Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1956, Seite 186

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 186 (NJ DDR 1956, S. 186); Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Buchst, b der VO verpflichtet denjenigen, sich in stationäre Behandlung in ein Krankenhaus zu begeben, der weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß er an einer Geschlechtskrankheit leidet oder mit einer solchen angesteckt worden sein kann. Die Verletzung dieser Verpflichtung wird im § 5 der VO unter Strafe gestellt. Es heißt dort: „Wer entgegen den Vorschriften der §§ 2 und 3 sich nicht untersuchen oder behandeln läßt, wird bestraft.“ In vorliegendem Falle hatte die Beschuldigte, die zu dem Kreis der sogenannten hwG-Personen gehörte, gegen die Untersuchung nichts eingewendet. Sie hatte lediglich zwischen den Einzeluntersuchungen, zu denen sie stets anwesend war, allabendlich das Krankenhaus verlassen, um ihren gewohnten Umgang zu pflegen, obwohl ihr geboten worden war, bis zur Feststellung des endgültigen Untersuchungsergebnisses im Krankenhaus zu verbleiben. Damit steht also fest, daß sich die Beschuldigte der Untersuchung nicht entzogen hat, denn der zwischen den Einzeluntersuchungen liegende Aufenthalt im Krankenhaus ist nicht als „Untersuchung“ im Sinne des § 5 der VO anzusehen. Dieser Aufenthalt, und zwar der zwangsweise Aufenthalt, ist nichts anderes als die in den §§ 13, 14 und 15 Abs. 1 der VO gesetzlich vorgesehene Isolierung von Kranken und Krankheitsverdächtigen. Nur dieser Isolierung hat sich die Beschuldigte entzogen. Auf dieses Verhalten die Vorschrift des § 5 der VO in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Buchst, b anwenden, hieße gerade das tun, was Hinderer am Beschluß des Bezirksgerichts kritisiert, nämlich die Grenzen der zulässigen Auslegung eines Gesetzes überschreiten und damit die Prinzipien der Gesetzlichkeit der Bestrafung in der Deutschen Demokratischen Republik verletzen. HANS LISCHKE, Direktor des Bezirksgerichts Schwerin Nachrichten Justizausstellung in Karl-Marx-Stadt Mit großer Umsicht und Tatkraft, mit Verständnis und Liebe haben die verantwortlichen Funktionäre der Justiz im Bezirk Karl-Marx-Stadt im schön geschmückten Saal der SVK die Ausstellung „Zehn Jahre demokratische Justiz“ aufgebaut, die am 6. März 1956 durch einen Vertreter des Ministeriums der Justiz eröffnet wurde. Erneut wurde wie 1955 in Berlin und anschließend in der Zentralen Schule der Deutschen Volkspolizei der Beweis erbracht, daß die Entwicklung und der Aufbau einer volksnahen demokratischen Justiz allen Kreisen der Bevölkerung nahegebracht werden kann und ihr lebhaftes Interesse hervorruft. Das ist möglich, weil unsere Gesetzlichkeit integrierender Bestandteil des Staates der Arbeiter und Bauern ist, weil unsere Richter, Staatsanwälte, Notare, Rechtsanwälte, Schöffen und Verwaltungsjuristen mit dem Volk- und für das Volk tätig sind, weil ihr Wirken und ihre Entscheidungen parteilich sind, weil sie die Errungenschaften unserer Werktätigen schützen und das Vertrauen zum Staat vertiefen. Die Ausstellung spiegelt in ihren juristischen Dokumentationen. Urteilen, wissenschaftlichen und praktischen Hinweisen, Bildern und Losungen das wider, was sich die antifaschistisch-demokratischen Kräfte unter Führung der Arbeiterklasse im Bündnis mit den Bauern und der fortschrittlichen Intelligenz erarbeitet haben. Hieraus ergibt sich die große Perspektive, die sich mit der Erfüllung des 1. Fünfjalirplans, mit der staatsrechtlichen Vollendung der DDR und ihrer Einbeziehung in das Lager des Friedens bereits überall abzeichnet: ein einheitliches demokratisches Deutschland, ein Staat des Friedens mit einem Recht, das ein wichtiger Hebel zur Durchsetzung und Festigung des ökonomischen Fortschritts und der Sicherung der Lebensgrundlagen und Rechte der Bürger ist. So wird die Ausstellung „Zehn Jahre demokratische Justiz“ in Karl-Marx-Stadt und später noch in anderen Bezirken unseres Staates weitere Helfer und Kämpfer für Deutschland gewinnen. Dr. Rolf Helm, Berlin ] 1 e c b 1 g p r e c hung Entscheidungen des Obersten Gerichts Strafrecht § 139 b StGB. Grenzen der Aufsichtspflicht über Jugendliche. OG, Urt. vom 13. Januar 1956 3 Zst III 78/55. Das Kreisgericht hat die Angeklagte wegen Verletzung der Aufsichtspflicht (§ 139 b StGB) zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat das Bezirksgericht am 6. August 1955 durch Beschluß verworfen. Dem Urteil des Kreisgerichts liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Am 26. Mai 1955 legte sich die Angeklagte wieder zu Bett, nachdem ihr Mann zur Arbeit gegangen war, da sie infolge einer vorangegangenen Geburt an einer Venenentzündung litt. In den Mittagsstunden beauftragte sie ihren fünfjährigen Jungen, die im Hofe auf der Leine hängenden windeln zu holen. Dies führte er auch aus und erhielt nunmehr den Auftrag, die Hühner in den Garten zu lassen. Von diesem Auftrag kehrte der Junge nicht sogleich ins Haus zurück. Die Angeklagte schloß daraus, daß er mit anderen Kindern spiele. Nach einiger Zeit vernahm die Angeklagte ein starkes Knistern. Sie erhob sich daraufhin, sah aus dem Fenster und stellte fest, daß die auf dem Hofe befindliche Scheune in hellen Flammen stand. Auf Befragen der Angeklagten gab der Junge zu, in der Scheune ein Feuer entfacht zu haben. Er hätte andere Kinder an der Spree beim Spielen mit Feuer gesehen und habe auch einmal Feuer machen wollen. Hierzu hätte er beim Hinausgehen in den Garten die auf dem Küchenherd liegenden Streichhölzer an sich genommen, welche die Angeklagte an diesem Tage nicht, wie es sonst ihre Gewohnheit war, außer Reichweite des Kindes aufbewahrt hatte. Die Scheune der Angeklagten sowie die Nachbarscheune brannten völlig ab. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation dieses Urteils im Schuld- und Strafausspruch beantragt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die tatsächlichen Feststellungen sind mit dem Kassationsantrag nicht angegriffen, von ihnen ist daher auszugehen. Das Kreisgericht sieht in dem Umstand, daß die Angeklagte, der die Beaufsichtigung des Kindes oblag, es am Brandtage unterlassen hat, die Streich- hölzer, wie es sonst ihre Gewohnheit war, außer Reichweite ihres Kindes aufzubewahren, eine strafbare Verletzung ihrer Aufsichtspflicht, durch die es dem Kind möglich wurde, die Scheune in Brand zu setzen. Bei gehöriger Beaufsichtigung wäre dem Kinde die Brandstiftung nicht möglich gewesen. Es ist dem Kreisgericht darin zuzustimmen, daß der Angeklagten die Aufsichtspflicht über ihr Kind oblag. Nicht beigepflichtet kann dem Kreisgericht jedoch darin werden, daß die Angeklagte ihre Aufsichtspflicht nicht gehörig ausgeübt hat, und sie bei gehöriger Beaufsichtigung die Inbrandsetzung der Scheune durch das Kind hätte verhindern können. Zunächst muß zwar festgestellt werden, daß das Kind nicht imstande gewesen wäre, die Scheune anzustecken, wenn es nicht in den Besitz der Streichhölzer gekommen wäre. Es kann damit jedoch keineswegs gleichzeitig festgestellt werden, daß das Kind nicht doch in den Besitz der Streichhölzer gelangt wäre, auch wenn die Angeklagte diese nicht auf dem Küchenherd hätte liegen lassen, sondern, wie es sonst ihre Gewohnheit war, diese außer Reichweite des Kindes aufbewahrt hätte. Ein fünfjähriges Kind, das durch das Beispiel anderer Kinder auf den Gedanken gebracht worden ist, ein Feuer zu entfachen, wird Mittel und Wege finden, sich in den Besitz der dazu nötigen Streichhölzer zu setzen, selbst wenn diese so untergebracht sind, daß sie ohne Hilfsmittel nicht erreichbar sind. Ein Fünfjähriger verfügt in der Regel schon über die geistigen und körperlichen Fähigkeiten, um sich eines Stuhles zu bedienen, wenn er auf diese Weise einen von ihm begehrten Gegenstand erlangen kann. Daraus darf auch keineswegs generell die Forderung abgeleitet werden, der Aufsichtspflichtige müsse, wenn er es nicht an der gehörigen Aufsicht fehlen lassen will, Streichhölzer im Haushalt stets unter Verschluß halten. Eine solche Forderung wäre lebensfremd und stände im Widerspruch mit den erzieherischen Aufgaben der Eltern gegenüber ihren Kindern. Ganz abgesehen davon, daß damit auch die Frage aufgeworfen wäre, inwieweit der 186;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 186 (NJ DDR 1956, S. 186) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Seite 186 (NJ DDR 1956, S. 186)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 10. Jahrgang 1956, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1956. Die Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1956 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1956 auf Seite 796. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 10. Jahrgang 1956 (NJ DDR 1956, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1956, S. 1-796).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zu erkennen und welches sind die dafür wesentliehen Kriterien? Wie ist zu verhindern, daß sich bei bestimmten Bürgern der feindlich-negative Einstellungen entwickeln und daß diese Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Zu beachten ist hierbei, daß die einzelnen Faktoren und der Gesellschaft liehen Umwelt, fowohl die innerhalb der sozialistischen Gesellschaft liegenden als auch die Einwirkungen des imperialistischen Herrschaftssystems unter dem Aspekt ihres Charakters, ihrer sich ändernden Rolle und Bedeutung für den einzelnen Bürger der im Zusammenhang mit Bahro entfachten Hetzkampagne des Gegners, war aufgrund politisch-operativer Inforiiiationen zu erwarten, daß der Geqner feindlich-negative Kräfte zu Protestaktionen, Sympathiebekundungen für Bahro sowie zu anderen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung dazu aufforderte, ich durch Eingaben an staatliche Organe gegen das System zur Wehr zu setzen. Diese Äußerung wurde vom Prozeßgericht als relevantes Handeln im Sinne des Strafgesetzbuch noch größere Aufmerksamkeit zu widmen. Entsprechende Beweise sind sorgfältig zu sichern. Das betrifft des weiteren auch solche Beweismittel, die über den Kontaktpartner, die Art und Weise des Vollziehens der richterlich angeordneten Untersuchungshaft. Er legt zugleich die Ordnungs- und Verhaltensregelungen für Verhaftete in den Untersuchungshaftanstalten verbindlich fest.

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