Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 769

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 769 (NJ DDR 1956, S. 769); §§ 43, 212, 360 Zifl. 11, 366 Ziff. 9 StGB; § 41 StVO. Die strafrechtliche Beurteilung der Errichtung von Straßensperren. OG, Urt. vom 28. September 1956 - 3 üst III 64/56. Am 15. Mai 1956 verabredeten sich die Angeklagten mit anderen Kollegen zum gemeinsamen Besuch einer Tanzgaststätte. Dort hielten sie sich in der Zeit von etwa 21.00 Uhr bis 1.00 Uhr des nächsten Tages auf. Im Laufe des Abends trank jeder der Angeklagten eine Flasche Bier und eine Flasche Fruchtwein, außerdem nahmen H. vier und J. sechs Glas Schnaps zu sich. Nach dem Verlassen der Gaststätte brachten die Angeklagten zwei in der Nähe wohnende Mädchen nach Hause. Unterwegs näherten sich ihnen zwei Männer. Die Angeklagten befürchteten, von den beiden Männern verprügelt zu werden, weil sie als Ortsfremde ortsansässige Mädchen begleitet hatten. Sie nahmen daher umherliegende Holzstücke an sich, warfen sie den herankommenden Männern entgegen, ohne sie jedoch zu treffen, und flüchteten dann. Übermütig geworden, weil sie entkommen waren, beschlossen die Angeklagten noch etwas Unfug zu treiben. So lösten sie zunächst eine angepfloCkte Kuh von der Kette, dann drei weidende Schafe. Nach kurzer Zeit bemerkten sie an der rechten Straßenseite einen Stapel „Schneereiter“. Ohne jede Verabredung nahmen sie einige davon und legten sie flach quer über die Straße. In diesem Augenblick, inzwischen war es etwa 2.00 Uhr morgens geworden, kam ein Radfahrer heran, bemerkte das Hindernis und fuhr, ohne abzusteigen, durch eine Lücke hindurch. Die Angeklagten, die dies aus einem Versteck beobachtet hatten, kehrten an die Stelle zurück und warfen weitere Schneereiter auf die Straße; insgesamt handelte es sich um 28 Stück. Danach betraten sie noch drei Anwesen, nahmen dort aufgehängte Wäschestücke ab und warfen sie teilweise auf Bäume. Dann verabredeten sie, über ihre Taten zu schweigen. Gegen beide Angeklagten war Anklage wegen in Mittäterschaft begangenen versuchten Totschlags erhoben worden. Das Bezirksgericht hat sich hiermit auseinandergesetzt und diese rechtliche Beurteilung abgelehnt, weil die subjektiven Tatbestandsmerkmale eines versuchten Totschlags nicht von den Angeklagten verwirklicht seien. Beide Angeklagten hätten nicht vorausgesehen, daß ein tödlicher Unfall die Folge ihres Verhaltens hätte sein können. Die objektiv von ihnen hervorgerufene Gefahrenlage rechtfertige nicht den Schluß, daß sie den direkten oder auch nur bedingten Vorsatz, einen Menschen zu töten, gehabt hätten. Aus ihrem gesamten Verhalten kurz vor und nach der Tatausführung gehe hervor, daß sich ihr Vorsatz nur darauf erstreckte, Unfug zu treiben. Die Angeklagten hätten zwar erkannt, daß ihr Verhalten einen Unfall verursachen konnte, aber leichtfertig darauf vertraut, daß dies nicht geschehen werde. Rechtlich stelle sich der Sachverhalt als grober Unfug (§ 360 Ziff. 11 StGB) dar, der in Tateinheit stehe mit einer Übertretung des § 366 Ziff. 9 StGB. Die objektiv möglichen schweren Folgen des von den Angeklagten verübten groben Unfugs rechtfertigen den Ausspruch der gesetzlichen Höchststrafe von sechs Wochen Haft. Gegen dieses Urteil ist Protest eingelegt worden. Der Protest hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Insoweit mit dem Protest mangelhafte Sachaufklärung gerügt wird, ist er gegenstandslos, weil das Bezirksgericht weder festgestellt hat, daß die Angeklagten volltrunken oder auch nur vermindert zurechnungsfähig gewesen sind, noch daß das von ihnen errichtete Hindernis objektiv nicht geeignet gewesen wäre, einen schweren Unfall und in dessen Folge den Tod eines Menschen herbeizuführen. Von dieser Sachlage ist das Bezirksgericht bei der rechtlichen Beurteilung ausgegangen, hat aber die Handlungen der Angeklagten nicht wie der Anklagevertreter als mit bedingtem Tötungsvorsatz begangen, sondern als eine bewußte Fahrlässigkeit angesehen. Die Entscheidung darüber, welche dieser beiden Schuldformen im Einzelfall vorliegt, hängt von der Prüfung aller Umstände des Falles ab. Die Angeklagten selbst haben erklärt, sich bei der Errichtung der Sperre nichts gedacht zu haben. Der Angeklagte J. sagte, er habe aus „reinem Blödsinn“ gehandelt, der Angeklagte H., er habe sich überhaupt „keine Gedanken“ gemacht. Die Angaben der Angeklagten bieten also keinen Anhaltspunkt für die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes. Zutreffend weist der Protest darauf hin, daß die vom Täter eingesetzten Mittel einen sehr wichtigen Hinweis auf die von ihm verfolgten Ziele geben können. So war es z. B. in der vom Protest zitierten Strafsache gegen G. und S. 3 Ust III 116/55. In dieser Sache hatten die Täter einen etwa 25 cm starken, etwa 13 m langen Baumstamm mit einem Gewicht von zwei bis drei Zentnern in etwa 1 bis U/s m Höhe kurz hinter einer Kurve über die Straße gelegt und dadurch zwei schwere Unfälle, einen mit tödlichem Ausgang, verursacht. Dieser Fall ist vom Bezirksgericht Dresden und in der Rechtsmittelinstanz auch vom Obersten Gericht als Totschlag beurteilt worden, weü hier die Tatumstände, insbesondere das angewandte Mittel nämlich die Anbringung des Hindernisses in Kopfhöhe eines Auto- oder Motorradfahrers und die zu seiner Errichtung von den Angeklagten aufgewendete Kraftanstrengung, die zeigt, daß sie mehr als Unfug verüben wollten zu dem Schluß zwangen, daß die Angeklagten mit einem tödlichen Unfall rechneten und ihn billigten. Im Protest wird ausgeführt, daß im vorliegenden Fall der gleiche Schluß gezogen werden müsse, weil die objektiven Tatumstände im wesentlichen gleich gelagert seien. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Angeklagten haben, um die Sperre zu errichten, keine besonderen Anstrengungen gemacht, aus der die Zielstrebigkeit ihrer Handlung zu erkennen wäre. Mit dem Protest wird zwar vorgetragen, das Bezirksgericht habe den Sachverhalt dadurch bagatellisiert, daß es in den Feststellungen den Ausdruck# verwendet habe, die Angeklagten hätten die Schneereiter über die Straße „geworfen“, obwohl sie die Sperre „systematisch und mit Überlegung“ gebaut hätten. Dabei bezieht sich der Protest auf die Aussage des H. in der Hauptverhandlung: „Wir haben dann die Straßensperre gebaut Dann bauten wir die Sperre fertig.“ Aus dieser Formulierung können jedoch so weittragende Schlüsse nicht gezogen werden. In der ersten polizeilichen Vernehmung hat H. nicht von „bauen“, sondern davon gesprochen, daß er mit J. Schneereiter über die Straße „gelegt“ hätte, und hat in der Hauptverhandlung ausgesagt, H. habe ihm zugerufen: „Los, wir schmeißen noch ein paar runter!“ Bei diesen Aussagen kann nicht davon die Rede sein, daß das Bezirksgericht den Sachverhalt mit der Bezeichnung „werfen“ bagatellisiert hat. Wesentlicher aber ist, daß hier die Sperre nicht in Kopfhöhe, sondern unmittelbar auf der Straße lag. Die Gefahr eines durch sie möglicherweise eintretenden tödlichen Unfalls war also erheblich geringer. Danach kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, daß die Angeklagten als durchschnittlich intelligente Menschen einen tödlichen Unfall für möglich gehalten hätten. Aber selbst wenn sie einen derartigen Unfall für möglich gehalten hätten, würde das noch nicht dazu führen, den Protest für begründet zu erklären, da bedingter Vorsatz nur dann vorliegen würde, wenn die Angeklagten auch den Eintritt eines solchen Unfalls vorausgesehen und gleichwohl gehandelt hätten, weil sie ihn billigten. Auch hierfür bietet der Sachverhalt keine genügenden Anhaltspunkte. Der Angeklagte J. hat ausgesagt, daß er, wenn er an derartige Folgen im geringsten gedacht hätte, noch aus dem Bett aufgestanden und zurückgelaufen wäre, um die Sperre wieder wegzuräumen. Dem Angeklagten konnte dies nicht widerlegt werden. Beide Angeklagten sind gute Arbeiter; es spricht nichts dafür, weder aus ihrem Vorleben noch aus ihren Äußerungen, daß ihnen Menschenleben gleichgültig sind. Überdies zeigen ihre anderen Handlungen am fraglichen Abend, insbesondere die nach der Tat, daß sie völlig unbeschwert waren und keineswegs daran dachten, daß zur gleichen Zeit ein Mensch infolge ihrer Tat tödlich verunglücken könnte. Entgegen der im Protest geäußerten Ansicht, ihre Verabredung, nicht über die Vorkommnisse zu sprechen, beweise ihr Schuldgefühl, muß festgehalten werden, daß es sehr wohl so sein kann, daß die Angeklagten zwar, aus Übermut Unfug verübten, aber nicht wollten, daß man von ihnen erfuhr, daß sie als erwachsene Männer sich so benommen hätten. Schließlich mußten sie damit rechnen, von den durch sie belästigten Bürgern zur Rede gestellt und eventuell schadensersatzpflichtig gemacht zu werden. Ihre Verabredung bezog sich im übrigen nicht nur auf die Errichtung der Straßensperre, sondern auch auf die anderen Handlungen. Aus alledem ergibt sich, daß den Angeklagten ein weitergehender Vorsatz, als der, groben Unfug zu treiben, nicht nachgewiesen werden kann und das Urteil auf den Protest nur insoweit abzuändern war, als das Verhalten der Angeklagten in weiterer Tateinheit mit einer Verletzung des § 41 der Straßenverkehrsordnung 769;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 769 (NJ DDR 1956, S. 769) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 769 (NJ DDR 1956, S. 769)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Leiter der Diensteinheiten die führen sind dafür verantwortlich daß bei Gewährleistung der Geheimhaltung Konspiration und inneren Sicherheit unter Ausschöpfung aller örtlichen Möglichkeiten sowie in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen erfolgen, hat der Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin dies mit dem Leiter der betreffenden Bezirksverwaltung abzustimmen. Des weiteren hat er die Konspiration und Geheimhaltung bei der Realisierung der erforderlichen spezifischen verwaltungsmäßigen Aufgaben bei der Aufnahme, Verlegung sowie Entlassung der Strafgefangenen gegenüber der Strafvollzugseinrichtung Berlin zu gewährleisten. Der Leiter der Abteilung ist für die konsequente Verwirklichung der unter Punkt genannten Grundsätze verantwortlich. hat durch eigene Befehle und Weisungen., die politisch-operative Dienstdurchführung, die innere und äußere Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaf tanstalt in ihrer Substanz anzugreifen sowie Lücken und bogünstigende Faktoren im Sicherungssystem zu erkennen und diese für seine subversiven Angriffe auszunutzen, Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit Menschen haben solche Eigenschaften und Verhaltensweisen besitzen, die dazu erforderlich sind, wie Entscheidungsfreude, Kontaktfähigkeit, Durchsetzungsvermögen und Überzeugungskraft, gute Umgangsforraen, Einfühlungsvermögen.

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