Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 571

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 571 (NJ DDR 1956, S. 571); Recht und Justiz in Westdeutschland Kein Verlust der Abgeordneten-Mandate der KPD Von HEINZ MÜLLER, München Im Zusammenhang mit dem Verbotsprozeß gegen die Kommunistische Partei Deutschlands vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die westdeutsche Regierung seit Jahren ihre Bemühungen darauf konzentriert, Abgeordneten der KPD im Bundestag, in den Landtagen sowie in den Gemeinden, Kreis- und Bezirkstagen der Länder ihre Abgeordneten-Mandate am Tage des Verbots der KPD abzuerkennen. Zu diesem Zweck wurden bereits in das Bundestagswahlgesetz vom 7. Mai 1956, in verschiedene Landtagswahlgesetze und zum Teil auch in die Kommunalwahlgesetze der Länder Bestimmungen eingebaut, die jetzt die Handhabe dazu bieten sollen,- den kommunistischen Abgeordneten ihre Sitze zu rauben. Darüber hinaus fordern die Bonner Hexenjäger gegenwärtig die unverzügliche Durchführung von Maßnahmen der Gesetzgebung und der Exekutive zur Aberkennung der KPD-Mandate in den Ländern, in denen keine solchen Gesetze bestehen. Diese im Auftrag des Bonner Innenministers eingeleiteten Maßnahmen stellen eine tödliche Bedrohung des Prinzips der Volkssouveränität dar, wie es in Art. 20 des Gundgesetzes niedergelegt ist. Danach soll ausschließlich das Volk darüber bestimmen, welche Persönlichkeiten es in seine Vertretungen entsenden will. Die Abgeordneten sollen nach dem Gesetz Vertreter des ganzen Volkes sein; insbesondere die Vertreter der KPD in den Gemeinden wurden sehr häufig auf dem Wege der Persönlichkeitswahl gewählt und stehen in einem besonders engen Verhältnis zu ihren .Wählern, von denen oft nur ein kleiner Teil Kommunisten sind. Die Frage, inwieweit durch das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands die Stellung der Abgeordneten der KPD in den Länderparlamenten, den Gemeinden sowie den Kreis- und Bezirkstagen berührt wurde, ist deshalb von größter Bedeutung. Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seiner Entscheidung vom 17. August 1956 (Kurzfassung S. 79 unten) folgendes ausgeführt: i „Aus der Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Partei ergibt sich, wie das Bundesverfassungsgericht in dem Urteil vom 23. Oktober 1952 festgestellt hat, daß die Abgeordneten in den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes und der Länder ihre Mandate verlieren (vgl. BVerfGE 2,1 72 ff.). Eines Ausspruchs über die Folgen dieses Mandatsverlustes durch besondere Vollstreckungsanordnung bedarf es nicht, da die KPD nur in den Parlamenten von Bremen und Niedersachsen durch Abgeordnete vertreten ist und diese Länder * die Folgen des Mandatsverlustes gesetzlich geregelt haben.4* Während der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts fei dem Verfahren über die Feststellung der Verfas-sungswidrigkeit der faschistischen SRP vom 23. Oktober 1952 sowohl im Tenor als auch in den Entscheidungsgründen des Urteils Regelungen über den Vollzug des Mandatsverlustes der Abgeordneten dieser Partei ausgesprochen hat, finden sich in dem Urteil gegen die KPD außer den oben zitierten Ausführungen in den Entscheidungsgründen keine diesbezüglichen Feststellungen. Dabei ist die Frage äußerst problematisch, inwieweit eine solche bloße Bezugnahme auf das SRP-Urteil ohne ausdrückliche Anordnung eines Mandatsverlustes im Tenor überhaupt geeignet ist, Rechtskraftwirkungen nach sich zu ziehen. Ohne in eine Untersuchung dieser Frage einzutreten, ergibt sich bereits aus den oben zitierten Stellen aus den Entscheidungsgründen, in Verbindung mit der Tatsache,' daß das Bundesverfassungsgericht auf Vollstreckungsanordnungen bezüglich der Aberkennung der KPD-Mandate ausdrücklich verzichtet hat, daß die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts keine konstitutive,' Bondern bestenfalls eine deklaratorische Wirkung haben kann. Die Voraussetzungen für einen etwaigen Verlust der KPD-Mandate richten sich deshalb nach den Bestimmungen der Länderverfassungen und Landeswahlgesetze von Niedersachsen und Bremen. Der Einbau undemokratischer Bestimmungen in die Wahlgesetze der Länder, wie Prozentklausel u. a., hatte nämlich dazu geführt, daß die KPD zum Zeitpunkt des Verbots nur in diesen Ländern Abgeordnete besaß. Zwar bestimmt § 8 Abs. 1 Ziff. 6 des Niedersäch-sischen Landeswahlgesetzes in der Fassung vom 13. Dezember 1954, daß Abgeordnete ihren Sitz verlieren, wenn ihre Partei durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Verfahren nach Art. 21 Abs. 2 GG betroffen wird. Jedoch bestimmt Abs. 2: ,,Diese Feststellung, ob die Voraussetzungen nach Abs. 1 vorliegen, trifft der Landtag nach den Vorschriften des Gesetzes über die Prüfungen der Wahl zum Niedersächsischen Landtag (Wahlprüfungsgesetz).“ Danach können also die Sitze der kommunistischen Landtagsabgeordneten in Niedersachsen nur durch einen Beschluß des Landtags auf Antrag seines Präsidenten aberkannt werden. Solange dies nicht geschehen ist, genießen deshalb die Abgeordneten der KPD nach wie vor die vollen Rechte eines Landtagsabgeordneten, wie sie in der Niedersächsischen Verfassung vom 13. April 1951 garantiert sind. Deshalb stellte es auch eine schwere Verletzung der Abgeordneten-Immunität dar, als die Niedersächsische Kriminalpolizei am 17. August 1956 im Zusammenhang mit der auf Anweisung des Bonner Innenministeriums erfolgten Festnahme von KPD-Funktionären in den einzelnen Ländern den KPD-Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags, Heinz Zscherpe, festnahm. Eine große Zahl von Landtagsabgeordneten in Niedersachsen hat gegen diese Festnahme und die darin liegende Immunitätsverletzung Stellung genommen. Auf der ersten Sitzung des Niedersächsischen Landtags nach den Parlamentsferien wird sich das Plenum damit beschäftigen. Das Vorgehen des Bonner Innenministeriums sowie die Tatsache, daß bereits im März 1953 in Nordrhein-Westfalen der Landtagsabgeordnete Jupp Angenfort auf Veranlassung des Bundesgerichtshofes verhaftet wurde, zeigen, wie wenig die Rechte der Abgeordneten in Westdeutschland geachtet werden. In Bremen richtet sich die Aberkennung von. Ab-geordneten-Mandaten als Folge eines auf Art. 21 Abs. 2 GG beruhenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts nach § 35 des Wahlgesetzes für die Bürgerschaft (Landtag) vom 22. April 1955. Hier ist anders als in Niedersachsen der unmittelbare Verlust des Sitz in der Bürgerschaft im Falle eines Parteiverbots vorgesehen. Der Vorstand der Bürgerschaft hat diesen Verlust lediglich festzustellen (Abs. 4)1). Jedoch hat die „Gefolgschaft“ der Bonner Regierungsparteien im Land Bremen in ihrem Haß gegen die Landtagsabgeordneten der Kommunistischen Partei Deutschlands bei der Einführung des § 35 in das Wahlgesetz für die Bürgerschaft von Bremen etwas sehr Wesentliches übersehen, nämlich die Verfassung der Freien Hansestadt Bremen vom 21. Oktober 1947. Sie regelt in dem Art. 80 und 85 die Voraussetzungen für das Erlöschen der Mitgliedschaft in der Bürgerschaft und für den Ausschluß aus dieser erschöpfend: „Die Mitgliedschaft in der Bürgerschaft erlischt durch t Verzicht oder durch Wegfall einer für die Wählbarkeit ' maßgebenden Voraussetzung (Art. 80).“ Und ein Mitglied der Bürgerschaft kann nur dann aus ihr ausgeschlossen werden, wenn es sein Amt ausnutzt, um sich oder anderen persönliche Vorteile zu schaffen oder sieh beharrlich weigert, die ihm als Bürgerschaftsmitglied obliegenden Geschäfte zu erfüllen, oder wenn es die Pflicht der Verschwiegenheit verletzt (Art. 85). ’) Weiter heißt es in dieser Bestimmung: „(2) Soweit Mitglieder nach Abs. 1 ihren Sitz verloren haben, bleiben die Sitze, unbesetzt. Dies gilt nicht, wenn die ausgeschiedenen Mitglieder auf Grund eines Listenwablvorschlages einer nicht für verfassungswidrig erklärten Partei gewählt waren. In diesem Falle wird der nächste nicht gewählte Bewerber dieser Liste einberufen. (3) Im Falle des Absatzes 2 Satz 1 verringert sich die gesetzliche Mitgliederzahl der Bürgerschaft für den verbleibenden Teil der Wahlperiode entsprechend. Eine Neuverteilung der verbleibenden Sitze findet nicht statt.* 57/;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 571 (NJ DDR 1956, S. 571) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 571 (NJ DDR 1956, S. 571)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung gestellten Aufgaben mit hoher insa zbe cha fpolitischem Augenmaß termin- und qualitätsgerecht-, zu erfüllen. Besondere Anstrengungen sind zu untePnehmen - zur Verwirklichuna der der Partei bei der Realisierung der t?esuchsdurchführung mit Verhafteten einzugehen und auf einige Anforderungen zur Durchsetzung einer einheitlichen Praxis der Besuchsdurchführung; zum Verhalten der Angehörigen während des Besuches und zur Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und der Achtung und Wahrung der Würde des Menschen werden Aufgaben, grundsätzliche Arbeitsweise und die konkrete Gestaltung einzelner straf prozessualer Verdachtshinweisprüfungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren beinhalten zum Teil Straftaten, die Teil eines Systems konspirativ organisierter und vom Gegner inspirierter konterrevolutionärer, feindlicher Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen befinden sich: Ärzte Zahnärzte andere Hochschulkader Lehrer Fachschulkader. Das methodische Vorgehen der kriminellen Menschenhändlerbanden. ist im wesentlichen charakterisiert durch - Mißbrauch der Transitwege und - Mißbrauch der Territorien anderer sozialistischer Staaten: sowie - Ausnutzung des kontrollbevorrechteten Status von Angehörigen der Armee in Westberlin Diplomaten und - Mißbrauch der Einreisemöglichkeiten für Westberliner.

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