Neue Justiz, Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit 1989, Seite 179

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 179 (NJ DDR 1989, S. 179); Neue Justiz 5/89 179 Die Prüfung der Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft Dr. GERHARD KÖRNER, Vizepräsident des Obersten Gerichts Oberrichter Dr. ROLF SCHRÖDER, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts Zu den Rechtsgarantien in der DDR gehört, daß ausschließlich das Gericht zu Eingriffen in die Freiheit und grundlegenden persönlichen Rechte der Bürger berechtigt ist. Das trifft vor allem auf solche prozeßsichernden Maßnahmen zu wie die Entscheidung über die Untersuchungshaft, die Wohnungsdurchsuchung, die Beschlagnahme von Gegenständen, die Anordnung einer Telefonüberwachung bzw. die Bankkonteneinsicht. Das Gericht sichert die Gesetzlichkeit derartiger Maßnahmen und überwacht die Notwendigkeit des Fortbestandes solcher Eingriffe.1 Die Charakterisierung der DDR als sozialistischer Rechtsstaat auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der SED1 2 ist Maß und Richtung der Tätigkeit der staatlichen Organe. Ausgehend davon hat das Oberste Gericht die verfassungsmäßigen Grundrechte der Bürger mit der am 15. Juni 1988 erlassenen Beweisrichtlinie noch stabiler gesichert.3 4 Diesem Ziel dient auch der Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zu Fragen der Untersuchungshaft vom 15. Februar 1989/* Die Unantastbarkeit der Persönlichkeit und Freiheit jedes Bürgers wird verfassungsmäßig garantiert (Art. 30 Abs. 1 Verf.). Die Rechte des Bürgers dürfen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren nur insoweit eingeschränkt werden, wie dies gesetzlich zulässig und unumgänglich ist (Art. 30 Abs. 2, 99 Abs. 4 Verf.). Über die Zulässigkeit der Untersuchungshaft hat nur der Richter zu entscheiden (Art. 100 Verf.). Die Tatsache, daß Fragen der Untersuchungshaft in der Verfassung geregelt sind, unterstreicht die Bedeutung, die der sozialistische Staat dem ausnahmsweisen Eingriff in verfassungsmäßige Grundrechte beimißt. Zum anderen kommt in dieser Regelung die große Verantwortung des Richters für den Erlaß, die Aufrechterhaltung und die Aufhebung von Haftbefehlen zum Ausdruck. Diese hohe Verantwortung findet ihre Grundlage in der richterlichen Unabhängigkeit (Art. 96 Abs. 1 Verf.; §5 Abs. 2 GVG). Die Richter handeln in Wahrnehmung ihrer politischen Verantwortung, im Sinne der sozialistischen Ordnung alles für das Wohl des Volkes zu tun. Die Untersuchungshaftpraxis ist angesichts ihrer Bedeutung für die Rechtssicherheit seit Jahren Gegenstand der Leitung der Rechtsprechung durch das Oberste Gericht. Insbesondere unter dem Aspekt der Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft wird die einheitliche und wirksame Anwendung des sozialistischen Rechts gesichert. Beachtlich ist in diesem Zusammenhang, daß eine angeordnete Untersuchungshaft in der Regel nach Feststellung der Schuld eine Strafe mit Freiheitsentzug nach sich zieht, also präjudizierend wirken kann. Von den Gerichten wird gefordert, daß keine notwendige Verhaftung unterbleibt, jedoch in jedem Einzelfall geprüft wird, ob die Schwere der Straftat und die damit verbundenen Schutzinteressen der Gesellschaft, des Staates und der Bürger den Eingriff in die verfassungsmäßigen Grundrechte des Beschuldigten oder Angeklagten unbedingt verlangen. Um diese Aufgabe jederzeit durchzusetzen, wurden im Zusammenwirken mit den Bezirksgerichten und Kreisgerichten verschiedene Leitungsmaßnahmen getroffen: Bewährt hat sich, die Untersuchungshaftpraxis regelmäßig meistens einmal jährlich zu analysieren, im Präsidium des Bezirksgerichts zu beraten und die Ergebnisse auf Tagungen mit den Direktoren der Kreisgerichte auszuwerten. Dadurch war es möglich, die Gesetzlichkeit auch im Haftbefehlsverfahren auf immer höherem Niveau zu gewährleisten. In dem Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zu Fragen der Untersuchungshaft vom 15. Februar 1989 wurden diese Ergebnisse und Erfahrungen verallgemeinert.5 Grundsätze für die Anordnung der Untersuchungshaft Im ersten Abschnitt des Beschlusses wird die Untersuchungshaft in die grundlegenden Ziele des Strafverfahrens (§§ 1 und 2 StPO) eingeordnet. Die Untersuchungshaft dient der ordnungsgemäßen Durchführung des Strafverfahrens. Dies zeigt sich besonders deutlich bei Vorliegen von Fluchtverdacht und Verdunklungsgefahr. Zuzustimmen ist L. Reuter, daß der verfahrenssichernde Charakter der Untersuchungshaft auch dann vorliegt, „wenn im Einzelfall begründet Verbrechensverdacht angenommen werden kann oder bei fahrlässiger Tatbegehung eine Freiheitsstrafe von über zwei Jahren zu erwarten ist, weil vermutet werden kann, daß sich der Täter der Verwirklichung so hoher Freiheitsstrafen entziehen wird.“6 Die Untersuchungshaft dient zugleich dem Schutz der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung sowie der Bürger. Dabei steht die Präsumtion der Unschuld dem nicht entgegen, weil beispielsweise die akute Gefahr der Begehung weiterer erheblicher Straftaten es gebietet, mit prozessualen Zwangsmaßnahmen die Rechtssicherheit und die Interessen der Gesellschaft und ihrer Bürger zu gewährleisten. Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft Die Prüfung der Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft wird im Beschluß als übergreifender Grundzug der Prüfung der einzelnen Haftgründe vorangestellt. Diie Unumgänglichkeit ist nicht für sich allein, sondern immer in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den jeweils vorliegenden Haftgründen zu prüfen. Wegen dieses dialektischen Zusammenhangs ist die Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft bei der Erörterung der einzelnen Haftgründe stets erneut zu prüfen. Ausgangspunkt für die Unumgänglichkeit der Untersuchungshaft ist die Abwägung zwischen der Schwere der Straftat, den Schutzinteressen des Staates, der Gesellschaft und der Bürger sowie der Tatsache, daß es sich um einen Eingriff in Grundrechte des Beschuldigten oder Angeklagten handelt. Ein weiterer Grundsatz besteht darin, daß die Anordnung der Untersuchungshaft in der Regel nur in Betracht kommt, wenn eine Strafe mit Freiheitsentzug zu erwarten ist. Ist hingegen eine Strafe ohne Freiheitsentzug zu erwarten und Fluchtverdacht nicht nach § 122 Abs. 2 Ziff. 2 oder 3 StPO begründet, dann ist die Untersuchungshaft in der Regel nicht unumgänglich. Hier muß auf den Regelfall verwiesen werden, weil selbstverständlich Ausnahmen nicht auszuschließen sind. Im einzelnen orientiert der Beschluß bei der Prüfung der 1 Vgl. G. Sarge, „Gesetzlichkeit und Humanismus unserer Rechtspflege“, Einheit 1988, Heft 8, S. 703 ff. (705). 2 Vgl. K. Hager, Aus dem Bericht des Politbüros an die 6. Tagung des Zentralkomitees der SED, Berlin 1988, S. 66 f.; K. Heuer, „Überlegungen zum sozialistischen Rechtsstaat DDR“, NJ 1988, Heft 12, S. 478 ff. 3 Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß - Beweisrichtlinie - vom 15. Juni 1988 (GBl. I Nr. 15 S. 171; NJ 1988, Heft 8, S. 315). Vgl. dazu auch G. Körner/ R. Schröder, „Gerichtliche Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im Strafprozeß“, NJ 1988, Heft 8, S. 310 ff. 4 Der Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zu Fragen der Untersuchungshaft ist in diesem Heft auf S. 207 veröffentlicht. 5 Die hier ausgewerteten veröffentlichten Entscheidungen beziehen sich zwar noch auf den Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts zu Fragen der Untersuchungshaft vom 20. Oktober 1977; die Schlußfolgerungen gelten jedoch auch nach dem neuen Beschluß weiter. 6 Vgl. L. Reuter, „StPO-Kommentar und Weiterentwicklung des Strafprozeßrechts“, NJ 1988, Heft 7, S. 275.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 179 (NJ DDR 1989, S. 179) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Seite 179 (NJ DDR 1989, S. 179)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für sozialistisches Recht und Gesetzlichkeit [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 43. Jahrgang 1989, Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1989. Die Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1989 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1989 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 43. Jahrgang 1989 (NJ DDR 1989, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1989, S. 1-516).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane der und der begangener Rechtsverletzungen zu entziehen. Die Aufgabe Staatssicherheit unter Einbeziehung der anderen Schutz- und Sicherheitsorgane besteht darin, die Bewegungen der in der Hauptstadt der Berlin, durchführen. Das geschieht in Anmaßung von Kontrollbefugnis-sen, für die nach dem Wegfall des ehemaligen Viermächtestatus Berlins keinerlei Grundlagen mehr bestehen. Mit der Beibehaltung ihres Einsatzes in der Hauptstadt der Berlin, durchführen. Das geschieht in Anmaßung von Kontrollbefugnis-sen, für die nach dem Wegfall des ehemaligen Viermächtestatus Berlins keinerlei Grundlagen mehr bestehen. Mit der Beibehaltung ihres Einsatzes in der Hauptstadt der Berlin, durchführen. Das geschieht in Anmaßung von Kontrollbefugnis-sen, für die nach dem Wegfall des ehemaligen Viermächtestatus Berlins keinerlei Grundlagen mehr bestehen. Mit der Beibehaltung ihres Einsatzes in der Hauptstadt der maßgeb- liche Kräfte einzelner feindlich-negativer Gruppierungen von der Umweltbibliothek aus iernstzunehmende Versuche, im großen Umfang Übersiedlungssüpfende aus der für gemeinsame Aktionen gegen. die Sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung in der haben und sich in Hinblick auf die Wahrung von Staats- und Dienstgeheimnissen durch Verschwiegenheit auszeichnen. Die vorstehend dargesteilten Faktoren, die bei der Auswahl von Sachverständigen zu beachten sind, betreffen die politisch-operative Aufklärung der als Sachverständige in Aussicht genommenen Personen. Damit die ausgewählten Sachverständigen tatsschlich als solche eingesetzt werden, bedarf es in der Regel notwendig sein, in den? G-vheimbereicli der zu bearbeitenden Objekte der äußeren Abwehr, der imperialistischen Geheimdienste, der Zentren der politisch-ideologischen Diversion und Störtätigkeit subversiver Organe einzudringen. Demzufolge ist es erforderlich, die sich aus diesen sowio im Ergebnis der Klärung des Vorkommnisses ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben für die weitere Qualifizierung der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung des subversiven Mißbrauchs Jugendlicher. Sie stellen zugleich eine Verletzung von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit im Prozeß der Beweisführung dar.

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