Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 239

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 239 (NJ DDR 1989, S. 239); Neue Justiz 6'89 239 Aus anderen sozialistischen Ländern Zum Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft in der CSSR Dozent Dr. SENTA RADVANOVA, Karls-Universität Prag Dr. ILONA STOLPE, Sektion Rechtswissenschaft der Humboldt-Universität Berlin Seit dem 1. Januar 1987 ist in der CSSR ein neues Gesetz über die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft in Kraft.1 Es ist das Ergebnis einer sorgfältigen Analyse der Wirksamkeit des bis dahin geltenden Gesetzes von 19571 2 und der Auswertung der Erfahrungen mit der rechtlichen Regelung in anderen Ländern, vor allem mit den ethisch-sozialen Ausgangspunkten in der DDR.3 Mit dem neuen Gesetz wurde anstelle der Indikationslösung, bei der ein Schwangerschaftsabbruch nur bei Vorliegen bestimmter gesundheitlicher oder sozialer Indikationen vor-genömmen werden durfte, die Fristenlösung eingeführt. Nach dem bis 1. Januar 1987 geltenden Recht war die Vornahme des Schwangerschaftsabbruchs in jedem Fall, unabhängig von der Dauer der Schwangerschaft, genehmigungspflichtig. Die Genehmigung wurde von Schwangerschaftsabbruchkommissionen erteilt, wenn eine der in den Rechtsvorschriften genannten Indikationen vorlag. Das neue Gesetz gibt der Schwangeren ein Recht, in den ersten 12 Wodien über die Unterbrechung zu entscheiden. Dieses Recht kann ihr nur bei Vorliegen einer gesundheitlichen Kontraindikation versagt werden. Die rechtliche Regelung bringt zum Ausdruck, daß die Gleichberechtigung der Frau in allen Bereichen des gesellschaftlichen und familiären Lebens es erfordert, daß sie über die Anzahl, den Zeitpunkt und die zeitliche Aufeinanderfolge von Geburten also über die Austragung einer Schwangerschaft in eigener Verantwortung entscheiden kann. Dieser Standpunkt wurde seit langem zunehmend vertreten, so daß etwa in den letzten 10 Jahren vor Erlaß des neuen Gesetzes von einer De-facto-Anerkennung der Selbstbestimmung der Frau durch die Kommissionen für Schwangerschaftsabbruch bei der Bearbeitung der Anträge ausgegangen wurde. Dabei war auch die Fortentwicklung der medizinisch-technischen Voraussetzungen eines Schwangerschaftsabbruchs von Bedeutung. Die sog. Miniinterruption machte den Eingriff relativ gefahrlos für die Gesundheit der Frau. Der Schutz ihrer Gesundheit bei Abbruch der Schwangerschaft ist um so besser zu erreichen, je früher dieser vorgenommen wird. Dem entspricht die eingeführte Fristenregelung (bis 12. Woche, Miniinterruption bis 8. Woche) und die Kostenregelung, auf die noch eingegangen wird. Die bisher erforderliche Genehmigung durch die Kommissionen (die durchschnittliche Dauer der Entscheidung betrug in den letzten Jahren 10 bis 14 Tage) behinderte den möglichst frühzeitigen Abbruch der Schwangerschaft. Zudem war ersichtlich, daß das seinerzeit im Gesetz formulierte bevölkerungspolitische Anliegen nicht durch restriktive Handhabung des Schwangerschaftsabbruchs durchsetzbar ist. Die gesamtgesellschaftlichen Interessen werden besser durch sozialpolitische Maßnahmen zur Familien- und Bevölkerungsentwicklung4 verwirklicht. Trotz guter medizinisch-technischer Möglichkeiten für den Schwangerschaftsabbruch bleibt er doch immer mit einem gesundheitlichen Risiko für die Frau verbunden. Deshalb orientiert das Gesetz auf die vorrangige Bedeutung der Verhütung einer ungewollten Schwangerschaft. Ein Ergebnis dieses Leitgedankens sind die Regelungen des Gesetzes, wonach die vom Arzt verordneten Schwangerschaftsverhütungsmittel unentgeltlich abgegeben werden (bis 1986 mußte ein Teilbetrag von der Frau getragen werden). Ebenso erhebt das Gesetz die Aufklärung der Frau „über die Art und Weise der Benutzung schwangerschaftsverhütender Mittel und Methoden“ zur Pflicht der Gesundheitseinrichtungen. Nach erster Einschätzung der mehr als zweijährigen Praxis mit dem neuen Gesetz kann festgestellt werden, daß es in weiten Teilen der Bevölkerung Zustimmung gefunden hat. Wie erwartet, sind die künstlichen Schwangerschaftsabbrüche leicht angestiegen. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß nunmehr auch Fälle von Schwangerschaftsabbrüchen erfaßt werden, in denen die Frauen vorher selbst einen Abort verursacht hatten (das Gesundheitsrisiko wurde somit verringert). Zu einem sehr geringen Teil resultiert die Zunahme aus Schwangerschaftsabbrüchen zwischen dem 16. und 18. Lebensjahr. Daß von der für Frauen dieser Altersstufe eingeführten Möglichkeit, eigenverantwortlich über den Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden, in der Praxis nicht oft Gebrauch gemacht wird, ist außerordentlich positiv. Von Ärzten, Psychologen, Pädagogen und anderen an der Aufklärung Jugendlicher Beteiligter wird darauf orientiert, daß wegen der wenn auch relativ geringen Gefahr der Sterilität die erste Schwangerschaft einer Frau nicht unterbrochen werden sollte. Diese Erkenntnis ist Allgemeingut der gesamten Bevölkerung. In der CSSR wird bei Schwangerschaften von 16- bis 18jährigen Frauen, sofern Liebe zwischen den Partnern und Freude auf das gemeinsame Kind besteht, eine Eheschließung als die beste soziale Lösung angesehen.5 Im folgenden sollen noch einige Informationen zu den einzelnen Regelungen des Schwangerschaftsabbruchgesetzes gegeben werden: Die Frau beantragt die Unterbrechung der Schwangerschaft schriftlich beim Frauenarzt in der Einrichtung des Gesundheitswesens, die für ihren ständigen Aufenthaltsort bzw. für den Ort ihres Arbeitsplatzes oder ihrer Schule zuständig ist. Die Schwangerschaft darf in der Regel noch nicht länger als 12 Wodien bestehen. Aus gesundheitlichen (insbesondere genetischen) Gründen ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zum Beginn der 24. Schwangerschaftswoche möglich. Auch ein vom Arzt aus gesundheitlichen Gründen angeregter Schwanschaftsabbruch darf nur mit Zustimmung der Frau durchgeführt werden. Aus gesundheitlichen Gründen wird ein Abbruch der Schwangerschaft trotz Verlangens der Frau nicht vorgenommen, wenn der Gesundheitszustand der Frau das Risiko im Zusammenhang mit der künstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft wesentlich erhöht (vor allem bei Entzündungen), innerhalb der letzten sechs Monate eine Unterbrechung der Schwangerschaft durchgeführt wurde, mit Ausnahme der Fälle, in denen die Frau bereits zwei Geburten hatte 1 Gesetz der Tschechischen Sozialistischen Republik über die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft vom 20. Oktober 1986 und das gleichlautende Gesetz der Slowakischen Sozialistischen Republik vom 23. Oktober 1986 (Gesetzessammlung Nr. 22 bzw. Nr. 23 von 1986). Die tschechischen und die slowakischen Vorschriften stimmen überein. 2 Gesetz über die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft von 1957, Gesetzessammlung 1957, Nr. 68. 3 Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft vom 9. März 1972 (GBl. I Nr. 5 S. 89); DB dazu vom 9. März 1972 (GBl. II Nr. 12 S. 149) und Instruktion zu dieser DB vom 9. März 1972 (Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Gesundheitswesen 1972, Nr. 4, S. 21). Vgl. auch A. Grandke, „Festigung der Gleichberechtigung und Förderung bewußter Elternschaft (Zum Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft)“, NJ 1972, Heft 11, S. 313 ff. 4 So z. B. das Gesetz über Mutterschaftsgeld von 1987, Gesetzessammlung 1987, Nr. 50, und das Gesetz über finanzielle Mittel bei Mutterschaft von 1987, Gesetzessammlung 1987, Nr. 51. 5 Gemäß § 13 des Familiengesetzbuches der CSSR (Fassung des FGB vom 10. November 1982; Gesetz Nr. 132/82 [Gesetzessammlung vom 15. Juni 1983]) kann das Gericht Minderjährigen ab 16 Jahren aus wichtigen Gründen die Erlaubnis erteilen, eine Ehe zu schließen, wenn dies mit dem gesellschaftlichen Zweck der Ehe im Einklang steht. Sowohl die Zahlen für die Eheschließungen minderjähriger schwangerer Frauen als auch die Zahlen für den Schwangerschaftsabbruch nach Anhören des gesetzlichen Vertreters vor 1986 und danach in selbständiger Entscheidung der minderjährigen Frau sind ungefähr gleichgeblieben (auf 1 000 Frauen der Altersgruppe 16 bis 18 Jahre kommen 17 Eheschließungen).;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges rechtzeitig erkannt und verhindert werden weitgehendst ausgeschaltet und auf ein Minimum reduziert werden. Reale Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und ähnliches zu führen. Der diplomatische Vertreter darf finanzielle und materielle Zuwendungen an den Ver- hafteten im festgelegten Umfang übergeben. Untersagt sind Gespräche Entsprechend einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die umfassende Sicherung der öffentlichen Zugänge zu den Gemäß Anweisung des Generalstaatsanwaltes der können in der akkreditierte Vertreter anderer Staaten beim Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten zur Sprache gebracht. Die Ständige Vertretung der mischt sich auch damit, unter dem Deckmantel der sogenannten humanitären Hilfe gegenüber den vor ihr betreuten Verhafteten, fortgesetzt in innere Angelegenheiten der ein. Es ist deshalb zu sichern, daß bereits mit der ärztlichen Aufnahmeuntersuchung alle Faktoren ausgeräumt werden, die Gegenstand möglicher feindlicher Angriffe werden könnten. Das betrifft vor allem die noch gründlichere Aufklärung und operative Kontrolle der Zuziehenden und der Rückkehrer, die noch gründlicher unter die Lupe zu nehmen sind.

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