Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1958, Seite 384

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 384 (NJ DDR 1958, S. 384); Die erste Frage, die hier auf taucht, ist: Welche besonderen Erziehungspflichten hat denn hier das Bezirksgericht angeordnet? Es ist doch gerade in diesem Fall anzunehmen, daß die Eltern sich sowieso in Zukunft um eine besonders gewissenhafte Erziehung und Beaufsichtigung ihres Sohnes bemühen werden. Beruhte aber die Verfehlung des Jugendlichen überhaupt auf mangelhafter Erziehung und Beaufsichtigung durch die Eltern? Doch offensichtlich nicht. Es ist klar, daß sie ihren Sohn auch in Zukunft nicht auf seiner Lehrstelle beaufsichtigen können, obwohl sie für eine künftige besonders gewissenhafte Beaufsichtigung nach dem Urteil des Bezirksgerichts zu sorgen haben. Vielleicht wäre es wirkungsvoller gewesen, im Lehrbetrieb des Jugendlichen einen Schutzaufsichtshelfer zu gewinnen, der mit dem Vater auch auf politischer Ebene Kontakt hat. Im Grunde haben doch nicht die Eltern, sondern die Berufsausbilder des Jugendlichen versagt, die ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind bzw. den Jugendlichen nach den Feststellungen des Bezirksgerichts sogar zu seiner Verfehlung veran-laßten! Oder beruhte die Verfehlung des Jugendlichen allein darauf, daß er zu wenig Taschengeld bekam? Abgesehen davon, daß es Jugendliche gibt, die gar kein Taschengeld bekommen und trotzdem nicht stehlen, hat doch der Jugendliche R. mehr gestohlen, als er zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gebrauchte, denn er verschenkte ja noch einen Teil der gestohlenen Genußmittel. Selbst wenn er jetzt von seinem Vater mehr Taschengeld bekommt, schließt das nicht aus, daß er abermals stiehlt. Es. ist zwar richtig, wenn das Bezirksgericht kritisiert, daß der Vater den Jungen ab und zu geschlagen hat, nur ist kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Schlägen des Vaters und der Verfehlung des Sohnes zu erkennen. Eine Voraussetzung für die Anordnung der Familienerziehung ist die konkrete Feststellung, daß die Verfehlung des Jugendlichen überhaupt auf Erziehungsfehlern oder Außerachtlassung bestimmter Erziehungspflichten beruht. Jedoch wird der Erfolg der angeordneten Familienerziehung sehr zweifelhaft sein, wenn der Jugendliche schon über 16 oder gar über 17 Jahre alt ist. Natürlich ist eine weitere Voraussetzung der Anordnung der Familienerziehung, daß die Eltern überhaupt fähig waren und in Zukunft fähig sein werden, die Erziehung des Jugendlichen zu gewährleisten. Dabei darf man aber nicht verkennen, daß das erzieherische Versagen der Eltern zwar häufig eine Ursache der Straffälligkeit eines Jugendlichen sein kann, aber in der Regel eben auch nur eine, weshalb wir uns hüten sollten, sie isoliert von allen anderen mitwirkenden Ursachen zu sehen. Auch die Schutzaufsicht wurde in der Rechtsprechung unserer Jugendstrafkammer nur in wenigen Fällen angewendet, und zwar dann, wenn der Jugendliche auf sich allein angewiesen war oder die Mutter als alleinstehende Frau dies anregte. Im allgemeinen kann man die Schutzaufsicht nur bei einem Jugendlichen anordnen, der, obgleich er auf seine Eltern nicht hört, im Grunde genommen doch leicht lenkbar und beeinflußbar ist im positiven wie im negativen Sinne ; wenn er über das 16. oder 17. Lebensjahr hinaus ist, zumeist nur noch dann, wenn er zu den Spätreifenden gehört und wir deshalb auch seine strafrechtliche Verantwortungsreife verneinen. Gerade in den Fällen, in denen die Verantwortungsreife verneint wird, auch keine sehr schwere Verfehlung und keine grobe Fehlentwicklung des Jugendlichen vorliegen, kann, wenn auch alle sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, die Schutzaufsicht die voraussichtlich wirksamste und nachhaltigste Erziehungsmaßnahme sein. Eine weitere wesentliche Voraussetzung der Schutzaufsicht besteht darin, daß der oder die Erziehungsberechtigten überhaupt bereit sind, mit dem Schutzaufsichtshelfer zusammenzuarbeiten, sich seinen erzieherischen Maßnahmen oder Empfehlungen anzuschließen oder sie zu befolgen. Das ist häufig nicht der Fall. Die Vertreter des Referats Jugendhilfe/Heimerziehung berichten häufig genug, wie schwer es ist, den Eltern straffällig gewordener Jugendlicher mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihnen begreiflich zu machen, daß es sich bei der Verfehlung des Jugendlichen um mehr als eine „Jugendeselei“, um mehr als einen „Dummenjungenstreich“ gehandelt hat. Wenn es aber an der inneren Bereitschaft der Eltern fehlt, mit einem Schutzaufsichtshelfer- zusammenzuarbeiten, dann kann auch die Anordnung der Schutzaufsicht keinen Erfolg bringen. Neben der Eignung des Schutzaufsichtshelfers, die natürlich eine ausschlaggebende Rolle spielt, kommt es auch darauf an. daß er schon räumlich die Möglichkeiten hat, seine vielseitigen Aufgaben zu erfüllen. „Er hat ständig die Verbindung zum Jugendlichen, zum Elternhaus, zur Arbeitsstelle, Berufsschule usw. zu unterhalten und auch die Freizeitgestaltung sowie den Umgang zu überwachen“11. Dies setzt voraus, daß er mit dem Jugendlichen am gleichen oder eng benachbarten Ort wohnt und arbeitet. Eben deshalb suchen wir, wie bereits erwähnt, in allen Orten und Betrieben unseres Kreises fortschrittliche Menschen, die als Jugendbeistände auftreten können und gegebenenfalls auch bereit und fähig sind, als Schutzaufsichtshelfer den Jugendlichen im sozialistischen Sinne anzuleiten und zu beaufsichtigen. Zur Frage der Anordnung der Heimerziehung sei zunächst stichwortartig ein von Fräbel11 12 angeführtes Beispiel wiedergegeben: Gegen einen 15jährigen wurden wegen Fahrraddiebstahls Arbeitsauflagen und „die Schutzaufsicht angeordnet, weil die häusliche Erziehung nicht gut war“, gegen ihn als 16jährigen wurden wegen fortgesetzten Diebstahls drei Monate Freiheitsentziehung ausgesprochen und gegen ihn als 17jährigen wegen Diebstahls einer Armbanduhr vier Monate Freiheitsentziehung. Fräbel sagt mit Recht, die Rückfälligkeit wäre „höchstwahrscheinlich nicht aufgetreten, wenn nach dem ersten Rückfall durch gerichtliche Anordnung der Heimerziehung eine wirkliche Umerziehung eingeleitet worden wäre. Auch die mehrmalige Verbüßung kurzer Strafen kann nicht die planmäßige, auf längere Sicht berechnete Korrektur der Fehlentwicklung im Kollektiv des Jugendwerkhofs ersetzen“. Wahrscheinlich das möchte ich hinzufügen wäre es noch besser gewesen, wenn gleich wegen der ersten Verfehlung statt Arbeitsauflagen und Schutzaufsicht die Heimerziehung angeordnet worden wäre, da die häusliche Erziehung nicht gut war und, wie die weitere Entwicklung des Jugendlichen zeigt, möglicherweise schon damals eine deutliche Fehlentwicklung vorlag. Luther betont13, daß bei der Anordnung einer solch schwerwiegenden gerichtlichen Sanktion, wie es die Heimerziehung ist, das unser gesamtes Strafrecht durchziehende Tat-Proportionalitätsprinzip nicht außer acht gelassen werden darf. Hier vertrete ich allerdings eine etwas andere Auffassung. M. E. würde ein starres Festhalten an diesem Tat-Proportionalitätsprinzip dem Wesen und Ziel der Heimerziehung, die ja nicht nur darauf gerichtet ist, den Jugendlichen vor weiteren strafbaren Handlungen zu bewahren14, durchaus widersprechen. Auch bei relativ geringfügigen Verfehlungen Jugendlicher ist die Anordnung der Heimerziehung dann gerechtfertigt, wenn sie Ausdruck einer offenbaren und deutlich erkennbaren Fehlentwicklung sind, wenn wir aus allen uns vorliegenden Unterlagen entnehmen können, daß es sich bei der Verfehlung um die vorläufige Endphase einer bestehenden Verwahrlosung handelt. Dabei ist der Erfolg der Heimerziehung um so wahrscheinlicher, je jünger der Täter ist. Es ist nichts damit gewonnen, wenn wir deutliche Fehlentwicklungen mit leichten Erziehungsmaßnahmen oder kurzen Freiheitsstrafen zu korrigieren suchen. Das zeigt das von Fräbel angeführte Beispiel sehr gut, so daß ich es mir ersparen kann, aus unserer Rechtsprechung ähnliche Beispiele anzuführen. 11 vgl. Lehrbuch des Strafrechts der DDR, Allgemeiner Teil, Berlin 1957, S. 632. 12 vgl. Fräbel, NJ 1958 S. 18. is vgl. Luther, Nochmals: Änderung von Erziehungsmaßnahmen gern. § 16 JGG, NJ 1957 S. 766 ff. 14 vgL hierzu die Präambel zur Verordnung über Heimerziehung von Kindern und Jugendlichen vom 26. Juli 1951 (GBl. S. 703). 384;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 384 (NJ DDR 1958, S. 384) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Seite 384 (NJ DDR 1958, S. 384)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 12. Jahrgang 1958, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1958. Die Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1958 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1958 auf Seite 868. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 12. Jahrgang 1958 (NJ DDR 1958, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1958, S. 1-868).

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