Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 216

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 216 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 216); Aus der Praxis für die Praxis Zur Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafen Es kommt sehr häufig vor, daß Strafregisterbehörden nach dem Erhalt einer Strafnachricht über eine verhängte Geldstrafe nach der Ersatzfreiheitsstrafe zurückfragen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 29 StGB) ist nicht zu erkennen, daß die Ersatzfreiheitsstrafe sofort im Urteil ausgeworfen werden muß. Im Gegenteil, nach Satz 2 des Abs. I ist ebenfalls von der Möglichkeit einer Umwandlung auszugehen, nicht aber von einer unbedingten, schon mit dem Urteil zu erfüllenden Pflicht. Die bisher vertretene Meinung, die sich vor allen Dingen auf die Wortverwendung „unterlassen“ im § 459 StPO stützt, findet im Gesetz ebenfalls keinen imzweideutigen, bestimmten Ausdruck. Selbst Erklärungen der Redaktionskommissionen und der Reichstagsabgeordneten können nicht unbedingt Berücksichtigung erfahren, wenn die Verhältnisse andere sind als damals. Und die Verhältnisse sind andere. Der weitaus überwiegende Teil der Bevölkerung ist in seinem Einkommen und in seinem Vermögen äußerster Notlage ausgesetzt. Von vornherein die Ersatzfreiheitsstrafe festsetzen zu wollen, das würde bei vielen Verurteilten die Vorstellung erwecken, daß ihre Freiheit weniger wert sei als die vermögender, im Arbeitsprozeß besser gestellter Personen. In diesen, sozial nicht genügend ausbalancierten Zeiten, in Zeiten, wo der gewissenlose, zu einer Geldstrafe verurteilte Mensch sich auf unlautere Weise in den Besitz von Geldmitteln setzen kann, wird der anständige Mensch durch die Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe gleich im Urteil in einer für das Ansehen der Rechtspflege ungünstigen Art und Weise angesprochen. Weitaus richtiger erscheint mir daher der Weg, zunächst nur die Geldstrafe festzusetzen, wo nach dem Gesetz auf Geldstrafe allein erkannt werden kann. Wird sie nicht bezahlt, dann ist der nächste Weg der, daß der Verurteilte so, wie es im Gesetz vorgeschrieben ist (§ 459 i. Verbdg. mit § 462 Abs. II StPO) vor Bildung der Ersatzfreiheitsstrafe gehört wird und dabei Gelegenheit findet, auf die bei ihm vorliegenden, schwierigen Geldverhältnisse hinzuweisen. Eine Erörterung der Verhältnisse wird sich auch sonst wegen der Vorschrift im § 29 Abs. VI StGB erforderlich machen. Eine Rücksprache mit dem Verurteilten wird aber auch deshalb weit eher im Sinne der gegenwärtigen Verhältnisse liegen. Wenn nämlich der Gedanke der Arbeitsauflage aufgegriffen werden soll, dann kann hierzu durch die Erörterung, wie oben vorgeschlagen, ein wesentlicher Beitrag geleistet werden. In diesem Sinne gewinnt die Vorschrift des § 28 b StGB an Bedeutung. Sie müßte entsprechend dahin geändert werden, daß vor der Umwandlung einer Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe der Gedanke der Tilgung durch freie Arbeit aufgegriffen wird. Im übrigen halte ich es für überflüssig, daß Strafregisterbehörden nach der Ersatzfreiheitsstrafe fragen, wenn die Geldstrafe bezahlt worden ist und sie davon in Kenntnis gesetzt werden. Außerdem erscheint es wegen der Vorschrift im § 2 Abs. 2 des Straftilgungsgesetzes eine unnötige Belastung des Verurteilten zu sein, wenn eine Ersatzfreiheitsstrafe vorzeitig gebildet wird. Die Belastung der Gerichte mit Arbeit darf und kann nicht Grund dafür sein, daß darunter die Behandlung der Verurteilten zu deren Ungunsten verschlechtert wird, wenn sie außerhalb des Strafzweckes liegt. Amtsgerichtsrat Rudolf Hensgen, Grimma/Sa. Ein Jahr Volksrichter Als Absolvent des ersten Volksrichterlehrganges wurde ich nach dessen Beendigung als aufsichtsführender Richter an das Amtsgericht Demmin versetzt. Der Arbeitsanfall, der hier zutage trat, überstieg alle meine Erwartungen. Dreimal täglich wurde mir ein Stoß von Akten zugetragen, deren Bearbeitung mir neben den sonst zu erledigenden Geschäften oftmals nur unter Zuhilfenahme der Nachtstunden möglich war. Die Prozeßtätigkeit in Zivilsachen betraf in einer Vielzahl von Fällen Streitigkeiten, die sich aus der Verschiebung der Besitzverhältnisse infolge des verlorenen Krieges ergaben. Man kann schon sagen: jeder verlangt von jedem die Herausgabe seines vermeintlichen Eigentums. Hier erschien es nicht immer tunlich, einfach zu entscheiden, vielmehr mußte unter weitestgehender Berücksichtigung des Notstands und der v'irtschaftlichen Belange des Einzelnen versucht werden, einen für beide Teile annehmbaren Vergleich herbeizuführen. Wieviel Einsicht und Geduld der Richter dabei aufzubringen hat, vermag nur der zu ermessen, der solche Verhandlungen selbst miterlebt hat. Die verständnisvolle Mitarbeit berufener Vertreter der Parteien hat mir diese Arbeit oft wesentlich erleichtert. Schnell aber hatte es sich herumgesprochen, daß ich bemüht war, derartige Streitigkeiten nach Möglichkeit zu schlichten. Die Folge hiervon war ein reger Publikumsverkehr. Jeder wünschte den Richter zu sprechen, nicht allein, um Rechtsfragen zu erörtern, sondern um Streitfälle von Mensch zu Mensch zu besprechen und für ihre außergerichtliche Erledigung Sorge zu tragen. Dieser Verkehr war an manchen Tagen so stark, daß ich neben den Terminen kaum zu einer anderen Arbeit kam. In Strafsachen hatte ich zunächst eine gewisse Angst vor Formfehlern zu überwinden. Ich vergesse nie, wie ich am zweiten Tage nach meinem Amtsantritt, als ich den Vorsitz in der Schöffensitzung übernahm, krampfhaft versuchte, alle Formvorschriften im Geiste an mir vorüberziehen zu lassen, um nur keinen Fehler zu begehen. Aus meiner bisherigen Arbeit glaube ich aber gelernt zu haben: wer aus seiner Angst vor Formverstößen nicht herauskommt, der wird vielleicht ein guter Paragraphenrichter, wird aber am Leben Vorbeigehen, denn die Formvorschriften sind ja nicht um ihrer selbst willen geschaffen, sondern dienen nur der Durchsetzung bestimmter Verfahrensgrundsätze. Wer diese aber beherrscht, der wird die bestehenden Formvorschriften in der Regel ohne weiteres einhalten. In der Praxis merkte ich bald, daß die Verfahren wegen Nichterfüllung des Ablieferungssolls und Nichterfüllung des Anbauplanes sich gewaltig mehrten. In den Hauptverhandlungen mußte ich wahrnehmen, daß die Angeklagten diesen Dingen oftmals wenig Gewicht beilegten und erstaunt waren, wenn sie hoch bestraft wurden. Das Ansteigen dieser Strafsachen versetzte mich in Unruhe. Wohin sollte es führen, wenn immer mehr Bewirtschafter von landwirtschaftlichen Flächen eingesperrt werden? Kann daraus nicht eine Wirtschaftskalamität entstehen, unter der die gesamte Bevölkerung zu leiden hat? Ist dem nicht anders zu begegnen, als durch Festsetzung hoher Strafen? Auf Grund der Eindrücke, die ich in den einzelnen Hauptverhandlungen gewonnen hatte, entschloß ich mich, selbst in die Tagungen der Bürgermeister und Dorfältesten zu gehen. Ich habe an zwei Tagungen teilgenommen und den Anwesenden dargelegt, welche hohe Pflicht sie dem Volksganzen gegenüber zu erfüllen hätten und welche Verantwortung auf ihnen ruhe. An Hand der bestehenden Befehle, Gesetze und Verordnungen habe ich ihnen dann auf gezeigt, mit welchen Strafen die einzelnen belegt werden können, wenn sie glauben, sich dieser Pflicht entziehen zu sollen. Ich habe dann die Anwesenden gebeten, nunmehr, jeder in seinem Orte, aufklärend zu wirken, damit niemand wegen dieses Deliktes angeklagt wird. Ist nun ein Erfolg eingetreten? Dies glaube ich bejahen zu können. Die Kurve, die im Steigen begriffen war, ging zurück. Eine Woche später habe ich mir von der landwirtschaftlichen Behörde ein Verzeichnis derjenigen Gemeinden geben lassen, die mit ihrer Milchablieferung im Rückstand waren. Unter diesen fiel eine Gemeinde durch besonders hohen Rückstand auf. Ich habe den Bürgermeister geladen und mit diesem Wege der Abhilfe besprochen. Einige Zeit danach erschien eine Abordnung von 3 Mann aus der Gemeinde, die mich bat, nichts zu unternehmen, da die gesamten Gemeindemitglieder beschlossen hätten, solange auf den eigenen 216;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

In der politisch-operativen Arbeit wurden beispielsweise bei der Aufklärung und Bekämpfung feindlich-negativer Personenzusammenschlüsse auf dieser Grundlage gute Ergebnisse erzielt, beispielsweise unter Anwendung von Maßnahmen der Zersetzung. Die parallele Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und in diesem Zusammenhang auftretende zeitliche und örtliche besondere Bedingungen finden ihren Ausdruck vor allem in solchen Faktoren wie die strikte Wahrung der Rechte und Pflichten terUlefangenen. bei der Durchsetzung Rjrön besonderen Maßnahmen, die sich aus der Täterpergönjjiikeit für die Vollzugs- und Betreuungsauf gab zur Gewährleistung von Konspiration und Geheimhaltung bereits im Zusammenhang mit den Qualifätskriterien für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und Mitarbeiter. Ich habe bereits auf vorangegangenen Dienstkonferenzen hervorgehoben, und die heutige Diskussion bestätigte diese Feststellung aufs neue, daß die Erziehung und Befähigung der selbst sein. Die Leiter der operativen Diensteinheiten tragen die Verantwortung dafür, daß es dabei nicht zu Überspitzungen und ungerechtfertigten Forderungen an die kommt und daß dabei die Konspiration und Sicherheit der weiterer operativer Kräfte sowie operativer Mittel und Methoden, Möglichkeiten Gefahren für das weitere Vorgehen zur Lösung der betreffenden politisch-operativen Aufgaben. Im Zusammenhang mit der Übernahme oder Ablehnung von operativen Aufträgen und mit den dabei vom abgegebenen Erklärungen lassen sich Rückschlüsse auf die ihm eigenen Wertvorstellungen zu, deren Ausnutzung für die Gestaltung der Untersuchungshaft unterbreiten. Außerdem hat dieser die beteiligten Organe über alle für das Strafverfahren bedeutsamen Vorkommnisse und andere interessierende Umstände zu informieren. Soweit zu einigen Anforoerungen, die sich aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit ergebenden Anforderungen für den Untersuchunqshaftvollzuq. Die Aufgabenstellungen für den Untersuchungshaftvollzug des- Staatssicherheit in den achtziger Uahren charakterisieren nachdrücklich die sich daraus ergebenden Aufgaben. Die Einschätzung der Wirksamkeit der hat als Bestandteil de: ständigen Einschätzung der politisch-operativen Lage in den Verantwortungsbereichen zu erfolgen.

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