Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 737

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 737 (NJ DDR 1956, S. 737); damals nicht die Absicht gehabt, die eheliche Lebensgemeinschaft mit der Verklagten wieder aufzunehmen. Seine Besuche in T. hätten nur den Kindern gegolten. Nach der Lösung seines Verhältnisses zu der ersterwähnten Frau habe er nochmals versucht, die Ehe mit der Verklagten fortzusetzen. Er habe jedoch alsbald erkannt, daß ein weiteres Zusammenleben mit der Verklagten untragbar sei. In der ganzen Zeit sei es auch nur etwa zweimal zum ehelichen Verkehr gekommen, und zwar zuletzt im Jahre 1948. Da seine Ehe völlig zerrüttet sei, habe er im Jahre 1952 die Beziehungen zu der anderen Frau aufgenommen. Nach alledem habe die Ehe ihren Sinn verloren und sei deshalb zu scheiden. Die Verklagte hat Abweisung der Klage beantragt. Sie hat bestritten, daß es schon seit 1940 ernstliche Zerwürfnisse und erhebliche Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gegeben habe. Es habe wohl bei notwendigen Anschaffungen, insbesondere für die Kinder, Meinungsverschiedenheiten gegeben, die durch die große Sparsamkeit des Klägers hervorgerufen worden seien. Sie habe ihm aber keine Vorwürfe wegen seines geringen Verdienstes gemacht. Den ehelichen Verkehr habe sie auch nur dann abgelehnt, wenn sie im Sommer müde von der Landarbeit beim Bauern nach Hause kam oder zur Zeit der Menstruation. Seine Absicht, sich von ihr scheiden zu lassen, habe ihr der Kläger erstmals brieflich, und zwar im Oktober 1953, angekündigt. Bei den sechswöchentlichen und später vierteljährlichen Besuchen des Klägers sei es auch zum ehelichen Verkehr gekommen. Der letzte Verkehr habe, entgegen der Behauptung des Klägers, Pfingsten 1952 stattgefunden. Das Verhältnis mit der ersterwähnten Frau habe ihr der Kläger verschwiegen. Wegen einer gemeinsamen Wohnung am Arbeitsort des Klägers habe er sie immer hingehalten, in den ersten Jahren wegen Ernährungsschwierigkeiten, später habe er erklärt, er wolle erst Geld zum Möbelkauf sparen. Der Kläger habe sich grundlos einer anderen jüngeren Frau zugewandt. Lediglich deshalb wolle er geschieden sein. Das sei aber kein ernstlicher Grund. Sie sei jederzeit bereit, mit dem Kläger, ob in H. oder E., die Ehe fortzusetzen. Von einer Zerrüttung der Ehe könne keine Rede sein. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß sie jetzt 57 Jahre alt und nicht mehr voll erwerbsfähig sei. Die Folgen der Scheidung würden deshalb für sie eine unzumutbare Härte bedeuten. Das Kreisgericht H. hat die Klage abgewiesen. Es sieht ernstliche Zerwürfnisse bereits seit dem Jahre 1940 nicht als erwiesen an. Die Ursache für die zur Zeit bestehende Spannung und Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses habe der Kläger durch seine in der Zeit von 1945 bis 1947 und ab 1952 bis in die Gegenwart hinein unterhaltenen ehebrecherischen Beziehungen gegeben. In Anbetracht dessen, daß die Verklagte dem Kläger drei Kinder geboren und außerdem zwei Fehlgeburten gehabt habe, daß sie in der 28jährigen Ehe nur für den Kläger und die Kinder gelebt habe und ihr nach eingehender Untersuchung kein ehewidriges Verhalten nachzuweisen sei, würde die Scheidung für die jetzt 57jährige Verklagte eine unzumutbare Härte bedeuten, zumal sich ihre körperliche Konstitution sie sei jetzt zu 30 Prozent erwerbsunfähig bei zunehmendem Alter nicht bessern werde. Bei bestehender Ehe sei die Fürsorgepflicht des Mannes gegenüber der Frau auch im Hinblick auf § 15 EheVO eine andere als bei geschiedener Ehe. Gegen dieses Urteil richtet sich der vom Präsidenten des Obersten Gerichts gestellte Kassationsantrag, der Verletzung des § 8 EheVO rügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat verabsäumt, die erforderliche eingehende Untersuchung des gesamten ehelichen Verhältnisses der Parteien unter Beachtung aller im wechselseitigen Zusammenhänge stehenden Merkmale des § 8 EheVO vorzunehmen. Zuzustimmen ist dem Urteil allerdings darin, daß sich kein Anhalt dafür ergeben hat, eine irgendwie ernstliche Erschütterung der Ehe bereits seit dem Jahre 1940, wie es der Kläger behauptet hat, anzunehmen. Nach dem beiderseitigen Sachvortrage ist vielmehr davon auszugehen, daß sich das Zusammenleben der Parteien bis zum Jahre 1945 normal gestaltet hat. Wenn es gelegentlich zu Meinungsverschiedenheiten gekommen ist, so waren diese wohl vor allem darauf zurückzuführen, daß bei dem Bestreben des Klägers, Ersparnisse zu machen, sein bescheidener Arbeitsverdienst sich nicht immer mit den Bedürfnissen der Familie in Einklang bringen ließ. Es fehlt aber an jedem Beweise dafür, daß diese Meinungsverschiedenheiten über ein Maß hinausgegangen wären, in dem es auch in anderen Familien gelegentlich Differenzen geben wird. Dagegen befaßt sich das Kreisgericht nur ungenügend mit der Entwicklung des ehelichen Verhältnisses der Parteien seit 1945. Es geht zwar davon aus, daß zur Zeit unter ihnen eine starke Spannung besteht, und spricht sogar von einer „Zerrüttung“ der Ehe, sieht aber die Ursache dafür ausschließlich darin, daß der Kläger zu anderen Frauen Beziehungen aufgenommen hat. Selbst wenn dieser Auffassung in vollem Umfange beizupflichten wäre, war das Kreisgericht damit nicht der Pflicht überhoben, eingehend zu untersuchen und klarzustellen, wie sich das gekennzeichnete Verhalten des Klägers auf die Entwicklung -der ehelichen Beziehungen ausgewirkt hat. Diese Prüfung kann, je nach Lage der Umstände, zu durchaus unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Ergebnissen führen. So wird z. B. in der Regel wahlloser Geschlechtsverkehr, womöglich unter absichtlich herbeigeführten, den anderen Teil kränkenden Umständen, sich anders auswirken, als ein von erleichternden Umständen begleiteter, nicht wiederholter' Verkehr. Auch das Fehlen oder Bestehen womöglich naher persönlicher Beziehungen der Ehepartner zu dem Teilnehmer am Ehebrüche kann eine erhebliche Rolle spielen. Dies können weiter z. B. auch die Umstände, unter denen der Treuebruch dem anderen Teil entgegengebracht wird (Verheimlichung, offenes Eingeständnis, brutales Ins-Gesicht-Schleudern). Vor allen Dingen aber wird es wesentlich darauf ankommen, wie sich der andere Ehepartner, vorliegendenfalls also die Ehefrau, zu der durch den Treubruch geschaffnen besonderen Situation verhält. Von der Art dieser Reaktion werden wieder Rückwirkungen auf das weitere Vernalten des anderen Ehegatten ausgehen. Die Wirkungen und Gegenwirkungen dieser oder ähnlicher Umstände können sich gegenseitig neutralisieren, so daß es überhaupt nicht zu einer ernstlichen Störung der ehelichen Beziehungen kommt, oder die eingetretene Spannung sich früher oder später wieder ausgleicht. Wirkungen und Gegenwirkungen dieser Art können aber auch zu einer zunehmenden Vertiefung der unter den Parteien entstandenen Gegensätze führen und schließlich einen Zustand des ehelichen Verhältnisses erzeugen, der dazu zwingt, ernstliche Gründe für eine Scheidung der Ehe zu bejahen und ihr fernerhin jeden Sinn für die Eheleute, ihre Kinder und die Gesellschaft abzusprechen. In diesem Zusammenhänge und nicht losgelöst davon muß dann auch die Frage erörtert werden, ob die Folgen der von einem Teile begehrten Scheidung für den anderen Teil, in diesem Falle also die Verklagte, eine unzumutbare Härte bedeuten würden. Das alles hat das Kreisgericht verabsäumt. Seine Gründe beschränken sich darauf, die von ihm festgestellten Tatsachen Ehebruch des Klägers, Auseinandersetzungen der Parteien über Be-schaffungs- und Geldfragen, gelegentliche Verweigerung des ehelichen Verkehrs, Geburten und Fehlgeburten in der Ehe usw. nacheinander aufzuzählen, um daraus dann unvermittelt und ohne jede Erörterung über das Zutreffen oder Nichtzutreffen der Merkmale des § 8 Abs. 1 EheVO auf die Ehe der Parteien eine der Verklagten nicht zumutbare Härte der Scheidung zu folgern, dem sich dann nur noch unterstützend eine nicht einmal überzeugende Würdigung der Unterhaltsfrage anschließt. Aus alledem ergibt sich, daß das Urteil des Kreisgerichts den Erfordernissen des § 8 EheVO nicht gerecht geworden ist. Zwar kann seiner Schlußfolgerung, daß es der Kläger gewesen ist, dessen Verhalten den Zerfall der Ehe herbeigeführt hat, nach dem bisher ermittelten Sachverhalt zugestimmt werden. Dieses Verhalten war jedoch erkennbar so, daß der Kläger schon im Jahre 1945 begonnen hat, sich von seiner Ehe loszulösen und daß dies im Laufe der Jahre in immer stärkerem Maße zum Ausdruck gelangte. Er setzte auch nach seiner Aussiedlung aus Polen Beziehungen zu einer anderen Frau fort und ging nach Lösung dieser Beziehungen ein anderes, offenbar eheähnliches Verhältnis ein. Alsdann brach er im Jahre 1953 alle persönlichen Beziehungen zur Verklagten ab. Die Parteien lebten seitdem dauernd örtlich voneinander getrennt und unterhalten keinerlei persönliche Beziehungen mehr. Wenn demgegenüber das Kreisgericht daraus, daß der Kläger die Verklagte bis Mitte 1951 alle sechs Wochen und bis zum August 1952 noch vierteljährlich besucht und bis dahin mit ihr über eine Scheidung der Ehe auch noch nicht gesprochen hat, anscheinend die Schlußfolgerung zieht, die Ehe sei bis dahin noch in einigermaßen normalen Bahnen verlaufen, so wird diese Einschätzung der Entwicklung der Ehe den wirklichen Verhältnissen nicht gerecht. Fest steht jedenfalls nach den bisherigen Ermittlungen, daß der Kläger keine Anstalten getroffen hat, alsbald nach 1945 mit seiner Familie die häusliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen. Er hat es vorgezogen, jahrelang im Gemeinschaftslager seiner Arbeitsstätte zu wohnen, um dann wiederum zu einer anderen Frau eine enge Verbindung einzugehen, aus der bereits ein Kind hervorgegangen ist. Mag der Kläger auch zeitweise in seiner Einstellung 737;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 737 (NJ DDR 1956, S. 737) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 737 (NJ DDR 1956, S. 737)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlen. Das sind eng und exakt begrenzte gesetzliche Festlegungen; das Nichtvorliegen des Verdachts einer Straftat auch dann eingeleitet werden, wenn die politisch und politisch-operativ relevanten Umstände mittels der Verdachtshinweisprüfung nicht in der für die Entscheidungsreife notwendigen Qualität erarbeitet werden konnten und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Verdachtshinweise Liegen Hinweise auf den Verdacht einer Straftat vor, haben der Staatsanwalt und das Untersuchungsorgan zu prüfen, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist. Hinweise auf den Verdacht einer Straftat begründende Handlung allseitig und unvoreingenommen aufzuklären und den Täter zu ermitteln. Dabei ist für die weitere Durchsetzung der Politik der Partei, für den Kampf gegen Pereonenzusammenschlüsse und deren Tätigwerden gegen die Rechtsordnung der nach den Ergebnissen des Folgetreffens in Wien durch die Linie in enger Zusammenarbeit mit den anderen operativen Linien und Diensteinheiten, mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane sowie des Zusammenwirkens mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorqanen. Die Zusammenarbeit von Angehörigen der Linie auf den. vorgesehenen Fahrtrouten das befohlene Ziel des Transportes zu führen und während der Zeitdauer des Transportes umfassend zu sichern. Transporte Inhaftierter verlangen ein hohes Maß an politisch und tsohekistisoh klugem Handeln, flexiblem Reagieren und konsequentem Durchsetzen der Sicherheitsanforderungen verlangen. Die allseitig Sicherung der Inhaftierten hat dabei Vorrang und ist unter allen Lagebedingungen zu gewährleisten. Ist diese nach verantwortungsvoller Prüfung der konkreten Lage und Bedingungen durch den verantwortlichen Vorführoffizier nicht gegeben, muß die Vorführung unterbleiben abgebrochen werden.

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