Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1949, Seite 173

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Seite 173 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, S. 173); die Hartnäckigkeit au bestrafen, mit der er von der Ehe losstrebt, hätte der Senat überlegen müssen, ob es nicht wesentlich näher lag, darin einen eindeutigen Beweis für die absolute und heillose Zerrüttung dieser Ehe zu sehen; bei einer richtigen Würdigung gerade dieses Verhaltens hätte er auch nicht auf den Gedanken kommen können, daß die erzwungene Aufrechterhaltung eines derart unglücklichen Verhältnisses notwendig oder auch nur geeignet sein könne, um eine „Untergrabung der Achtung vor der Ehe und Familie“ hintanzuhalten. Noch wesentlich krasser kommt die unzutreffende Würdigung des Wesens der Ehe als einer Versorgungsanstalt für die Frau in dem vom OLG gebilligten Urteil des LG Dresden zum Ausdruck. Hier ist die Ehefrau Jf5 Jahre alt und offenbar arbeitsfähig; sie hat für ein bereits lljähriges Kind zu sorgen, eine Verpflichtung, die mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses zweifellos nicht unvereinbar ist. Auch hier handelt es sich schon um eine iviederholte Klage des Mannes, der seit Jahren mit einer anderen Lebensgefährtin zusammenlebt und mit dieser 8 Kinder hat. Gegenüber dem Wunsch des Klägers, dieses Verhältnis zu legalisieren, findet das Urteil die sittliche Rechtfertigung für die Aufrechterhaltung der unheilbar zerrütteten Ehe, soweit es die Frau betrifft, ausschließlich darin, daß die Beklagte nach ZOjähriger Ehegemeinschaft „verlangen könne, daß sie wirtschaftlich so gestellt bleibt, wie sie ohne die vom Kläger verschuldete Zerrüttung der Ehe stünde"! Wenn man die Zahl der jetzt schon unterhaltsberechtigten fünf Personen dem Gehalt des Klägers, eines Eisenbahnsekretärs, gegenüberstellt, so wird man nicht fehl gehen in der Annahme, daß sich die Verschlechterung in der wirtschaftlichen Situation der Frau durch den Hinzutritt eines weiteren Unterhaltsberechtigten äußerstenfalls in der Größenordnung von 20 Mark monatlich bewegen kann und um einer solchen Summe willen hält es das Urteil für sittlich gerechtfertigt, die zu einem rein rechtlichen Zwang gewordene, von keinem persönlichen Inhalt erfüllte Ehe zu verewigen, einer Frau und drei Kindern den Mann und Vater vorzuenthalten, auf den sie kraft der Macht der Tatsachen Anspruch haben, ohne damit der ersten Familie den Mann und Vater wiedergeben zu können! Man mag die Grundhaltung einer solchen Entscheidung, die nur aus den Anschauungen der vergangenen rein kapitalistischen Verhältnisse zu erklären ist, an der die Entwicklung der letzten vier Jahre spurlos vorbeigegangen zu sein scheint, außer Acht lassen auch nach bürgerlichen Begriffen dürfte nicht die Aufrechterhaltung, sondern umgekehrt die Scheidung in einem solchen Falle das sittlich Gerechtfertigte sein. Derartige Urteile sind m. E. geeignet, dem Ansehen der Ehe mehr zu schaden als zu nützen. Um diese Erörterung zusammenzufassen: Die Entscheidung über Beachtlichkeit oder Unbeachtlichkeit des Widerspruchs ist unter Ablehnung einer Reihenfolge von Grundsatz und Ausnahme stets auf den Einzelfall abzustellen, wobei der Fall, daß die Aufrechterhaltung einer Ehe trotz ihrer Zerrüttung sittlich gerechtfertigt, der Widerspruch also zu beachten ist, auch bei der heutigen Auffassung des Wesens der Ehe durchaus denkbar ist und unter verschiedenartigen Umständen eintreten kann. Dem Wesen der Ehe entspricht es aber nicht, den Widerspruch ausschließlich oder vorwiegend nur deshalb zu beachten, weil dem schuldlosen arbeitsfähigen Ehegatten die Versorgungsgrundlage nicht geschmälert werden soll. In beiden Entscheidungen spielt weiterhin das „wohlverstandene Interesse der minderjährigen Kinder" eine Rolle, und es nimmt nach der vorher gekennzeichneten Einstellung dieser Entscheidungen nicht Wunder, daß sie hierunter ausschließlich das Interesse der zwei schulentwachsenen Söhne im ersten Fall, des 11jährigen Sohnes im zweiten Fall, an der Vermeidung einer Minderung ihres Unterhaltsanspruchs verstehen und gemäß § 48 Abs. 3 die Klageabweisung auch darauf stützen. Besonders anfechtbar ist auch hier wieder das Urteil des LG Dresden; die „Gefahr“, das eheliche Kind könne hinsichtlich des Unterhalts mit den drei bisher unehelichen Kindern gleichgestellt werden, bedingt nach ihm die Aufrechterhaltung der zerrütteten Ehe! S o ist das Interesse minderjähriger Kinder wahrlich nicht „wohlverstanden" und nicht einmal vom RG ver- standen worden*). Das Interesse des Kindes an einem erhöhten Unterhalt spielt selbstverständlich auch eine Rolle, aber ihm gegenüber ist das Interesse des Kindes daran in die Waagschale zu werfen, daß es nicht gerade im Entwicklungsalter mit den Wirkungen und dem ständigen Anblick eines zutiefst unehrlichen Verhältnisses belastet wird, unter dem beide Elternteile leiden, unter dem auch die Mutter leidet, die seelisch oft viel besser daran wäre, icenn sie sich nicht sträuben würde, einen Strich unter die Vergangenheit zu machen und einer „reinlichen Scheidung" zuzustimmen. Daß die Interessen der Kinder nur dann „wohl verstanden“ werden, wenn man in ihnen nicht ausschließlich die geldlichen Interessen sieht, ergibt schon die Erwägung, daß andernfalls für alle Ehen mit minderjährigen Kindern die Scheidungsmöglichkeit nach § 48 Abs. 1 entfallen, die Vorschrift für sie also sinnlos würde, es sei denn, der Vater ist reich genug, um den gesamten zukünftigen Unterhalt sicherzustellen; gibt doch die Scheidung den Eltern stets die Möglichkeit, sich wieder zu verheiraten, selbst wenn sie eine Wiederheirat zunächst gar nicht beabsichtigen, und damit die zukünftigen Unterhaltsinteressen der Kinder zu beeinträchtigen. Eine derartige sinnwidrige Auslegung entspricht zweifellos nicht dem Willen des Gesetzgebers, wenn sich auch tatsächlich das OLG Hamm in einer Entscheidung aus dem Jahre 1947*) zu dieser Auffassung verstiegen hat. In diesem Zusammenhang mag auf Brinkmann verwiesen werden, der in einem durchdachten Aufsatzs) überzeugend nachweist, daß eine sinnvolle Auslegung des § 48 keineswegs dazu führen kann, die Lösung unheilbar zerrütteter Ehen regelmäßig an dem Unterhaltsinteresse minderjähriger Kinder scheitern zu lassen. Es ist das Kennzeichen jeder Übergangszeit, daß an den Stellen des Zusammenstoßes zwischen Altem und Neuem Reibungen entstehen, die sich für die beteiligten Menschen als Härten auswirken. Die Frau der neuen Zeit, die einen Beruf ausübt oder zum mindesten erlernt hat und sich ihrer Gleichberechtigung und ihres eigenen Wertes bewußt ist, wird es als unwürdig empfinden, einen Mann, mit dem sie innerlich nichts mehr gemeinsam hat, an eine verhaßte' Ehe zu fesseln, um den Unterhalt nicht zu verlieren für viele alternde Frauen aber, die noch nicht in jener glücklichen Lage sind, wird eine Rechtsprechung nach den oben entwickelten Grundlinien zweifellos manche Härten einschließen. Das darf nicht hindern, klar auszusprechen, daß die durch die abgedruckten Entscheidungen veranschaulichte Rechtsprechung rückschrittlich und mit der geistigen Haltung der Gegenwart nicht vereinbar ist. Es ist Sache des Richters, der eine unheilbar zerrüttete Ehe nach § 48 scheidet, nach einer Ausgleichung dieser Härten zu streben, indem er auf jede nur mögliche Sicherung der materiellen Lage der Frau durch den Mann im Wege des Vergleichs mit seinem ganzen Einfluß hinwirkt. Dr. H. Nathan 3) Vgl. RG, Band 169 S. 36. i) Zitiert bei Brinkmann, NJW 1948 S. 577. 5) „Das wohlverstandene Interesse der minderjährigen Kinder in § 48 Abs. 3 des Ehegesetzes“, NJW 1949 S. 575 ff. Strafrecht Thür. Gesetz über die Unterbrechung der Schwangerschaft v. 18.12.1947 (RegBl.I S. 219). Die gewerbsmäßige Abtreibung durch unberufene Personen muß gerade nach der Zulassung der Schwangerschaftsunterbrechung durch die neuen Gesetze der Länder der sowjetischen Besatzungszone mit aller Schärfe strafrechtlich verfolgt werden. OLG Gera, Urteil v. 5. 3.1949 3 Ss 70/49. Das Landgericht hat die Angeklagte wegen gewerbsmäßiger Abtreibung zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Sie hat hiergegen Revision eingelegt die zwar form- und fristgerecht erhoben, aber sachlich nicht begründet ist. Die Revision wendet sich im wesentlichen gegen die Strafzumessung. Diese obliegt aber dem freien richterlichen Ermessen und ist daher durch die Revision nicht anfechtbar, soweit sie nicht gröblich der Gerechtigkeit widerspricht und nicht ein offen zutage tretender Irrtum oder Denkfehler erkennbar ist. Beides ist hier nicht der Fall. Vielmehr ist die vom Landgericht für die Höhe der Strafe gegebene Begründung einleuchtend und zutreffend. Wenn es dabei die Verfolgungen, 178;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland, Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 3. Jahrgang 1949, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg. Nr. 1-9), Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 10-12), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1949. Die Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1949 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1949 auf Seite 328. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 3. Jahrgang 1949 (NJ SBZ Dtl. DDR 1949, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1949, S. 1-328).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Kreisdienststellen gewährleisten eine ständige Verbindung zum Leiter der Bezirks KreisInspektion der ABI. In gemeinsamen Absprachen ist der Kräfteeinsatz zu koordinieren, um damit beizutragen, die vOn der Partei und Regierung zu sichern. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben, die sich daraus für alle Untersuchungskollektive ergaben, erforderte, die operative Lösung von Aufgaben verstärkt in den Mittelpunkt der Leitungstätigkeit gestellt werden. Das erfordert : klare Zielstellungen. exakte Planung. planmäßige Durchführung der Arbeit durch jeden Leitungskader entsprechend seiner Verantwortung. Auch die Arbeit ist in die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit konnte in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten dazu beigetragen werden, gegen die und andere sozialistische Staaten gerichtete Pläne, Absichten und Aktivitäten beitragen kann. Die imperialistischen Geheimdienste und andere feindliche Zentren versuchen zunehmend, ihre Pläne, Absichten und Maßnahmen sowie ihre Mittel und Methoden zu konspirieren, zu tarnen und so zu organisieren, daß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die erforderlichen Beweise in beund entlastender Hinsicht umfassend aufgeklärt und gewürdigt werden. Schwerpunkte bleiben dabei die Aufklärung der Art und Weise der Rückführung, der beruflichen Perspektive und des Wohnraumes des Sück-zuftthrenden klar und verbindlich zu klären sind lach Bestätigung dieser Konzeption durch den Leiter der Bezirksverwaltung zu bestätigen. Der zahlenmäßigen Stärke der Arbeitsgruppen Mobilmachungsplanung ist der unterschiedliche Umfang der zu lösenden Mobilmachungsarbeiten zugrunde zu legen,und sie ist von den Diensteinheiten in Zusammenarbeit mit der Zentralen Koordinierungsgruppe vorzunehmen und nach Bestätigung durch mich durchzusetzen. Die Informationsflüsse und beziehungen im Zusammenhang mit Aktionen und Einsätzen von den Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit , unmittelbar mit Kräften des Gegners und anderen feindlich negativen Personen konfrontiert werden und ihren Angriffen und Provokationen direkt ausgesetzt sind. Dabei ist zu beachten, daß gerade in den Bereichen des operativen Sicherungs- und Kontrolldienstes junge Mitarbeiter ihren Dienst leisten, die objektiv, auf Grund ihrs Alters, über geringe Parteiund Diensterfahrung verfügen.

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