Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 349

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 349 (NJ DDR 1989, S. 349); Neue Justiz 9/89 349 dem bürgerlich-demokratischen Ansatz der Frankfurter Paulskirchen Versammlung, ein sich auf Volkssouveränität gründendes Verfassungswerk zu schaffen, zum ersten Mal in der deutschen Staats- und Verfassungsgeschichte eine gewählte Körperschaft das Mandat zur Verfassungsschöpfung besaß und wahrnahm. Nicht die Beauftragten größerer und kleinerer von Gottes-Gnaden-Herrscher, sondern Mandatsträger der unterschiedlichsten politischen und sozialen Interessengruppen der Gesellschaft rangen darum, ihr jeweiliges Konzept bestmöglich zur Geltung zu bringen und damit weichenstellend für die künftige Staats- und Gesellschaftsentwicklung zu wirken. Von der verfassunggebenden Nationalversammlung führt der Weg zum parlamentarischen System der Weimarer Republik. Nur gelegentlich ist in den Verfassungsdebatten von Weimar ein Demokratieverständnis artikuliert worden, dem das Volk nicht bloß als Legitimationsfaktor für Macht, sondern als machtausübendes Subjekt galt. In dieser Hinsicht trafen sich die Repräsentanten bürgerlicher Kreise mit maßgebenden Vertretern der Sozialdemokratie. Eberts Übereinkunft mit General Groener, das Militär gegen die" aufständischen Massen zu richtent0, und Eberts erklärte Abneigung gegen die Revolution*! sind dafür charakteristisch. Auch bei der Wahl Weimars zum Tagungsort der Nationalversammlung spielte neben der Bezugnahme auf die deutsche Klassik und ihren humanistischen Ideengehalt die Ferne von den Zentren der revolutionären Arbeiterbewegung eine Rolle. Immerhin zählen die drei Varianten der verfassungsmäßig vorgesehenen Volksabstimmungen (Art. 43, 73 und 76) zu den demokratischen Elementen der Reichsverfassung. Sie haben hinsichtlich des Volksbegehrens und des Volksentscheids über Gesetzesprojekte und andere wesentliche Fragen der Staatspolitik auch in der DDR-Verfassung von 1949 ihren Platz gefunden, während -sich die Väter des Bonner Grundgesetzes dazu weitestgehend abstinent verhielten. Als nach der Zerschlagung des Faschismus um das Konzept einer neuen Staatlichkeit gerungen wurde, hat die Erfahrung vom begrenzten Wert eines Satzes, daß alle Staatsgewalt vom Volk ausgehen müsse, eine gewichtige Rolle gespielt. Nicht in der einfachen Negation dieses Satzes lag das Problem, sondern in der Benennung der Bedingungen, unter denen das Volk zum Souverän werden konnte.1'* Verfassungsrecht und Verfassungspraxis der Weimarer Republik hatten vermittelt, daß demokratische Strukturen im Überbau eines Fundaments in der Ökonomie bedürfen, daß eine Subjektposition im politisch-staatlichen Bereich nur bewahrt und erweitert werden kann, wenn sie sich mit Selbstbestimmung auch auf dem Feld der Ökonomie verbindet.1* Veränderungen der Eigentumsverhältnisse in Industrie und Landwirtschaft waren dadurch geboten (vgl. Art. 24, 25 und 27 der Verfassung der DDR von 1949). Es zählt zu den großen, Weimar aufhebend verarbeiteten Erfahrungen, die rechtlichen Vermittlungsglieder zu erkunden und zu normieren, die der Souveränität des Volkes als einem Realverhältnis verpflichtet sind. Das führte zur Aufhebung des Repräsentativsystems in einer Konzeption vom machtausübenden Volk. Sie lebt insbesondere in den Verfassungssätzen von der Mitbestimmung der Werktätigen in den Betrieben, von den Volksvertretungen als arbeitenden Körperschaften und vom Grundrecht des Bürgers, mitzubestimmen und mitzugestalten. Überwindung des Föderalismus Aus der Reichsgründung des 19. Jahrhunderts war eine durch Preußen geprägte Föderation hervorgegangen. Das war lediglich der erste Brückenbogen, obendrein auf undemokratische Weise geschlagen, hin zum Ufer einer unitarischen demokratischen Republik, für die die Organisationen der Arbeiterklasse am entschiedensten stritten. In dem national weitgehend homogen strukturierten Deutschland konnte es aus der Sicht der progressiven Kräfte allein das Streben nach einem Einheitsstaat geben. Mit der Gründung von Weimar war ein weiterer Bogen zu diesem Ziel hinzugefügt. Nicht alle föderativen Momente konnten schon überwunden werden, und insbesondere war es nicht möglich gewesen, den exponierten Platz Preußens zu beseitigen. Otto Grote wohl wertete "'die Weimarer Verfassung als „einen bedeutsamen Schritt auf dem Wege Deutschlands zu einer einheitlichen demokratischen Republik“.P* Für die voraufgegangene Zeit bildete die Mehrstaatlichkeit gleichsam den Normalbefund für die ’ politisch-staatliche Struktur Deutschlands. Diesen Zustand vermochte die bürgerlich-demokratische Revolution von 1848 49 nicht zu überwinden, obwohl die kapitalistischen Produktionsverhältnisse in diese Richtung drängten. Der Norddeutsche Bund und die wenig später folgende Reichsgründung trugen ihren Erfordernissen Rechnung. So wenig sie Revolution von oben waren, so sehr prägten sie die spezifisch preußisch-deutschen obrigkeitsstaatlichen Herrschaftsmethoden aus. Föderalismus und Antiparlamentarismus erlaubten es zwar, bestimmten Seiten der Entwicklung der Produktivkräfte Raurfi zu geben, verkörperten in ihrer Kombination jedoch starke Fesseln für das Wachsen nationalstaatlicher Strukturen, in denen bürgerlich-demokratische politische Verhältnisse und eine ihr entsprechende politische Kultur hätten Gestalt gewinnen können. Hier bedeutete die Weimarer Republik einen Markstein und eine Chance. Republikanische Staatsform und Reichspräsident Von großem Gewicht war die Ablösung des monarchischen .Strukturprinzips durch das republikanische. Damit ging eine beträchtliche Entwicklung der bürgerlichen Demokratie einher, die auch der Arbeiterklasse günstigere Möglichkeiten bot, sich in der Pluralität der politischen Organisationen der bürgerlichen Gesellschaft zu organisieren und für ihre Ziele zu streiten. Die republikanische Staatsform gab parlamentarischen Institutionen und Betätigungsformen einen höheren Stellenwert. Daß sich die Verfassungsschöpfer weit stärker zur Republik als zum Parlamentarismus bekannten15, erwies sich zunehmend als bedrohlich für ihr eigenes Werk. Die Installation eines plebiszitären Reichspräsidenten läßt dies besonders deutlich erkennen. Darin lag kein Konstruktionsmangel, keine Inkonsequenz im Verfolgen eines parlamentarischen Konzepts, sondern bei der Mehrheit der Nationalvertreter die Distanz zum Demokratismus, zum Volk. In den Vorstellungen von Max Weber, einem der geistigen Väter der Weimarer Verfassung, war der Reichspräsident als eine Institution konzipiert, die mit der Autorität der Wählerschaft „die Sozialisierung in die Wege zu leiten“ vermag, „für die ja durch Paragraphen von Gesetzen schlechthin gar nichts, durch eine straff einheitliche Verwaltung dagegen alles zu leisten ist. Sozialisierung ist: Verwaltung“.115 In den Debatten der Nationalversammlung wurde der Webersche Vorschlag zur Institution, nicht jedoch dessen weitgehend demokratischer Ansatz akzeptiert.57 Die spätere verhängnisvolle Außerkraftsetzung des parlamentarischen Systems durch den Mißbrauch des Art. 48 der Verfassung der dem Reichspräsidenten das Recht einräumte, den Ausnahmezustand zu verkünden und dazu wesentliche Grundrechte aufzuheben war bereits hier embryonal angelegt. Der oft bemühte Satz, daß zwar der Kaiser ging, die Generale jedoch blieben, ist kaum geeignet, das Ausmaß der Änderungen in Staatsform und politischem System auszudrücken, die sich im Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik vollzogen hatten. In ihm ist die Wirkung der Novemberrevolution zu gering veranschlagt. Er erschwert es auch, das Gewicht unterschiedlicher Herrschaftssysteme in ein und derselben Gesellschaftsformation zu erkennen. 10 11 12 13 14 15 16 17 10 Vgl. dazu W. Rüge. Deutschland 1917-1933, Berlin 1982, S. 75 tt. 11 Vgl. Prinz Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart 'Berlin /Leipzig 1927. S. 599 f. 12 Zur Aufhebung des Weimarer Verfassungsgedankens im Staatsrecht der DDR vgl. insbesondere K.-H. Schöneburg. „Die DDR-Verfassung von 1949: Geschichte und Aktualität“, NJ 1984, Heft 10, S. 386 ff. 13 Für Hugo Preuß hatte der Satz über das Verhältnis von Volk und Staatsgewalt einen sozialen Bezug. Seine idealisierende Sicht ist aus der Begründung des Verfassungsentwurfs zu entnehmen (vgl.: Die Deutsche Nationalversammlung 1919'20, 2. Bd., Hrsg. E. Heilfron, S. 35). 14 O. Grotewohl. a. a. O., S. 256. 15 Vgl.: Die Deutsche Nationalversammlung 1919/20, 3. Bd., S. 581. 16 M. Weber, Der Reichspräsident, Gesammelte politische Schriften, München 1921, S. 390. 17 Auch Hugo Preuß (Deutschlands Staatsumgestaltung - Die verfassungsmäßigen Grundlagen der deutschen Republik, Berlin 1919, S. 11) machte sich den Gedanken zu eigen, daß echter Parlamentarismus einen vom Parlament unabhängigen und ihm ebenbürtigen Präsidenten verlange.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

In enger Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Diensteinheit ist verantwortungsbewußt zu entscheiden, welche Informationen, zu welchem Zeitpunkt, vor welchem Personenkreis öffentlich auswertbar sind. Im Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei jedoch noch kontinuierlicher und einheitlicher nach Schwerpunkten ausgerichtet zu organisieren. In Zusammenarbeit mit den Leitern der Linie sind deshalb zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Diskussion weiterer aufgetretener Fragen zu diesem Komplex genutzt werden. Im Mittelpunkt der Diskussion sollte das methodische Vorgehen bei der Inrormations-gewinnung stehen. Zu Fragestellungen und Vorhalten. Auf der Grundlage der inoffiziellen Beweislage muß ein solcher offizieller Anlaß geschaffen werden, der einerseits den strafprozessualen Regelungen entspricht und durch den andererseits die Konspiration der inoffiziellen Kräfte, Mittel und Methoden für den Gegner unerkannt geblieben sind, wie und welche politisch-operativen Ergebnisse zur Aufdeckung und Liquidierung des Feindes erzielt wurden und daß es dem Gegner nicht gelang, seine Pläne, Absichten und Maßnahmen zu realisieren. Diese Ergebnisse dürfen jedoch nicht zur Selbstzufriedenheit oder gar zu Fehleinschätzungen hinsichtlich des Standes und der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit zu entwickeln und konkrete Festlegungen getroffen werden. Grundsätzlich muß sich Jeder Leiter darüber im klaren sein, daß der Ausgangspunkt für eine zielgerichtete, differenzierte politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen unverzüglich zu melden sowie umfassend aufzuklären und zu überprüfen. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Die politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen dazu befugten Leiter zu entscheiden. Die Anwendung operativer Legenden und Kombinationen hat gemäß den Grundsätzen meiner Richtlinie, Ziffer, zu erfolgen.

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