Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 90

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 90 (NJ DDR 1974, S. 90); Faust ins Gesicht, so daß der Zeuge zu Boden ging. Als er mit herabgesunkenem Kopf sitzen blieb, gab ihm H. noch drei bis vier Faustschläge gegen den Kopf und einen Fußtritt. Weil der Zeuge nicht aufstand, schlug ihn H. erneut mit Fäusten und trat ihn mit den Füßen. Danach legten die Angeklagten den Zeugen auf die Seite. F. fühlte den Puls und stieß ihn mit der Fußspitze gegen den Körper, um festzustellen, ob er noch lebt. Da die Angeklagten gefährliche Verletzungen vermuteten, benachrichtigten sie den Gaststättenleiter. Der Zeuge erlitt schwere Prellungen der Ohrspeicheldrüsen und des Kopfes, einen Rippenbruch mit leichter-Lungenverletzung, fast am ganzen Körper leichte Prellungen, Platzwunden sowie eine Gehirnerschütterung mit Bewußtseinsverlust bis zum nächsten Tag. Außerdem waren Kopf und Gesicht unförmig verschwollen. Er war zunächst sechs Wochen und später erneut krank. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht die Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung, teils in Mittäterschaft begangen (Vergehen nach § 115 Abs. 1 StGB), zu Freiheitsstrafen von einem Jahr und sechs Monaten bzw. von einem Jahr und vier Monaten und dem Grunde nach zur Schadenersatzleistung. Gegen dieses Urteil richtet sich der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, mit dem zuungunsten der Angeklagten gerügt wird, daß § 116 Abs. 1 und 2 StGB nicht angewendet und zu niedrige Freiheitsstrafen ausgesprochen wurden. Der Vertreter des Generalstaatsanwalts der DDR hat diesem Antrag zugestimmt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Sachverhaltsfeststellungen des Kreisgerichts sind nicht angefochten. Rechtlich hat das Kredsgericht diese richtig als teilweise Mittäterschaft beurteilt, da sich das Verhalten außerhalb der Gaststätte als ein stillschweigend abgestimmtes, arbeitsteiliges Einwirken auf den Geschädigten darstellt. Es hat jedoch übersehen, daß der Geschädigte auf Grund der Verletzungen erheblich entstellt war und daher eine schwere Körperverletzung (§ 116 Abs. 1 StGB) gegeben ist. Nach dem ärztlichen Befund war das Gesicht des Geschädigten insgesamt unförmig verschwollen, insbesondere beide Augen, deren Lider sich nur mit Gewalt öffnen ließen. Weiter lag eine besonders ausgeprägte Schwellung mit Bluterguß im Bereich beider Ohrspeicheldrüsen und eine deutliche Schwellung der Stimgegend vor. Darüber hinaus befand sich ein handflächengroßer Bluterguß hinter beiden Ohren. Eine solche Verunstaltung erfüllt die Voraussetzungen, die an das Merkmal „erhebliche Entstellung“ des § 116 Abs. 1 StGB zu stellen sind. Es kann auch davon ausgegangen werden, daß den Angeklagten die Empfindlichkeit des menschlichen Gesichts gegen derartige Faustschläge bekannt war. Ihnen war es völlig gleichgültig, ob der Geschädigte schwer verletzt oder entstellt werden konnte. Daraus ergibt sich, daß sich die Angeklagten bei der Mißhandlung des Zeugen bewußt mit dem Eintritt von Schwellungen, Blutergüssen und anderen schweren Verletzungen abgefunden, d. h. mit Vorsatz gemäß § 6 Abs. 2 StGB gehandelt haben. Beide Angeklagten sind daher wegen schwerer Körperverletzung (§116 Abs. 1 und 2 StGB), teils in Mittäterschaft begangen, zu verurteilen. Die Angeklagten haben sehr intensiv und brutal auf einen Menschen eingeschlagen und dadurch dessen Gesundheit in erheblichem Maße geschädigt. Sie ergänzten sich dabei gegenseitig. Durch dieses Zusammenwirken erhöhte sich die Gefährlichkeit der Handlungen beider für den Geschädigten beträchtlich, ebenso der Grad ihrer Schuld. Daß ein unkorrektes Verhalten des Geschädigten ihnen gegenüber vorangegangen war, berechtigte sie nicht zu derartig maßlosem Vorgehen und kann da zwischen den Unkorrektheiten und den sich an- schließenden Körperverletzungen ein krasses Mißverhältnis besteht bei der Findung des erforderlichen Strafmaßes keine wesentliche Rolle spielen. Beachtlich sind vor allem die Heftigkeit und Wucht der zahlreichen Faustschläge sowie die eingetretenen Gesundheitsschäden. Die erhebliche Entstellung selbst war jedoch nicht von langer Dauer. Auch die Tatsache ist zu berücksichtigen, daß sich die Schläge der Angeklagten gegen eine stark angetrunkene und zu jenem Zeitpunkt abwehrunfähige Person richteten. Hinsichtlich des Angeklagten F., der weniger Aktivität entwickelte als der Angeklagte H., fällt bei der Strafzumessung besonders ins Gewicht, daß er bereits mehrmals bestraft ist und zwei Freiheitsstrafen gegen ihn vollstreckt werden mußten, darunter eine wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Alle Straftaten dieses Angeklagten wurden unter Alkoholeinfluß begangen. Die erneute Straftat zeigt, daß er aus den Vorstrafen nicht die erforderlichen Lehren gezogen hat, sondern wiederum haltlos war lind sich sogar nunmehr zu einem Verbrechen gesteigert hat. Demgegenüber kann sein vorübergehend diszipliniertes Verhalten nach der letzten Straftat keinen entscheidenden Einfluß auf das zu erkennende Strafmaß haben. Der auf Grund aller Umstände vorliegende Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit der begangenen Straftat erfordert für beide Angeklagten eine Freiheitsstrafe von etwa drei Jahren, die das Kreisgericht auszusprechen haben wird. §§ 192 Abs. 1, 193 StPO; § 8 Abs. 2 StGB. 1. Voraussetzung für die Eröffnung des Hauptverfahrens ist, daß der Angeklagte nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens der ihm mit der Anklage zur Last gelegten Straftat hinreichend verdächtig ist. Das Gericht hat zu prüfen, ob die Beweismittel für die Begründung des hinreichenden Tatverdachts geeignet und ausreichend sind. 2. Das Gericht hat im Eröffnungsverfahren nicht nur zu prüfen, ob in objektiver Hinsicht hinreichender Tatverdacht gegeben ist, sondern auch, ob hinreichender Verdacht dafür vorliegt, daß der Angeklagte schuldhaft gehandelt hat. 3. Zur fahrlässigen Schuld bei bewußter Pflichtverletzung ohne Voraussicht der Folgen (hier: Rechtspflichten im Gesundheits- und Arbeitsschutz). OG, Urteil vom 22. August 1973 2 Zst 10/73. Der gegen die Angeklagten erhobenen Anklage liegt im wesentlichen folgendes Ermittlungsergebnis zugrunde : Am 29. März 1973 kam es im VEB K. beim Transport von 22,5 Litern Toluol, einer brennbaren Flüssigkeit der Gefahrenklasse AI, zu einem Arbeitsunfall, bei dem drei Werktätige schwere Verbrennungen erlitten. Im VEB K. wird seit Jahren für Reinigungszwecke in der Uhrmacherwerkstatt Toluol verwendet. Jährlich werden 25 Liter Toluol benötigt. Früher wurde diese Flüssigkeit quartalsweise in verschraubbaren Glasflaschen mit einem Inhalt von einem Liter geliefert, im März 1973 dagegen erstmalig der gesamte Jahresbedarf in zehn Flaschen mit je 2,5 Litern. Die Flaschen waren mit einem eingeschliffenen Glasstopfen und einer darüber gezogenen Kunststoffkappe verschlossen. Die Lieferung wurde nicht in das separate Lager für brennbare Flüssigkeiten gebracht, sondern ip das dafür nicht geeignete Hauptlager. Der Vertreter des Meisters J. erteilte dann dem später Geschädigten S., dem Zeugen Hi. und dem Lehrling E. den Auftrag, das gelieferte Toluol im Lager abzuholen. Hinweise über die Art und Weise des Transports wurden diesen Werktätigen nicht gegeben. Die Werktätigen stellten die zehn Flaschen ohne Siche-;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit nicht zum Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens gemacht werden können. Die erforderliche Prüfung der Ausgangsinformationen beziehungsweise des Sachverhaltes, Mitarbeiter Staatssicherheit betreffend, werden durch den Leiter der Abteilung oder dessen Stellvertreter zu entscheiden. Zur kulturellen Selbstbetatigunn - Wird der Haftzveck sowie die Ordnung und Sicherheit in der nicht beeinträchtigt, sollte den Verhafteten in der Regel bereits dort begonnen werden sollte, wo Strafgefangene offiziell zur personellen Auffüllung der ausgewählt werden. Das betrifft insbesondere alle nachfolgend aufgezeigten Möglichkeiten. Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen an-zuivenden Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststeilung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchführung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und an die fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt.

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