Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1947, Seite 101

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Seite 101 (NJ SBZ Dtl. 1947, S. 101); Daß die Schutz-VO noch anwendbar ist, unterliegt keinem Zweifel; auch die allgemeine Rechtsprechung behandelt sie, soweit ersichtlich, als geltendes Recht. Die Schutz-VO gewährt, je nach dem Grade der „Kriegseinwirkung“ auf die betroffene Partei und je nach dem Stadium, in dem sich ihr Prozeß zur Zeit der Einwirkung befand, verschiedenartige Rechtsbehelfe oder Schutzvorschriften: für einen engeren, genau umschriebenen Kreis von „Betroffenen“, die weitestgehende Maßregel, die Unterbrechung des Verfahrens und, falls trotz der Unterbrechung ein Urteil ergangen ist, die Nichtigkeitsklage (Art.l); für einen weiteren Kreis nicht so nahe Betroffener den Anspruch auf Anordnung des Rühens des Verfahrens, falls noch kein Urteil in der Instanz ergangen ist, eine erweiterte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, falls nach dem Eintritt der Kriegseinwirkung ein an sich mit Rechtsmittel oder Einspruch anfechtbares Urteil ergangen ist, die Nichtigkeitsklage, falls das nach diesem Zeitpunkt ergangene Urteil nicht mehr anfechtbar war (Art. 3). Wenn sich nun die abgedruckte Entscheidung trotz der auch von ihr empfundenen Bedenken dazu entschlossen hat, den Beklagten in den engeren Kreis der „Betroffenen“ einzubeziehen, und das frühere Verfahren als noch nicht rechtskräftig erledigt sondern unterbrochen zu betrachten, so war dafür offenbar die Auffassung ursächlich, daß die Rechtsbehelfe des Art. 3 im vorliegenden Falle nicht von Nutzen seien und den Parteien nur durch Anwendung des Art. 1 geholfen werden könne. Jene Bedenken gegen die Anwendung des Art. 1 sind aber gewichtiger, als die Entscheidung zugeben will: nicht so sehr wegen des Umstandes an sich, daß im Wege der Neuinterpretation eine Kategorie von Betroffenen eingeführt wird, die der Nazigesetzgeber zu allerletzt als solche anerkannt hätte gerade hierin liegt die- eingangs begrüßte Absage an den Formalismus wie wegen der unübersehbaren Folgen, die diese Interpretation in zahllosen ähnlich gelagerten Fällen haben muß. Sie bedeutet, daß sämtliche seit dem 1. September 1939 ergangenen Urteile in derartigen Sachen nicht rechtskräftig geworden sind, diese Verfahren vielmehr jederzeit aufgenommen werden können; daß insbesondere alle solchen Eheprozesse noch in der Schwebe sind und eine Konsequenz, die die Entscheidung ausweislich der Schlußsätze offenbar scheut, die aber unabweisbar ist die von den früheren Partnern inzwischen eingegangenen Ehen von vornherein Doppelehen waren und nichtig bleiben, selbst wenn das Verfahren nicht auf genommen wird. Die hieraus drohende Rechtsunsicherheit erscheint so schwer tragbar, daß schon aus rechtspolitischen Erwägungen jener Interpretation des Art. 1 wenigstens so lange nicht näher getreten werden sollte, als in den Fällen der vorliegenden Art auf anderem Wege geholfen werden kann. Es wäre also zu prüfen, ob sich das von der Entscheidung verfolgte Ergebnis nicht schon durch Anwendung des Art. 3 erreichen läßt. Offensichtlich scheidet die Nichtigkeitsklage des Art. 3 Ziff. 3 für die meisten Fälle aus, denn sie kommt wie es die Entscheidung zutreffend auch hinsichtlich der Nichtigkeitsklage des Art. 1 Abs. 7 feststellt -nur da in Frage, wo ein an sich nicht mehr anfechtbares Urteil ergangen war, z. B. also da, wo die Kriegseinwirkung erst in der letzten Instanz einsetzte. Dagegen ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 3 Ziff. 2 m. E. der geeignete Rechtsbehelf. Wenn die oben ausgesprochene Vermutung, der Senat habe ihn nicht für ausreichend gehalten, zutrifft, so war der Grund dafür zweifellos die Annahme, daß die Wiedereinsetzung im Hinblick auf die Fristen des § 234 ZPO im vorliegenden, wie in den meisten hierher gehörenden Fällen versage. Eine solche Annahme dürfte aber auf einer unzureichenden Erschöpfung der Möglichkeiten beruhen, die Art. 3 Ziff. 2 mit der Vorschrift an Hand gibt, daß „die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch gegen die Versäumung solcher Fristen zu gewähren ist, bei denen nach den Verfahrensgesetzen eine Wiedereinsetzung nicht vorgesehen ist“. Es handelt sich in unseren Fällen um 3 Fristen, deren Versäumung in Frage steht: 1. Die Berufungsfrist. Die Wiedereinsetzung gegen diese Versäumung bietet keine Besonderheiten; sie wäre, da das „Kriegsgeschehen“ ein „unabwendbarer Zufall“ auch im Sinne der ZPO ist, auch ohne die Schutz-VO zu bewilligen. 2. Die Zweiwochen-Frist, laufend von der Beseitigung des Hindernisses, zur Stellung des Antrages auf Wiedereinsetzung (§ 231t Abs. 1 ZPO). Hier erhebt sich die Frage nach dem Beginn dieser Frist im konkreten Falle. Wann ist das Hindernis des „Kriegsgeschehens“ als, beseitigt zu erachten? Zweifellos nicht erst mit dem Friedensschluß, aber andererseits nicht schon mit der Beendigung der unmittelbaren Kampfhandlungen. Bei einer im Ausland wohnhaften Partei wird man darauf abzustellen haben, daß sie in der Lage sein muß, alle diejenigen Verbindungen aufzunehmen, deren Abbruch mit dem Kriegsgeschehen in direktem Kausalzusammenhang steht. Sie muß also nicht nwr Kenntnis von dem gegen sie ergangenen Urteil erlangen, sondern Gelegenheit gehabt haben, durch Korrespondenz mit dem Ehegatten Klarheit über die jetzige Lage zu gewinnen und durch Korrespondenz mit einem Rechtsberater in Deutschland sich über die rechtlichen Möglichkeiten zu informieren, die ja von den ihr von früher her bekannten Möglichkeiten grundverschieden, ihr also infolge des Kriegsgeschehens unbekannt sind. Erst wenn der deutsche Prozeßbevollmächtigte innerhalb einer angemessenen Frist seit der Informationserteilung in den Besitz des Auftrages zur Einlegung der Berufung unter Stellung des Wiedereinsetzungsantrages gelangt ist, wird man das Hindernis des Art. 3 Ziff. 2 Schutz-VO als beseitigt ansehen können. Daraus folgt, daß die Frist in den wenigsten der in Rede stehenden Fälle schon zu laufen begonnen haben wird. Gegebenenfalls aber, und das ist die Neuerung der Schutz-VO ist auch gegen die Versäumung dieser Frist die Wiedereinsetzung in den vorigen ßtand möglich. 3. Die dritte in Frage kommende Frist ist die Jahresfrist des § 23If Abs. 3 ZPO, beginnend mit dem Ende der versäumten Berufungsfrist, nach deren Ablauf die Wiedereinsetzung gemäß dem früheren Rechtszustand ausgeschlossen war, gleichgültig, ob das Hindernis noch bestand oder nicht. Diese Frist ist in unseren Fällen stets versäumt, da die Urteile, um deren Anfechtung es sich handelt, nicht später als Anfang 1945 ergangen 'sein können. Obwohl es sich hier um eine Ausschlußfrist handelt, besteht kein Grund, die Vorschrift des Art. 3 Ziff. 2 Schutz-VO nicht auf sie anzuwenden, denn diese spricht ganz allgemein von „Fristen, bei denen nach den Verfahrensgesetzen eine Wiedereinsetzung nicht vorgesehen ist“, ohne zwischen den verschiedenen Arten von Fristen einen Unterschied zu machen. Ja, man wird sogar sagen müssen, daß, wenn anders die Vorschrift eine praktische Bedeutung haben soll, an die Frist des § 234 Abs. 3 ZPO in erster Linie gedacht worden sein muß: im Dezember 1943, als die jetzige Fassung des Art. 3 Schutz-VO in Erweiterung der ursprünglichen Bestimmungen geschaffen wurde (mit rückwirkender Kraft, cf. § 3 der Verordnung zur Ergänzung der Schutz-VO vom 10.12.1943, RGBl. I S. 665), wußte man ja, daß die Fälle, in denen die „Kriegseinwirkung“ zu einer Fristversäumung geführt hatte, bis zu 4 Jahren und länger zuirücklagen. Es wäre sinnlos gewesen, mit der einen Hand die Wiedereinsetzung in solchen Fällen durch die eben zitierte Vorschrift zu gewähren und sie mit der anderen Hand dadurch zu nehmen, daß man gegen die Versäumung der Jahresfrist keine Wiedereinsetzung zuließ. Hiernach kann also die Versäumung der Ausschlußfrist des § 234 Abs. 3 ZPO durch Anwendung des Art. 3 Ziff. 2 Schutz-VO wiedergutgemacht werden. Der in den behandelten Fällen gebotene RecMs-belielf ist: Einlegung der Berufung, verbunden mit einem Anträge auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsfrist und mit einem Anträge auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Jahresfrist (ggf. auch der Zweiwochenfrist) zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages. Die Vorteile dieses Weges gegenüber der vom OLG Gera gewählten Konstruktion liegen auf der Hand. Ein- 101;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Sowjetische Besatzungszone (SBZ) Deutschland], 1. Jahrgang 1947, Deutsche Justizverwaltung (DJV) der Sowjetischen Besatzungszone in Deutschland (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1947. Die Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1947 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1947 auf Seite 264. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 1. Jahrgang 1947 (NJ SBZ Dtl. 1947, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1947, S. 1-264).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der vor Angriffen zu gewährleisten. Deshalb ist in unverminderter Schärfe das subversive Wirken des Gegners sozialistischen Staat und seine Machtorgane, gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung und ihrer weltanschaulichen Grund- läge, dem Marxismus-Leninismuse Feindliche Einstellungen bringen die innere Bereitschaft zu einem Handeln zum Ausdruck, das offen oder verdeckt dem Ziel dient, die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung, verherrlichten den Faschismus, beschädigten sozialistisches Eigentum und begingen weitere Handlungen, Tätlichkeiten gegen die DVP. Darunter befinden sich Strafgefangene, die Hetzlosungen in den anbrachten. Straftaten zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem ungesetzlichen Verlassen der staatsfeindliehen Menschenhandel sowie die sich daraus ergebenden Veränderungen im Befehl, den Anlagen und DurchführungsbeStimmungen zum Befehl,ist von der in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Dresden, Magdeburg und Potsdam bereits und in der Abteilung der Berlin erfahrene Mitarbeiter für zentrale -Leitung der Arbeit mit eingesetzt.

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