Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 710

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 710 (NJ DDR 1956, S. 710); Die Rechtsprechung deg Obersten Gerichts in Zivilsachen Zum Erscheinen des 3. Bandes der Entscheidungssammlung*) Von Prof. Dr. WERNER ARTZT, Direktor des Instituts für Zivilrecht der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Kürzlich erschien lange erwartet der 3. Band der Entscheidungen des Obersten Gerichts in Zivilsachen, der 106 Entscheidungen aus der Zeit vom 5. Oktober 1953 bis 1. Juli 1955 enthält; ein großer Teil der Entscheidungen ist bereits durch die Veröffentlichung in der Neuen Justiz“ bekanntgeworden. Die Sammelbezeichnung „Zivilsachen“ ist nur technisch-organisatorisch zu verstehen, denn neben dem Zivilrecht im eigentlichen Sinne betreffen die Entscheidungen das Zivilprozeßrecht, das Arbeitsrecht, das Familienrecht und das LPG-Recht. Allein 29 Entscheidungen gehören zum Gebiet des Arbeitsrechts; sie werden in die folgenden Betraditungen nicht mit eingeschlossen. 89 Entscheidungen ergingen auf Grund von Kassationsanträgen, darunter nur wenige auf Antrag des Präsidenten des Obersten Gerichts. Die Entscheidungssammlung eines Gerichts ist ein Rechenschaftsbericht, der zur öffentlichen Kritik gestellt wird. Sie ist Anleitung für die Arbeit der Richter und Staatsanwälte. Und sie ist ein Ergebnis der Praxis, das der Wissenschaft weitere Aufgaben stellt. Von diesen Gesichtspunkten will die nachstehende Rezension ausgehen. Nachdem die Streitfälle des sozialistischen Schuldrechts seit 1952 bis auf wenige Ausnahmen nicht mehr durch die Gerichte entschieden werden, sind es in der Hauptsache die Rechte und Pflichten der Bürger in den oben genannten Rechtszweigen, die Gegenstand der Entscheidungen des Obersten Gerichts sind. Damit ist ihre Bedeutung für die sozialistische Gesetzlichkeit bereits voll gekennzeichnet. Der Grundwiderspruch der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus besteht zwischen den ständig an Bedeutung verlierenden kapitalistischen Produktionsverhältnissen einerseits und den neuen, ständig wachsenden sozialistischen Produktionsverhältnissen andererseits. Er äußert sich im Zivilrecht vornehmlich in vielen Fragen des Eigentums, besonders wenn die Befugnisse aus dem Eigentumsrecht mit den neuen gesellschaftlichen Beziehungen in Konflikt geraten. Daß bei der Lösung dieser Fragen nie übersehen werden darf, daß hinter ihnen Menschen stehen, die den verschiedenen, der Arbeiterklasse verbündeten Schichten angehören, hat die 3. Parteikonferenz uns besonders bewußt gemacht. Die Übergangsperiode läßt neue Formen und Prinzipien des gesellschaftlichen Zusammenlebens erwachsen, die auch juristischen Ausdruck finden. Dem Recht erwächst die Aufgabe, die Menschen entsprechend zu erziehen. Es darf sich hierbei aber nicht über Gebühr vom Bewußtsein der Menschen entfernen. Die durch die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse bedingte Entfremdung gegenüber der Sprache und der Technik alter, jedoch sanktionierter Gesetze ließ die Gefahr deutlich werden, diese Gesetze als vermeintlichen Ausdruck unnötiger Formalien zu mißachten, während ihre Beachtung tatsächlich nach wie vor nötig ist, um die Rechte der Bürger ausreichend zu schützen. Derartig prinzipiell sind heute die Hauptfragen der Spruchtätigkeit im Zivilrecht. Es kann dem Obersten Gericht bestätigt werden, daß es der Lösung dieser Aufgaben gerecht geworden ist. An dieser wichtigen Feststellung wird auch dadurch nichts geändert, daß im einzelnen Bemerkungen nötig sind, und daß die Lösung mancher Frage erneut zu überprüfen ist. Und es sei bei allem nie vergessen, daß die Lösung eines manchen Falles uns heute nicht mehr voll die Schwierigkeiten bewußt werden läßt, die es vor Jahren zu überwinden galt. Eine durch unsere gesellschaftliche Entwicklung bedingte Problematik, die in einer größeren Zahl von Einzelfällen in Erscheinung tritt, ist die Stellung des Volkseigentums im Zivilrechtsverkehr. Dem Prinzip ) Entscheidung des Obersten Gerichts in Zivilsachen, Bd. 3. VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. 414 S., Preis: 7,50 DM. 7/0 der Unantastbarkeit auf der einen Seite steht auf der anderen Seite das Erfordernis gegenüber, das Zivil-recht auf der Grundlage der gleichen Rechtsstellung der Partner zu verwirklichen. Das Oberste Gericht hat hierzu grundsätzliche Ausführungen gemacht, denen voll zugestimmt werden kann, und die auch deshalb den weiteren Betrachtungen zu dieser Frage vorangestellt werden sollen. Es führt aus: „Für die Leistungen von rechtlich begründeten Zahlungen müssen, sofern es sich um Haushaltsorganisationen handelt, die erforderlichen Mittel durch die Haushaltspläne zur Verfügung gestellt werden. Die nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Rechnungsführung arbeitenden volkseigenen Betriebe und sonstigen Organisationen aber müssen Zahlungen, zu deren Leistungen sie das Gesetz verpflichtet, aus ihren Gewinnen bzw. Umlaufmitteln aufbringen. Es geht nicht an, ihre Zahlungspflicht deshalb verneinen zu wollen, weil zu ihrer Erfüllung keine Planmittel verhanden seien, die Mittel also aus der Substanz entnommen werden müßten. In welcher Weise die betreffenden Vermögensträger dafür zu sorgen haben, daß ihnen die erforderlichen Mittel, auch für etwaige nicht produktive Zwecke zur Verfügung stehen, ist ihre Sache. Dem Gläubiger eines berechtigten Anspruchs kann diese Gefahr nicht auferlegt werden.“ Und weiter wird ausgeführt: „ . geht es nicht an, gerade die erheblich verstärkte Akkumulation des staatlichen Vermögens, wie sie durch die Veränderung des Charakters unseres Staates eingetreten ist, nun umgekehrt zur Begründung einer Abschwächung der Pflicht zur Erfüllung gesetzlicher, dem Staat obliegender Verpflichtungen zu machen“1). Es gibt aber andererseits einige Entscheidungen, deren nochmalige Überprüfung, ausgehend von den eben wiedergegebenen Grundsätzen, angezeigt erscheint. Hierzu gehört besonders die Frage der Aufrechnung. Im Sachverhalt der Entscheidung Nr. 59 erklärt der verklagte private Käufer gegenüber dem Kaufpreisanspruch Aufrechnung mit einer Gegenforderung auf Schadenersatz, die er aus dem gleichen Kaufvertrag herleitet. Das Oberste Gericht versagt die Aufrechnung unter Berufung auf die Unantastbarkeit des Volkseigentums. Es bezieht sich hierbei auf die bekannte Auffassung von Nathan, die von der Unpfändbarkeit ausgeht, und auf die Bemerkungen von Drews und Krauß, die das Ergebnis von dem Verbot jeder fremden Verfügung über Volkseigentum ableiten. Ist es richtig und das ist das Ergebnis dieser Auffassungen , den volkseigenen Partner eines Schuldverhältnisses von bestimmten Rechtspflichten aus diesem Schuldverhältnis zu befreien, obwohl er zu einer derartigen wirtschaftlichen Betätigung gerade Umlaufmittel und Haushaltsmittel erhalten hat? Oder ist es nicht richtiger, ihn im Rahmen seiner statutenmäßigen Teilnahme am Zivilrechtsverkehr für diese Verpflichtungen auch in vollem Umfange verantwortlich zu machen? Diese Frage berührt letzten Endes nicht nur die Aufrechnung, sondern ebenso das Zurückbehaltungsrecht, die Gewährleistungsansprüche, die Verwendungsansprüche des Mieters usw. Mir scheint die Unantastbarkeit des Volkseigentums nicht verletzt, wenn den volkseigenen Partner eines Zivilrechtsverhältnisses grundsätzlich auch alle Rechtspflichten aus dem konkreten Rechtsverhältnis treffen. Bei der Anwendung der Verjährung sind wir bereits voll zu dieser Auffassung gelangt, und auch bei ihr handelt es sich letzten Endes um den weiteren Bestand der volkseigenen Forderung. Ein Problem, das zur Frage der Unantastbarkeit des Volkseigentums auf einer breiteren Grundlage aufgeworfen wird, besteht allgemein darin, ob sich die staatliche juristische Person ihr eigenes Verhalten im Rechtsverkehr entgegenhalten lassen muß oder nicht. Es wird berührt durch die Entscheidung Nr. 1, in der 1) OGZ Bd. 3, S. 122, S. 123.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 710 (NJ DDR 1956, S. 710) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 710 (NJ DDR 1956, S. 710)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die Strafprozeßordnung die einzige gesetzliche Grundlage für das Verfahren der Untersuchungsorgane zur allseitigen Aufklärung der Straftat zur Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist. Gegenstand der Befugnisse des Gesetzes in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit anstelle bestehender anderer rechtlicher Handlungsmöglichkeiten sollte stets geprüft werden, ob die Abwehr durch das zuständige staatliche Organ auf der Grundlage der GewahrsamsOrdnung des Ministers des Innern und Chefs der Deutschen Volkspolizei zu realisieren. Wird der Gewahrsam nicht in den Gewahrsamsräumen der vollzogen, sind von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen für und den Perspektivplanzeitraum sind deshalb konkrete und abrechenbare Maßnahmen besonders zur Durchsetzung und weiteren Qualifizierung dieser operativen Grundprozesse aufzunehmen.

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