Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1961, Seite 362

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 362 (NJ DDR 1961, S. 362); dZcGktsy)?ccku.H.Q Strafrecht § 139 a StGB. Die sich auf die TatbestandsmäBigkeit eines anderen, vom Angeklagten aber nicht verletzten Strafgesetzes beziehenden Umstände dürfen bei der Bewertung seines strafbaren Verhaltens nicht herangezogen werden. OG, Urt. vom 28. März 19fil - 3 Zst II 2,61. Mit Urteil des Kreisgerichts ist der Angeklagte wegen Verkehrsunfallflucht (§ 139 a StGB) zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Dieser Entscheidung liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde. Der 24jährige Angeklagte befuhr am 12. September 1960 gegen 22 Uhr, von G. kommend, mit seiner Ehefrau auf einem Motorrad die Autobahn zwischen G. und R., dje teilweise nur einbahnig befahrbar ist. Am Kilometerstein'5 wurde er von einem ihm entgegenkommenden Pkw geblendet, so daß er eine Person, die in diesem Augenblick die Fahrbahn von der linken Seite betrat, erst bemerkte, als er nicht mehr ausweichen konnte. Der Angeklagte prallte mit dieser Person dem 81jährigen Bürger M. zusammen und riß sie zu Boden; M. erlitt schwere innere Verletzungen, die zum sofortigen Tode führten. Der Angeklagte geriet mit seinem Motorrad ins Schleudern und stürzte die Böschung an der rechten Fahrbahnkante hinunter, wobei seine Ehefrau größere Verletzungen erlitt. Der Angeklagte zog den Verunglückten von der Fahrbahn auf die Böschung. Aus Furcht vor etwaigen Folgen entfernte er sich danach mit seiner Ehefrau vom Unfallort, ohne den staatlichen Organen Mitteilung von dem Unfallgeschehen zu machen. Zwei Tage später, am Morgen des 14. September 1960, stellte er sich der Volkspolizei und trug zur Klärung des Sachverhalts bei. Bereits im Ergebnis der Ermittlungen wurde festgestellt, daß der Angeklagte den Unfall nicht verursacht hatte. Bei der Bewertung des Verhaltens des Angeklagten hat das Kreisgericht einen die Gesellschaftsschädlichkeit erhöhenden Umstand darin erblickt, daß der Angeklagte den Verunglückten liegen ließ, obwohl er nicht in der Lage war, dessen Tod festzustellen. Ferner hat es die freiwillige Stellung des Angeklagten bei der Volkspolizei dahingehend gewürdigt, daß die Ermittlungen ohnehin fast abgeschlossen gewesen seien und er auch erst die volle Wahrheit bei der Rekonstruktion des Unfallgeschehens gesagt habe. Der Präsident des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation des Urteils des Kreisgerichts zugunsten des Angeklagten im Strafausspruch beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die dem Urteil des Kreisgerichts zugrunde liegenden Feststellungen und die rechtliche Beurteilung werden mit dem Kassationsantrag nicht angegriffen; von ihnen ist auszugehen. Dem Kassationsantrag ist darin beizupflichten, daß der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit einer strafbaren Handlung sich danach bestimmt, in welchem Umfang und mit welcher Intensität der Täter das vom verletzten Gesetz konkret geschützte Objekt angegriffen hat und welche schädlichen Folgen dadurch entstanden sind oder eintreten konnten. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte, indem er sich vom Unfallort entfernte, ohne die zuständigen staatlichen Organe über das Unfallgeschehen und seine Beteiligung daran zu informieren, die Tätigkeit der Verkehrspolizei bei der Aufdeckung des Unfallhergangs erschwert. Er konnte deshalb wie auch das Kreisgericht erkannt hat nur wegen dieser die öffentliche Ordnung verletzenden Handlung und der unmittelbar damit in Zusammenhang stehenden Folgen zur Verantwortung gezogen weiden. Nach den Feststellungen des Kreisgerichts, die insoweit auf dem Ergebnis der Rekonstruktion des Unfallhergangs und der Sektion des tödlich Verunglückten beruhen, steht fest, daß der Angeklagte den Unfall nicht verursacht hat sowie daß M. infolge der erlittenen inneren Verletzungen Herzrisse sofort tot gewesen ist: eine Hilfeleistung gegenüber dem tödlich Verletzten war daher weder durch den Angeklagten noch durch dritte Personen z. B. auch nicht durch einen Arzt möglich und erforderlich. Der Angeklagte hat demzufolge nicht gegen die sich aus § 330 c StGB ergebende Verpflichtung, Unfallverletzten sofortige Hilfe zu leisten, verstoßen. Er hat jedoch auch nicht gegen die sich aus dieser gesetzlichen Bestimmung ergebenden, über die Hilfeleistung für Unfallverletzte Personen hinau.sgehenden Pflichten zur Abwendung weiterer sich aus einem Unfall ergebender Gefahren für andere Personen oder Sachen verstoßen, wie sie im Urteil des Obersten Gerichts vom 4. März 1960 3 Ust V 1/59 (NJ 1960 S. 284) angeführt worden sind, weil er den tödlich Verletzten von der Fahrbahn entfernt und somit jegliche Gefahrenherde für den nachfolgenden Verkehr beseitigt hat, so daß er richtigerweise nicht wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und verurteilt worden ist. Das Urteil des Kreisgerichts ist daher insofern fehler haft, als es bei der Bewertung der gemäß § 139 a StGB strafbaren Handlung des Angeklagten erschwerend Umstände in Betracht gezogen hat, die sich auf die Tatbestandsmäßigkeit eines anderen, vom Angeklagten aber nicht verletzten Gesetzes beziehen. Der Umstand, daß der Angeklagte den Verunglückten neben der Fahrbahn liegen ließ, obwohl er nicht wußte, ob Hilfe noch möglich war, ist zwar moralisch zu mißbilligen; er muß jedoch bei der Einschätzung des Grades der Gesellschaftsschädlichkeit der Straftat der Fahrerflucht gemäß § 139 a StGB und der danach zu bemessenden Höhe der Freiheitsstrafe außer Betracht bleiben. Der Bewertung der strafbaren Handlung des Ange-' klagten durfte daher nur das Ausmaß der Beeinträchtigung der Tätigkeit der Verkehrspolizei bei der Aufklärung des Unfalls zugrunde gelegt werden, wobei allerdings auch unmittelbar damit im Zusammenhang stehende, in der Person des Angeklagten liegende und vom Kreisgericht auch festgestellte Umstände nicht außer Betracht bleiben durften. So steht objektiv fest, daß der Angeklagte sich zwei Tage nach dem Unfall; und zwar noch ehe die Aufklärung des Unfallhergangs abgeschlossen war, der Volkspolizei stellte und dadurch mit zur restlosen und schnellen Aufklärung der Unfail-ursache beigetragen hat. Diesem Umstand hat das Kreisgericht jedoch keine Bedeutung beigemessen, sondern ihn damit abgetan, daß die Ermittlungen ohnehin fast abgeschlossen gewesen seien und der Angeklagte im übrigen erst bei der Rekonstruktion des Unfallherganges die volle Wahrheit offenbart habe. Dieses Verhalten ist jedoch bedeutsam für die Bemessung der gegen ihn zu verhängenden Freiheitsstrafe. Darin kommt zum Ausdruck, daß der Angeklagte sein am Unfalltage gezeigtes falsches Verhalten und sei es auch bedingt durch äußere Umstände erkannt und daraus Schlußfolgerungen gezogen hat. Ferner war zu beachten, daß der Angeklagte sich zu den gesellschaftlichen Interessen nicht gleichgültig verhalten hat. So hat er, obwohl er bis kurz vor seiner Verhaftung in dieser Sache in einem Arbeitsrechtsverhältnis in Westberlin stand, den Angaben des Bürgermeisters von R. und des zuständigen Abschnittsbevollmächtigten der Volkspolizei zufolge, aktiv im Nationalen Aufbauwerk mitgearbeitet, sich während seines Urlaubs an Ernteeinsätzen in der LPG beteiligt und auch in der BSG Traktor gute Arbeit geleistet. Diese 362;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 362 (NJ DDR 1961, S. 362) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Seite 362 (NJ DDR 1961, S. 362)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 15. Jahrgang 1961, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1961. Die Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1961 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1961 auf Seite 864. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 15. Jahrgang 1961 (NJ DDR 1961, Nr. 1-24 v. 5.Jan.-Dez. 1961, S. 1-864).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Gesetzeskenntnis, auch auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts. Dazu gehört, sich immer wieder von neuem Gewißheit über die Gesetzlichkeit des eigenen Vorgehens im Prozeß der Beweisführung während der operativen und untersuchungsmäßigen Bearbeitung von feindlichen Angriffen und Straftaten der schweren allgemeinen Kriminalität gegen die Volkswirtschaft der Potsdam, Juristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Rechtliche Voraussetzungen und praktische Anforderungen bei der Suche und Sicherung strafprozessual zulässiger Beweismittel während der Bearbeitung und beim Abschluß Operativer Vorgänge sowie der Vorkommnisuntersuchung durch die Linie Untersuchung zu treffenden Entscheidungen herbeizuführen, bringen Zeitverluste, können zu rechtlichen Entscheidungen führen, die mit der einheitlichen Rechtsanwendung im Widerspruch stehen, und tragen nicht dazu bei, eine wirksame vorbeugende Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung aller subversiven Angriffe des Feindes. Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Lösung dieser Hauptaufgabe ist die ständige Qualifizierung der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge umgesetzt werden. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader haben durch eine verstärkte persönliche Anleitung und Kontrolle vor allen zu gewährleisten, daß hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Besuchsgenehmigung und -den Termin des ersten Besuches Vertvaf.t.et. mit ihren vFamilienangehörigen vade rvnahes tehen-den Personen erteilt der Staatsanwalt das Gericht.

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