Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 172

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 172 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 172); nicht besonders schwierig und umfangreich sein dürfte. Im übrigen genügt es, wenn zwischen dem Tage der Zustellung des Eröffnungsbeschlusses und dem der Hauptverhandlung eine Frist von einer Woche liegt (I 217 StPO), da der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens dem Angeklagten zusammen mit der Ladung zugestellt werden kann (§ 215 StPO in der Fassung der VO vom 22. März 1924). Ob etwa ergänzende gesetzliche Bestimmungen für eine Verlängerung der Fristen gemäß Ziff. 16 e der AusfBest. Nr. 3 und § 15 der AusfBest. der Deutschen Verwaltung des Innern in besonders schwierigen und umfangreichen Sachen erforderlich werden, muß einer Prüfung zur gegebenen Zeit Vorbehalten bleiben. Den Eröffnungsbeschluß erläßt die Kammer, bei der die Sache zur Hauptverhandlung kommt, ohne Hinzuziehung von Schöffen. 2. Der Gang der Hauptverhandlung ist in den Ausführungsbestimmungen zum Befehl Nr. 201 nicht näher geregelt. Für ihn sind, soweit sich aus der Eigenart der Verfahren nach der Direktive Nr. 38 nicht Abweichungen erforderlich machen, im allgemeinen die jetzt geltenden Bestimmungen der Strafprozeßordnung maßgebend (Ziff. 5 Abs. 2 der AusfBest. Nr. 3). Die Anklage vertritt im Verfahren erster Instanz der Staatsanwalt, der die Aufsicht über die Untersuchung führt. Er kann sich im Falle seiner Verhinderung nicht durch einen beliebigen anderen Angehörigen der Anklagebehörde, sondern nur durch seinen bestellten Vertreter in Sachen der Direktive Nr. 38 vertreten lassen. Das folgt daraus, daß der Staatsanwalt für diese Art von Verfahren besonders bestellt ist. Auch in zweiter Instanz kann der die Aufsicht über die Untersuchung führende Staatsanwalt die Anträge in der Hauptverhandlung stellen; in der Regel wird jedoch ein für diese Verfahrensart besonders abgeordnetes Mitglied der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht die Anklage im zweiten Rechtswege zu vertreten haben. 3. Die Bestimmungen in Ziff. 16 b und c der AusfBest. Nr. 3 über den Inhalt der Gerichtsurteile sind naturgemäß nicht erschöpfend. Sie werden ergänzt durch die an anderer Stelle dieser Blätter enthaltenen Ausführungen über die materielle Seite der Verfahren aus der Direktive Nr. 38. Hier soll nur auf eine verfahrensmäßige Eigenart eingegangen werden, die sich bei den Urteilen gegen Minderbelastete (Verbrecher der zweiten Stufe) ergibt, denen eine Bewährungsfrist gewährt wird (vgl. Ziff. 16 c und d der AusfBest. Nr. 3). Diese Art der Verurteilung hat eine große Ähnlichkeit mit der bedingten Strafaussetzung im Strafprozeß. Während aber die Strafaussetzung in einem neben dem verurteilenden Erkenntnis zu erlassenden Beschluß angeordnet wird, ergeht die Entscheidung gegen Minderbelastete im Sinne der Direktive Nr. 38, auch soweit sie die Bewährungsfrist und ihre Dauer betrifft, innerhalb des Urteils selbst. Deis Urteil ist kein endgültiges. Bewährt sich der Verurteilte innerhalb der ihm gestellten Frist, so wird er auf Antrag des Staatsanwalts durch einen vom Gericht zu erlassenden Beschluß in die Gruppe der Mitläufer aufgenommen. Ist aber der Verurteilte nach seinem Verhalten während der Bewährungsfrist in eine ihm ungünstigere Gruppe einzureihen, hat das Gericht die Entscheidung auf Grund einer erneuten Anklage aufzuheben. Bei der Neufestsetzung des Strafmaßes werden die auf Grund des ersten Urteils bereits vollstreckten Sühnemaßnahmen allerdings zu berücksichtigen sein (Ziff. 16 d der AusfBest. Nr. 3). 4 4. Einer Erläuterung bedürfen schließlich noch die Vorschriften der Ziff. 18 und 19 der Ausführungsbestimmung Nr. 3 über die Rechtsmittel. Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als seien in Ziff. 18 die dem Staatsanwalt und in Ziff. 19 nur die dem Angeklagten zustehenden Rechtsbehelfe geregelt worden. Dem ist jedoch nicht so. Ziff. 19 enthält für alle Beteiligten die Befugnis zur Einlegung des Rechtsmittels. Zwar gebraucht die zunächst in der Presse veröffentlichte Übersetzung den unscharfen Ausdruck „Berufung“ die „gemäß der Revisionsordnung“ einzulegen ist; in Wirklichkeit ist, wie klargestellt worden ist, das Rechtsmittel der Revision gemeint; die Oberlandesgerichte sind in Strafsachen auch niemals mit der Nachprüfung des tastächlichen Vorbringens befaßt gewesen. Die Worte „gemäß der Revisionsordnung“ sind mithin so zu verstehen, daß das zulässige Rechtsmittel sich nach den Bestimmungen über die Revision, d. h. nach den §§ 337 und 338 der StPO richtet. Im Gegensatz zu Ziff. 19 der AusfBest. Nr. 3, die den Regelfall betrifft, enthält Ziff. 18 die Verpflichtung des Staatsanwalts, gegen das Urteil der großen oder der kleinen Strafkammer „Einspruch“ einzulegen, wenn es den Anforderungen der Direktive Nr. 38 nicht entspricht oder wenn das Gericht gegen Ziff. 16 der AusfBest. Nr. 3 verstoßen hat. Der Ausdruck „Einspruch“, der in der amtlichen deutschen Übersetzung für das russische Wort „Protest“ gewählt worden ist, gibt den Inhalt des vorgesehenen Rechtsmittels nur unvollkommen wieder. Er könnte dahin verstanden werden, daß mit ihm nicht nur die Revision, sondern auch das Rechtsmittel der Kassation gemeint sein sollte. Es erschien zunächst zweifelhaft, ob darin auch die Befugnis enthalten sein sollte, nach Eintritt der Rechtskraft die beanstandete Entscheidung anzufechten. Durch die authentische Erklärung der zuständigen Stelle der Besatzungsmacht ist jedoch klargestellt worden, daß der Einspruch nach Ziff. 18 der AusfBest. Nr. 3 das Rechtsmittel der Revision ist. Gegenüber dem Recht des Staatsanwalts, Revision nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 337 und 338 StPO einzulegen, wie es in Ziff. 19 der AusfBest. Nr. 3 festgelegt worden ist, legt Ziff. 18 dem Staatsanwalt die Pflicht zur Einlegung der Revision auf, wenn die in Ziff. 18. genannten besonderen Voraussetzungen vorliegen. Nachdem in den Ländern der sowjetischen Besatzungszone die den Parlamenten zugeleiteten Entwürfe über die Kassation rechtskräftiger Urteile in Strafsachen zum Gesetz erhoben worden sind, sind die Vorstandsbeamten des Oberlandesgerichts (in Brandenburg nur der Generalstaatsanwalt), auch wenn ein Senat des Oberlandesgerichts bereits über die Revision entschieden hat, befugt, in entsprechender Anwendung des Kassationsgesetzes die KEissation des ergangenen Urteils zu beantragen, über den Kassationsantrag dürfte, da es sich nicht um Strafverfahren im engeren Sinne hEindelt, regelmäßig der für die Aburteilung der unter die Direktive Nr. 38 fallenden Sachen bestimmte besondere Senat zu entscheiden haben. Rechtsfragen zum Befehl Nr. 201 Von Dt. Karl Guski, Dirigent in der Deutschen Justizverwaltung I. Materieller Teil. 1. An die unter der Direktive Nr. 38 des Kontroll-rats fallenden Tatbestände sind Folgen geknüpft, die Maßregeln der Bestrafung, Sicherung und Wiedergutmachung darstellen. In Abschnitt II der Direktive werden diese drei Arten von Maßnahmen unter dem Begriff der Sühnemaßnahmen zusammengefaßt. a) Die Bestrafung steht unter den Sühnemaßnahmen an erster Stelle. Durch diese wird der Schuldige der gerechten Strafe unmittelbar unterworfen. So ist es leicht verständlich, daß unter der Bezeichnung „Bestrafung“ oder „Strafe“ in dem Befehl Nr. 201 und der Ausführungsbestimmung Nr. 3 auch die anderen Sühnemaßnahmen mitverstanden werden (Ziff. 7 des Befehls bzw. Ziff. 16 b der Ausführungsbestimmung). Auch in der Direktive selbst ist die Bestrafung vor den anderen Maßnahmen hervorgehoben. Gelegentlich werden auch hier die anderen Sühnemaßnahmen mit dem Wort „Bestrafung“ mitgemeint, so vor allem in der Überschrift der Direktive. Wenn dagegen andererseits in Abschnitt I Ziff. 3 die Strafen und Sühnemaßnahmen kumulativ nebeneinander angeführt werden, so wird dies nicht im Sinne einer grundsätzlichen Verschiedenheit der beiden Maßnahmen zu verstehen sein, sondern im Sinne einer Betonung der Wichtigkeit der Strafe. In dem Abschnitt II der Direktive, der für die Rechtsprechung die ausschlaggebende Bedeutung hat, sind jedenfalls die Strafen unmißverständlich als Sühnemaßnahmen bezeichnet (vgl. Art. VII ff.). Endzweck aller Sühnemaßnahmen soll die vollständige und endgültige Vernichtung des Nationalsozialis- 172;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die Sachverhaltsklärung nach Gesetz nicht wie eine Befragung im Rahmen der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung erscheint. So kann mit einer im Sicherungsbereich einer aus-. ländischen Botschaft festgestellten Person auf der Grundlage des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Deutschen Volkspolizei, der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze, der Grenzordnung, anderer gesetzlicher Bestimmungen, des Befehls des Ministers des Innern und Chefs der. Deutschen Volkspolizei über den Gewahrsam von Personen und die Unterbringung von Personen in Gewahrsams räumen - Gewahrsamsordnung - Ordnung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zur. In Übereinstimraung mit dem Minister für Staatssicherheit und dem GeneralStaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik, in Abweichung von der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu verhindern. Gleichzeitig ist damit ein mögliches Abstimmen in Bezug auf Aussagen vor dem Gericht mit aller Konsequenz zu unterbinden.

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