Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1955, Seite 264

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 264 (NJ DDR 1955, S. 264); dem Obersten Gericht geführten Prozessen vollauf be1-schäftigt, und der damalige Justizminister tat alles, um den angebahnten Aufbau einer selbständigen Staatsanwaltschaft zu verhindern. Ein grundsätzlicher Wandel vollzog sich, als am 27. September 1951 die Verordnung über Maßnahmen zur Vereinfachung der Justiz erging, die eindeutig klarstellte, was sich bei richtiger Auslegung schon aus den Vorschriften der Länderverfassung über die Wahl des Generalstaatsanwalts des Landes und aus § 10 des Gesetzes vom 8. Dezember 1949 ergab, daß nämlich die Staatsanwaltschaft „ein in ihrer Organisation und Tätigkeit selbständiges Organ der Justiz“ ist und daß sie „vom Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik geleitet wild“. Die Verordnung bestimmt weiter, daß alle Organe der Staatsanwaltschaft, nämlich die „Landesstaatsanwälte“ (bisher Generalstaatsanwälte der Länder), die Oberstaatsanwälte (am Sitz der Landgerichte) und die Amtsanwälte (am Sitz der Amtsgerichte) dem Generalstaatsanwalt der Republik unterstehen und nicht mehr von den Landesregierungen, sondern vom Generalstaatsanwalt „eingestellt und entlassen“ werden. Damit war die Herausnahme der Staatsanwaltschaft aus dem bisherigen Justizapparat vollzogen und ein eigener staats-anwaltschaftlicher Apparat geschaffen. Zugleich hatte die durch das Gesetz vom 8. Dezember 1949 gegründete Oberste Staatsanwaltschaft ihr Gesicht verändert. Sie war nicht mehr ein in sich abgeschlossenes oberstes Rechtspflegeorgan, mit der aus § 10 des Gesetzes ersichtlichen Weisungsbefugnis gegenüber den „Staatsanwälten der Länder“, sondern die neue Spitze einer sich nach unten ausbreitenden großen Behördenorganisation, nicht anders, als sie das Justizministerium der Republik für „die Gerichte der Länder“ darstellte. Das nächste bedeutsame Ereignis in der Entwicklung der Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik war der Beschluß des Ministerrats der Deutschen Demokratischen Republik vom 27. März 1952. Ließ schon die in dem Gesetz vom 8. Dezember 1949 dem Generalstaatsanwalt übertragene Befugnis, die Kassation nicht nur rechtskräftiger Strafurteile, sondern auch rechtskräftiger Zivilurteile zu beantragen, die Perspektive erkennen, daß sich die Aufgabe unserer Staatsanwaltschaft weit über die ihr bisher in Deutschland zugestandene Rolle der Anklagebehörde hinaus entwickeln werde, so brachte dieser Ministerratsbeschluß vom 27. März 1952 bereits die Bestätigung dafür, daß unserer Staatsanwaltschaft ein weit größerer Wirkungsbereich zukommt: Der Staatsanwalt als Hüter der sozialistischen Gesetzlichkeit. Dieser Beschluß des Ministerrats übertrug dem Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik die Aufsicht über alle Untersuchungen, die in Strafsachen von den einzelnen Untersuchungsorganen durchgeführt werden; er übertrug ihm ferner die Aufsicht über alle Haft- und Strafvollzugsanstalten in der Deutschen Demokratischen Republik; er ermächtigte schließlich den Generalstaatsanwalt, alle für die Durchführung der Aufsicht notwendigen Anordnungen zu treffen, insbesondere auch Fristen für die Untersuchungen zu setzen. Auf Grund dieses Ministerratsbeschlusses hat der Generalstaatsanwalt am 31. März 1952 eine Reihe grundlegender Rundverfügungen erlassen, die sämtlich dem mit dem Ministerratsbeschluß verfolgten Ziel dienen, „die demokratische Gesetzlichkeit und die Rechtsordnung zu festigen und die Unantastbarkeit der Persönlichkeit und die demokratischen Rechte der Bürger zu sichern“. Die erste dieser Verfügungen betrifft die „Verhaftung und vorläufige Festnahme“ (RV 7/52). In ihr wird insbesondere die Pflicht zur strikten Innehaltung der verfassungsmäßigen und strafprozessualen Vorschriften über Verhaftung und vorläufige Festnahme festgestellt und der Staatsanwalt für die Erfüllung dieser Pflicht, insbesondere für die rechtzeitige Erwirkung des Haftbefehls bei dem zuständigen Richter, sowie dafür verantwortlich gemacht, daß dem Festgenommenen bei der ersten richterlichen Vernehmung der Grund der Verhaftung eröffnet wird und daß sofern der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird auf seinen Wunsch einer von ihm benannten Person Mitteilung von der Verhaftung gemacht wird. Die zweite Rundverfügung betrifft die „Aufsicht über die Tätigkeit der Untersuchungsorgane in Strafsachen“ (RV 8/52). Hier wird diese Aufsicht nach Zuständigkeit und Inhalt im einzelnen geregelt und als Zweck der Aufsicht festgestellt, „die demokratische Gesetzlichkeit bei der Durchführung von Untersuchungen in Strafsachen zu sichern, die Qualität der Untersuchungen zu erhöhen und die Dauer der Untersuchungsverfahren zu verkürzen“. Die dritte Rundverfügung betrilft die „Festsetzung von Fristen für die Bearbeitung von Strafsachen“ (RV 9/52). Sie setzt für jedes Untersuchungsorgan und natürlich auch für die Staatsanwälte selbst strikt einzuhaltende Fristen für die Dauer der bei ihnen anhängigen Strafverfahren, regelt das Verfahren bei der Genehmigung von Fristüberschreitungen und setzt strenge Verantwortlichkeit für ungenehmigte Fristüberschreitungen fest. Die letzte Rundverfügung betrifft die „Aufsicht über die Haft-und Strafvollzugsanstalten“ (RV 10/52). In ihr werden die Zuständigkeiten für diese Aufsicht bestimmt und der Inhalt der Aufsicht festgelegt. Es ist den Staatsanwälten nicht leicht geworden, all diese Aufgaben auf einmal in Angriff zu nehmen. Aber kaum waren sie in Angriff genommen, da verabschiedete die Volkskammer am 23. Mai 1952 das Gesetz über die Staatsanwaltschaft der Deutschen Demokratischen Republik, das, wie für die Gerichte das Gerichtsverfassungsgesetz, für die Staatsanwaltschaft der Republik die Krönung ihrer Entwicklung bedeutete. Auch dieses Gesetz ist ein Musterbeispiel an Kürze, Prägnanz und Klarheit im Ausdruck, im Aufbau und seinem Inhalt nach. Es regelt die Organisation und Struktur der Staatsanwaltschaft, statuiert die an die Persönlichkeit des Staatsanwalts zu stellenden Forderungen und bestätigt das Prinzip der zentralistischen Leitung der Staatsanwaltschaft. Es regelt die führende Tätigkeit des Staatsanwalts im Ermittlungsverfahren und bestätigt seine Eigenschaft als Aufsichtsorgan über die Untersuchungsorgane. Es regelt die Aufgaben des Staatsanwalts bei der Strafvollstreckung, im Strafvollzug und bei der Führung des Strafregisters. Bei den Vorschriften des Gesetzes, die sich auf die Tätigkeit des Staatsanwalts im Gerichtsverfahren beziehen, wird dem Staatsanwalt zu seinen bisherigen Aufgaben eine neue Aufgabe übertragen: die Mitwirkung auch im Zivilrechtsstreit durch Einreichung von Schriftsätzen und durch Teilnahme an Gerichtsverhandlungen. Die größte und ehrenvollste neue Aufgabe für die Staatsanwaltschaft aber besteht darin, daß das Gesetz in seinem zweiten Abschnitt dem Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik „die höchste Aufsicht über die strikte Einhaltung der Gesetze und Verordnungen der Deutschen Demokratischen Republik“ überträgt, eine Aufsicht, die sich „auf alle Ministerien, Ämter und ihnen unterstellte Dienststellen und Einrichtungen, auf Betriebe und ebenso auf alle Funktionäre des Staatsapparates und Bürger erstreckt“. Damit war der Schlußstrich gezogen: Ebenso wie in den Ländern der Volksdemokratie war durch das Gesetz über die Staatsanwaltschaft auch in der Deutschen Demokratischen Republik nach dem großen sowjetischen Vorbild der Staatsanwalt endgültig zum Hüter der Gesetzlichkeit geworden. Auf der Grundlage dieses Gesetzes arbeiten heute die Staatsanwälte in der Deutschen Demokratischen Republik: der Generalstaatsanwalt, die Staatsanwälte der Bezirke, die nach der weiteren Demokratisierung des Aufbaues und der Arbeitsweise der staatlichen Organe in den Ländern der Deutschen Demokratischen Republik (Gesetz vom 23. Juli 1952) an die Stelle der früheren Landesstaatsanwälte getreten sind, und die Staatsanwälte der Kreise. Als Ergebnis dieser Entwicklung können wir also feststellen, daß in grundlegenden demokratischen Gesetzen die Neuorganisation der drei großen Gebiete des Justizwesens und ihrer Organe geregelt wurde: Gerichte, Justizverwaltung und Staatsanwaltschaft, an deren Spitze jeweils ein zentrales Organ steht, nämlich Oberstes Gericht, Ministerium der Justiz und Generalstaatsanwalt. III Es würde den Rahmen dieses Beitrags zum zehnten Jahrestag unserer Befreiung übersteigen, wollten wir 264;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 264 (NJ DDR 1955, S. 264) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Seite 264 (NJ DDR 1955, S. 264)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 9. Jahrgang 1955, Ministerium der Justiz (MdJ), Oberstes Gericht (OG) und Generalstaatsanwalt (GStA) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1955. Die Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 am 5. Januar 1955 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 vom 20. Dezember 1955 auf Seite 770. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 9. Jahrgang 1955 (NJ DDR 1955, Nr. 1-24 v. 5.1.-20.12.1955, S. 1-770).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit - Hausordnung - erarbeitet auf der Grundlage des Befehls des Genossen Minister Gemeinsame Festlegung der Hauptabteilung und der Abteilung des Mfo zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersucbungshaftvollzugsordnung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersucbungshaftanstalten Staatssicherheit haben sich bisher in der Praxis bewährt. Mit Inkrafttreten der Dienstanweisung des Genossen Minister über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung wird auf die versivitäten von Untersuchungs- und traf gef angaan hingerissen, die durch feindlich-negative, diskriminierter oder aufwiegelnde Handlungen die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft und auch der möglichst vollständigen Unterbindung von Gefahren und Störungen, die von den, Verhafteten ausoehen. Auf diese. eise ist ein hoher Grad der und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt gesichert und weitestgehend gewährleistet, daß der Verhaftete sich nicht seiner strafrechtlichen Verantwortung entzieht, Verdunklungshandlungen durchführt, erneut Straftaten begeht oder in anderer Art und Weise die Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Damit die Hausordnung den in der Forschungsarbeit nachgewieeenen höheren gegenwärtigen und perspektivischen Erfordernissen an die Untersuchungshaft Staatssicherheit zur Gewähr leistung der Ziele der Untersuchungshaft sowie der Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaf tanstalt rechtlich zulässig, in begründeten Fällen von den Trennungsgrundsätzen abzuweichen.

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