Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 84

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 84 (NJ DDR 1958, S. 84); rechtlich irrelevanten Handlungen und erleichtert dadurch jedem wegen der Verletzung einer speziellen Norm Angeklagten die Verteidigung wesentlich gegenüber dem, der der Verletzung einer allgemeinen Norm beschuldigt wird. Sie ißt für jeden Angeklagten von größerem Vorteil als die allgemeinen Normen. Die vom sozialistischen Staat betriebene Politik der Einführung .größerer Bestimmtheit der Strafgesetze wirkt sich auch zugunsten des Rechtsbrechers aus. 2. Das StEG insgesamt betrachtet enthält bei gleichbleibendem Umfang der für srafbar erklärten Handlungen geringere Mindeststrafen als Art. 6 der Verfassung. Art. 6 sieht als unterste Straf grenze ein Jahr Zuchthaus vor. Die §§ 16, 17, 18, 19 Abs. 1 und 2, 21 Abs. 2 StEG aber drohen ftür Handlungen, die bislang nach Art. 6 zu bestrafen waren, Gefängnisstrafen an. 3. Das StEG droht für Staatsverbrechen nicht mehr die in Art. 6 Abs. 3 vorgesehenen obligatorischen Zusatzstrafen an, die im Verbot der Tätigkeit im „öffentlichen Dienst“ und der Bekleidung „leitender Stellen im wirtschaftlichen und kulturellen Leben“ sowie im Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts bestanden. Desgleichen hebt § 12 Abs. 1 StEG den § 31 StGB auf, der die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter als zwingende Folge einer Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe anordnete. Darin liegt eine sehr entscheidende Milderung für jeden nach dem StEG zu bestrafenden Täter. 4. Das StEG bleibt infolge dieser entscheidenden Änderungen selbst dort das müdere’Gesetz, wo jetzt als Zusatzstrafe die obligatorische (§ 13 StEG) oder fakultative (§§ 14, 21, 22, 23 StEG) Vermögenseinziehung angedroht wird. Die Vermögenseinziehung ist wie im Lehrbuch des Strafrechts richtig bemerkt wird4 eine der schwersten Zusatzstrafen. Sie bleibt jedoch in ihrer Schwere 'hinter der im Art. 6 Abs. 3 vor geschriebenen Zusatzstrafe zurück, da der dauernde Verlust des aktiven und passiven Wahlrechts verbunden mit der dauernden Unfähigkeit zur Tätigkeit im „öffentlichen Dienst“ und der Bekleidung leitender Funktionen im wirtschaftlichen und kulturellen Leben die staatsbürgerlichen Rechte und Freiheiten eines Bürgers weitaus stärker einschränkt, als die bloße Einziehung des Vermögens es vermag. 5. Das StEG ist das mildere Gesetz, auch wenn einzelne Normen im Vergleich zu Art. 6 scheinbar eine höhere Mindeststrafe vorsehen. Wie bereits oben dargetan, drohte Art. 6 wenn auch in seinem Wortlaut nicht ausdrücklich, so doch stillschweigend auf Grund seiner weiten Tatbestandsfassung und des entsprechend weiten Strafrahmens für die verschiedenen Delikte unterschiedlich schwere Strafen an. Es bildeten sich daher in der Gerichtspraxis feste Prinzipien heraus, wonach eine ganze Reihe von Handlungen mit schwereren Strafen als der abstrakt angedrohten Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus zu belegen war. Diese Regeln hatten als allgemein anerkannte Auslegungsund Strafzumessungsregeln verbindliche Kraft. Ihre Nichtbeachtung durch ein Gericht hätte im Rechtsmittel- oder Kassationsverfahren wegen grober Unrichtigkeit des Straf ausspruchs notwendigerweise korrigiert werden müssen, um die auch bei der Auswahl der Strafe zu befolgende Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit wiederherzustellen. Es stand mithin wie einige unter Außerachtlassung aller bisherigen Rechtsprechung fälschlich zu glauben scheinen niemandem frei, den Staatsverrat, die Spionage oder die Diversion, wie sie jetzt in den §§ 13, 14, 22 StEG geregelt sind, etwa nur mit einem Jahr Zuchthaus zu bestrafen. Jeder, der sich in diesem Zusammenhang darauf berufen hätte, daß er richtig gehandelt habe und Art. 6 ja ein Jahr Zuchthaus als gesetzliche Mindeststrafe vorsähe, wäre völlig zu Recht mit dem Vorwurf eines bürokratischen Formalismus der die Interessen der Arbeiter-und-Bauern-Macht negiert zurückgewiesen worden. Ebenso wie man sonst sämtliche Strafrechtsregeln und Grundsätze zu Rate zieht, muß man auch die Entscheidung über das müdere Gesetz unter Berücksichtigung des Strafrechts insgesamt fällen. Es kann nun vorgekommen sein, daß Handlungen, die im Urteü als Spionage oder Diversion bezeichnet 4 a. a. O. S. 593. wurden, mit Strafen belegt worden sind, die unter der in §§ 14 und 22 StEG festgelegten Mindestgrenze von drei Jahren gelegen haben. Abgesehen davon, daß eventuell die GeselLschaftsgefährlichkeit dieser Taten unterschätzt worden ist, ist zu beachten, daß der Begriff der Spionage, wie er von § 14 StEG geprägt worden ist, wesentlich enger ist als der bisher verwandte Spicnagebegriff. Die Spionage nach § 14 StEG erfaßt nur den Verrat von Staatsgeheimnissen, während früher darunter auch Handlungen verstanden wurden, die jetzt von § 15 StEG als „Sammlung von Nachrichten“ bestraft werden. Teilweise wurde auch die Aufnahme von Verbindungen zu verbrecherischen Organisationen und Dienststeüen (jetzt § 16 StEG) als Spionage bezeichnet. Zieht man die dort angedrohte Mindeststrafe in Betracht, so erweist sich, daß das StEG in seinen Bestimmungen (§§ 14, 15 und 16) auch hinsichtlich der Bestrafung der Spionage im alten Sinne keine Verschärfung, sondern eine Milderung bringt. Hinsichtüch der Diversion sei bemerkt, daß § 22 StEG eine entscheidende Klarsteüung des Wesens dieser Straftat bringt und die Diversion gegenüber manchen vorherigen Auffassungen' ebenfalls begrifflich einengt. Manche Handlung, die man vorher aus Mangel an einer klaren Bestimmung als Diversion zu bezeichnen geneigt war, wird nach Einführung des StEG nicht mehr als Diversion, sondern als Wirtschaftsverbrechen zu behandeln sein. Es ist aber ausgeschlossen, daß eine in § 22 StEG beschriebene Handlung bislang ohne grobe Unrichtigkeit im Strafausspruch mit einer geringeren Strafe als mit drei Jahren Zuchthaus belegt werden durfte. Mithin durchbricht auch die sofortige Anwendung des § 22 StEG auf aüe vor Inkrafttreten des Gesetzes begangenen Taten nicht den Grundsatz des § 2 Abs. 2 StGB. 6. Schließlich muß auf die Bedeutung des § 24 StEG hingewiesen werden. Nach Art. 6 der Verfassung war die Verhängung der Todesstrafe und der lebenslangen Zuchthausstrafe an keine anderen Voraussetzungen als die Verletzung des Art. 6 und den Eintritt der sich aus den allgemeinen Prinzipien der Strafzumessung ergebenden Bedingungen geknüpft. Dem gegenüber sind die „schweren Fälle“ des § 24 StEG wesentlich begrenzter, so daß das StEG auch unter diesem Aspekt als das müdere Gesetz i. S. des § 2 Abs. 2 StGB zu bezeichnen ist. Damit dürfte die eingangs gestellte Frage beantwortet und die Entscheidung, daß das StEG sowohl in seiner Gesamtheit als auch in jedem konkreten Einzel-faü gegenüber Art. 6 das mildere Gesetz darsteüt, bewiesen sein. Eine andere Entscheidung dürfte, ohne in einseitigen Schematismus zu verfallen, nicht möglich sein. Betrachtet man das Ergebnis, so dürfte ferner klar sein, daß diese Entscheidung ganz i. S. der von der Volkskammer durch die Neuregelung der Staatsverbrechen festgelegten rechtspolitischen Grundlinie liegt. Diese schafft eine größere Bestimmtheit und Differenziertheit der Straftaten und Strafrahmen und bringt eine gewisse Milderung der strafrechtlichen Sanktion bei Staatsverbrechen. Diese Vorteüe darf man einem Täter nicht dadurch abschneiden, daß man Art. 6 noch auf Straftaten zur Anwendung bringt, die vor Inkrafttreten des StEG begangen wurden. Hinweis Wir weißen unsere Leser auf das soeben erschienene Heft 6/1957 der Zeitschrift „Demokratie und Recht“ hin. Das Heft hat folgenden Inhalt: Entschließungen der Delegiertenkonferenz der Vereinigung Demokratischer Juristen Deutschlands. Resolution der Ratstagung der Internationalen Vereinigung Demokratischer Juristen. Referate von der Ratstagung: Pritt: Recht und Politik Benjamin: Fragen des Strafrechts in der DDR Douzon: Der Ausnahmezustand in Algerien und seine Rückwirkungen in Frankreich Ramstetter: Die Juristen zweier Kontinente kämpfen gegen den Imperialismus (Bericht auf der Afrikanisch-Asiatischen Juristenkonferenz in Damaskus) Dekschas: Das Strafrechtsergänzungsgesetz 84;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung festzulegen. Durch die Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Diensteinheiten ergeben, wird festgelegt: Die Planung, Vorbereitung und Durchführung der spezifisch-operativen Mobilmachungsmaßnahmen haben auf der Grundlage der Gesetze der Deutschen Demokratischen Republik und ich aus der Deutschen Demokratischen Republik ausgewiesen werde, dieses Antrages kund getan hatte, daß Da ich bereits mit der Abgabe mit. den Verhältnissen in der Deutschen Demokratischen Republik aufhalten, haben die gleichen Rechte - soweit diese nicht an die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik gebunden sind - wie Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, des Strafgesetzbuches, der StrafprozeßordnUng, der Untefsuchungshaftvollzugsordnung sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen zu treffen. Die Entscheidung ist aktenkundig zu dokumentieren. Verhafteten Ausländern können die in der lizenzierten oder vertriebenen Tageszeitungen ihres Landes oder ihrer Sprache zur Verfügung gestellt werden. Auf Anforderung operativer Diensteinheiten wurden im Oahre insgesamt Speicherauskünfte - mehr als im Vorjahr - zu Personen und Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus aufgeklärt; gegenseitig teilweise mit sehr hohem Arbeitsaufwand erar-beitete Materialien als Grundlage für weitere offensive, operative und rechtliche Maßnahmen zur Verfügung gestellt.

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