Maße die Rückgabe der Bache an den Staatsanwalt wegen sachlicher oder-örtlicher Unzuständigkeit (§190 Abs. 1 Ziff. 1 StPO) und die endgültige Einstellung des Verfahrens (§189 Abs. 2 StPO). Die relevanten Fakten, aus denen sich das Erfordernis der Anwendung der entsprechenden strafprozessualen Normen ergibt, müssen aus gesetzlich zulässigen Beweismitteln hergeleitet sein. 9 Vgl. StGB-Kommentar, 5. Aufl., Berlin 1987, Anm. 2 zu $ 158 (S. 368).' . . 10 Vgl. Abschn. IV Ziff. 4 der Beweisrichtlinie, a. a. O., S. 319 f. 11 Zu den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung im einzelnen vgl. StPO-Kommentar, 2. Aufl., Berlin 1987, Anm. 1.2. zu § 96 (S. 133). *;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 486 (NJ DDR 1989, S. 486) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 486 (NJ DDR 1989, S. 486)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung zustehenden Befugnisse wahr. Ihm unterstehen: die Referate Sicherung und Kontrolle; das Referat Transport. Der Stellvertreter des Leiters der Abteilung ist verantwortlich für die. Durchsetzung und Einhaltung der Maßnahmen zur allseitigen Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung Obwohl dieser Sicherbeitsgrurds-atz eine generelle und grund-sätzliche Anforderung, an die tschekistische Arbeit überhaupt darste, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der gemeinsamen Festlegungen den Vollzug der Untersuchungshaft so zu organisieren, damit optimale Bedingungen für die Entlarvung des Feindes während des Ermittlungsverfahrens und seine Bestrafung in der gerichtlichen Hauptverhandlung verwendet werden können. Sachverständiger am Strafverfahren beteiligte Person, die über Spezialkenntnisse auf einem bestimmten Wissensgebiet verfügt und die die staatlichen Strafverfolgungsorgane auf der Grundlage von Rücksprachen mit den Mitarbeitern der operativen Diensteinheit beziehungsweise an Hand des Vergleichs mit den mitgeführten Personaldokumenten. Bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt sind inhaftierte Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände erfolgt durch zwei Mitarbeiter der Linie. Die Körperdurchsuchung darf nur von Personen gleichen Geschlechts vorgenommen werden.

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