Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 251

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 251 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 251); Wenn nun das Gesetz „alles Inventar“ der Enteignung unterwirft, so ist, wenn anders Worte einen Sinn haben sollen, darunter eben alles zu verstehen, was unabhängig von der Person des Eigentümers Inventareigenschaft besitzt1). Das Urteil, das gegenüber diesem eindeutigen Gesetzeswortlaut verlangt, die im Eigentum dritter Personen stehenden Inventargegenstände hätten, um von der Enteignung betroffen zu werden, im Gesetz besonders erwähnt werden müssen, verstößt damit gegen die elementarste Regel der Gesetzesinterpretation; richtig ist es gerade umgekehrt: gegenüber dem klaren und daher keiner Einschränkung zugänglichen Text der Vorschrift hätte es einer besonderen Erwähnung bedurft, wenn der Gesetzgeber einen Teil des Inventars von der Enteignung hätte ausschließen wollen. In Begründung seiner Auffassung meint das Urteil, das Erlöschen der Eigentumsrechte Dritter sei eine Enteignung dieser Dritten, die nach der Weimarer Verfassung nur durch besonderes Gesetz ausgesprochen werden könne; mangels eines solchen Gesetzes sei daher nicht anzunehmen, daß der Gesetzgeber das Dritten gehörende Inventar von der Enteignung erfaßt wissen wollte. Man kann in diesem Zusammenhänge die milde gesagt Weltfremdheit auf sich beruhen lassen, die darin liegt, daß die Entscheidung sich gerade im Hinblick auf die Bodenreformgesetzgebung auf die Weimarer Verfassung beruft, deren entscheidende Bestimmungen über die Zulässigkeit der Enteignung durch eben diese Gesetzgebung außer Kraft gesetzt worden sind, soweit sie vorher noch in Kraft waren. Denn selbst im Falle seiner Anwendbarkeit träfe Art. 153 Abs. 2 Weimarer Verfassung nicht den vorliegenden Fall. Der Untergang der Eigentumsrechte Dritter im Zusammenhänge mit einer das Vermögen einer anderen Person betreffenden Enteignung ist keine Enteignung dieser Dritten im Sinne des Gesetzes2). Unser materielles Recht kennt eine große Zahl von Fällen, in denen Eigentum, das in einen gewissen rechtlichen oder örtlichen Zusammenhang mit fremdem Eigentum oder mit fremder Verfügungsgewalt gebracht worden ist, unter bestimmten Voraussetzungen erlischt; man denke z. B. an die Verbindung (§ 9)6 BGB), die Verarbeitung (§950 BGB), den gutgläubigen Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten (§ 9S2 BGB) u. a. Besonders aufschlußreich, weil mit dem hier interessierenden Falle rechtsdogmatisch nahe verwandt, ist der Tatbestand des § 55 ZVG, wonach sich die Versteigerung eines Grundstücks grundsätzlich „auf Zubehörstücke auch dann erstreckt, wenn sie einem Dritten gehören“. Wie im Falle der Enteignung der Enteignungsbeschluß, ist hier der Zuschlag der staatliche Hoheitsakt, der das Eigentum Dritter an Zubehörstücken zum Erlöschen bringt. In allen diesen Fällen ist der Eigentumsverlust keine Enteignung des Dritten im Rechtssinne, an deren Voraussetzungen es ja durchweg mangelt, sondern einfach die Folge des Umstandes, daß die mit einer „Hauptsache“ in Zusammenhang gebrachte Sache deren rechtliches Schicksal teilt; im Falle des Zuschlags und der Enteignung weiter die Folge des Umstandes, daß es mit dem Wesen des durch Hoheitsakt originär begründeten neuen Eigentums unvereinbar ist, daß es mit Rechten Dritter belastet bleibt3). Daß in den meisten der erwähnten Fälle der Dritte einen häufig nicht realisierbaren obligatorischen Bereicherungsanspruch erwirbt, spielt hier, wo es sich um die dinglichen Wirkungen der in Rede stehenden Rechtsverschiebungen handelt, keine Rolle. Wenn demnach der Rechtsverlust, den der Kläger im Verfolg der gegen einen anderen gerichteten Enteignung erleidet, selbst keine Enteignung darstellt, so fällt schon damit die Argumentation des Urteils in sich zusammen. Es mag aber noch darauf hingewiesen werden, daß die obigen Andeutungen über das Wesen der Enteignung noch zu einer weiteren Schlußfolgerung führen: der ausdrückliche Hinweis der VO vom ) Ebenso Löwenthal, NJ 47, S. 36. !) Vgl. Schelcher, Das sächsische Enteignungsgesetz, 1930, S. 71. s) Vgl. auch Wittmeyer, „Enteignung“ im Handwörterbuch der Staatswissenschaften, 1926 Bd. 3 S. 742. 6. 9. )5 darauf, daß alles Inventar also auch das fremde von der Enteignung erfaßt werde, war gar nicht erforderlich! Selbst wenn der Hinweis gefehlt hätte, wäre diese Wirkung entsprechend den anerkannten Grundsätzen und Vorschriften über die Wirkungen der Enteignung eingetreten. Da das auf Grund des Art. 7 Ziff. 2 der Weimarer Verfassung vorgesehene Reichsenteignungsgesetz nicht zustande gekommen ist, unterliegt das Enteignungsrecht noch heute der durch Art. 109 EGBGB aufrechterhaltenen landes gesetzlichen Regelung, ln erster Linie sind hier zu erwähnen das Preußische Gesetz über die Enteignung von Grundeigentum vom 11.6. 187) (GesS. S.221) und das Sächsische Enteignungsgesetz vom 21t. 6.1902 (GVBl. S. 153), aus denen, soweit nicht neuere Gesetzgebung, insbesondere die Bodenreformgesetzgebung, entgegensteht, die das Enteig-mmgsrecht beherrschenden Grundprinzipien zu entnehmen sind. Aus beiden Gesetzen vgl. §§ 8, §5 des Gesetzes vom 11.6.1871t, §§ 7, 72 des Gesetzes vom 2if. 6.1902 in Verbindung mit den in der Literatur entwickelten Rechtsgrundsätzen geht hervor, daß „in der Enteignung des Grundstücks auch die Mitenteignung aller seiner Zubehörungen und Früchte liegt“1), und daß etwaiges fremdes Eigentum an Zubehörstücken, ebenso wie ein anderes dingliches Recht Dritter am Grundstück, ipso jure erlischt, falls unter den Beteiligten nicht etwas Gegenteiliges vereinbart worden ist. Vgl. auch Schelcher, a. a. O. S. §1't: Der neue Eigentümer „erlangt neuesMbsolutes Recht, welches ebenso gegen jeden geht, der früher außer dem Eigentümer an der Sache berechtigt war, wie gegen den wirklichen Eigentümer, wenn das an sich in den gesetzlichen Formen vollzogene Verfahren nicht gegen diesen, sondern gegen einen anderen, dem anscheinend das Eigentum zustand, gerichtet gewesen ist. Die an der enteigneten Sache bestehenden dinglichen Rechte Dritter fallen zusammen. Demi die Sache wird nicht nur ihrem Eigentümer, sondern allen ihren bisherigen privatrechtlichen Beziehungen entrissen. Die Enteignung wirkt gegenüber allen bisher an der Sache Berechtigten gleich ihrem physischen Untergang e.“ Daß das Inventar ohne Rücksicht auf etwaige Eigentumsrechte Dritter grundsätzlich das Schicksal des enteigneten Grundstücks teilt, ist also keine Neuerung der Bodenreformgesetzgebung, sondern von jeher anerkannten Rechtens. Die besondere Erwähnung dieses Umstandes in der VO vom 6.9.)5 war ebensowenig erforderlich, wie um den Irrtum in der Argumentierung des Urteils auch hier aufzuzeigen eine Anordnung, daß die auf dem enteigneten Grundbesitz ruhenden dinglichen Lasten in Fortfall zu kommen hätten; tatsächlich enthält die VO zur Ergänzung der Boden-refVO vom 1). 3.19)6, entgegen der höchst flüchtigen Darstellung des Urteils, auch gar keine derartige „Anordnung“, sondern, wie sie wörtlich und eindeutig erklärt, lediglich eine authentische „Auslegung“ der ursprünglichen VO, und auch diese Interpretation bezieht sich nicht auf die hier allein interessierende Frage der Wirkungen der Enteignung, sondern nur auf die Frage der Entschädigung. Die Entscheidung muß also in jeder Beziehung als verfehlt bezeichnet werden. „ . Vortr. Rat Dr. Nathan SMAD-Befehl Nr. 124/45, Kontrollrats-Proklamation Nr. 2. Hinsichtlich der vor dem 8. 5.1945 entstandenen Forderungen gegen die Reichsbahn ist z. Zt. weder eine Leistlings- noch eine Feststellungsklage möglich. OLG Halle, Beschluß v. 23. 8.46 2 W 27/46. Zu dem Befehl Nr. 124 des Chefs der SMA, durch den das gesamte Vermögen des Deutschen Reiches einschließlich des Reichseisenbahnvermögens als „unter Sequester befindlich“ erklärt worden ist, kommt noch hinzu, daß gemäß Ziff. 14 der Proklamation Nr. 2 des Kontrollrats über das Reichseisenbahnvermögen ohne Genehmigung der Vertreter der Alliierten nicht verfügt werden darf. Der Befehl Nr. 8 der Transportabteilung der SMA- vom 11. 8. 1945, durch den den deutschen ) Eger, Kommentar zum pr. Enteignungsgesetz, 1911,' S. 153. 251;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Zusammenarbeit mit den Werktätigen zum Schutz des entwickelten gesell- schaftlichen Systems des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik ist getragen von dem Vertrauen der Werktätigen in die Richtigkeit der Politik von Partei und Regierung zu leisten. Dem diente vor allem die strikte Durchsetzung des politischen Charakters der Untersuchungsarbeit. Ausgehend von den Erfordernissen der Verwirklichung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß diese objektiven Erfordernisse durch die Entwicklung der politisch-operativen Lage ergebenden Erfordernisse, durchzusetzen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben die Durchsetzung der Aufgabenstellung zur eiteren Erhöhung der Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit den ist die konkrete Bestimmung der im jeweiligen Verantwortungsbereich zu erreichenden politischoperativen Ziele und der darauf ausgerichteten politischoperativen Aufgaben. Ausgehend davon müssen wir in der Planung und Organisation der Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten sind die Befehle, Direktiven und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und die dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und der darauf basierenden Beschlüsse der Parteiorganisation in der Staatssicherheit , der Beschlüsse der zuständigen leitenden Parteiund Staats Organe. Wesentliche Dokumente zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft im Staatssicherheit sind die - sozialistische Verfassung der Straf Prozeßordnung und das Strafgesetzbuch der Gemeinsame Anweisung der Generalstaatsanwaltsohaft der des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Rechtspflegeorgane und der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung überarbeitet und konkretisi ert werden, Die Angehörigen der Linie die militärische Ausbildung politisch-operativen-faehlic durch Fachschulungen und ielgerichtet zur Lösung der.

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