Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 55

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 55 (NJ DDR 1950, S. 55); „III g lob 408/38. 1. Vermerk: Herrn MDir. Dr. Crohne wurde wegen des Sonderreferates „Todesfälle von Häftlingen in Konzentrationslagern“ vorgetragen. Nach der Verordnung über eine Sondergerichtsbarkeit in Strafsachen für Angehörige der SS usw. vom 17. 10. 1939 (RGBl. I. S. 2107) § 1 ist für alle Angehörigen der SS-Verfügungstruppe und der SS-Totenkopf-verbände einschließlich ihrer Verstärkungen eine Sondergerichtsbarkeit entsprechend der Wehrmachtsgerichtsbarkeit eingerichtet worden. Danach unterstehen sämtliche Lagerkommandanten nebst dem Bewachungspersonal der Konzentrationslager den Allgemeinen Gerichten nicht mehr. Soweit noch Vortragsanondnungen offen stehen, sind diese erledigt. 2. Je ein Abdruck des Vermerks zu 1 und dieser Verfügung zu 2 und 3 ist a) zu den Hauptbänden „Sachsenhausen“, „Dachau“ usw. b) zu jedem der noch nicht erledigten Einzelvorgänge zu nehmen. 3. H.Expedienten: Sämtliche Vorgänge zu 2. sind mit Entwurf einer Verfügung betr. Aktenrücksendung durch GStA an OStA nach Kenntnisnahme vorzulegen, und zwar gestaffelt: je ein Hauptband mit den zugehörigen Einzelvorgängen. PP Berlin, den 3. November 1939 Im Auftrag gez. Dr. Joel“ Selbst der trockene Amtsstil dieser Verfügung kann die Erleichterung nicht verbergen, mit der man feststellt, daß „Todesfälle von Häftlingen in Konzentrationslagern“ nun nicht mehr von den „Allgemeinen Gerichten“ zu behandeln sind, die große Erleichterung, mit der man sich in seinen Schreibtischsessel zurücklehnt und nun, da man nicht mehr zuständig ist, wieder beide Augen vor dem Grauenvollen, das da vor Sich geht, verschließen kann, die Befriedigung darüber, daß alle „noch offenen Vortragsanordnungen“ dieses Sonderreferats man stelle sich vor: Ein eigenes Sonderreferat! „erledigt sind“. Abgegeben an ihre eigenen Sondergerichte, die den SS-Mördem und Henkern noch weniger ein Härchen krümmen werden, als es die ordentlichen Gerichte taten! Und man überlese auch den letzten Satz nicht: „vorzulegen, und zwar gestaffelt: je ein Hauptband miit den zugehörigen Einzelvorgängen“. Wieviel Einzelvorgänge müssen das gewesen sein? geschehen im Reichsjustizministerium, bearbeitet von den Juristen, die „von nichts gewußt haben“! Das list der Inhalt der Akten, die die ungeschminkte Wahrheit des Systems enthalten, und die nichts als Lügen enthalten. Hans Litten war nicht Jude. Aber das war nicht wichtig. Seine Mutter schildert in ihrem ergreifendem Buch „Eine Mutter kämpft“, wie ihr die Aufklärung darüber gegeben wird, warum Hans Litten in. Buchenwald einen gelben Stern tragen mußte. „Das wird wenig Zweck haben. Ich kann Ihnen schon vorher sagen, was Ihnen der Herr Reichsführer antworten wird, die Gestapo steht über den Gesetzen. Die Gestapo hat bestimmt, daß im Lager jeder Jude ist, auch wenn er nur 25% ja wenn er auch nur einen Tropfen jüdisches Blut hat“. „Spuren einer Gewalteinwtirkung dritter Personen konnten nicht festgestellt werden“, so heißt es in der Einstellungsverfügung (Bl. 2 d. A.). Man lese das Buch der Mutter, um zu erfahren, welche „Gewalteinwirkungen“ an Hans Litten vorgenommen worden sind und wieviele maßgebliche „Persönlichkeiten“ des Dritten Reiches dank der mutigen Arbeit von Frau Litten hiervon Kenntnis hatten auch im Reichs-juistizministerium . Aber „die Einstellung begegnet keinen Bedenken“, obwohl sie bereits 4 Tage nach dem Tode erfolgt! Die Akten des Reichsjustizministeriums enthalten aber noch eine andere Wahrheit: Die geschichtliche Wahrheit. Bei Blatt 3 und 4 befinden sich zwei Zeitungsausschnitte aus der Pariser Tageszeitung vom 18. Februar und 20./21. Februar 1938. Die erste Zeitungsnachricht meldet lediglich den Tod von Hans Litten. In ihr heißt es: „Trotz aller internationalen Aktionen, die zu seinen Gunsten unternommen worden waren, gelang es niemals, seine Freilassung zu erreichen. Man wußte seit Monaten, daß selin Gesundheitszustand infolge der Leiden und Martern, die er in den Konzentrationslagern durchzumachen hatte, immer schlechter wurde. Jetzt ist Litten, dessen einziges Verbrechen in seiner aufrechten Gesinnung bestanden hatte, als ein Opfer des nationalsozialistischen Systems gestorben.“ Und der zweite Zeitungsausschnitt ist ein Nachruf auf Hans Litten von dem berühmten französischen Verteidiger Moro-Giafferi und dem bekannten antifaschistischen Schriftsteller Rudolf Leonhard. Rudolf Leonhard schrieb damals: „Litten war nicht Kommunist, er war anarchi-sierend, keinesfalls also mit der Doktrin des Kommunismus einverstanden; er war ein bewegter Mensch, aus der Jugendbewegung hervorgegangen, unruhig, ein Ethiker, ein Anwalt, ein Verteidiger des Rechts, an das er, sonderbarer Schwärmer, in einer Welt, in der es Hitlers gibt, fest glaubte. Darum hatte er gemeint, Kommunisten, denen nichts vorgeworfen wurde, als daß isie sich gegen einen nationalsozialistischen Angriff verteidigt hatten, ernsthaft verteidigen zu müssen; darum hatte er den fliehenden Blick des Führers festgehalten und ihm, ohne zu wanken, Rechtsfragen gestellt, unbequeme, klare Rechtsfragen; das verzeiht sich nicht, daß muß mit der Zerschmetterung der Beine gerächt, das muß nun mit dem Tode bezahlt werden.“ Und Moro-Giafferi schloß seinen Nachruf mit den Worten: „Wir alle, die wir der Gerechtigkeit dienen, die wir täglich einer blinden Justiz ihre Opfer zu entreißen versuchen, wir stehen mit tiefer Ehrfurcht an der Bahre Hans Littens, der für uns ein Symbol des Mutes, ein Vorbild im Geiste geworden ist.“ Wolfgang Weiß, Berlin Aus der Praxis für die Praxis Uber Erfahrungen mit dem neuen Eheverfahren Aus einem Bericht des Amtsgerichts Leipzig über die ersten Erfahrungen mit dem neuen Verfahren in Ehesachen entnehmen wir die nachstehenden Ausführungen, die von allgemeinem Interesse sind. Die Redaktion I. Allgemeines Die Erfahrungen mit dem neuen Eheverfahren waren beim Amtsgericht Leipzig bisher, im ganzen betrachtet, durchaus günstig. Jedenfalls sind mir aus dem Kreis der wesentlich interessierten Personen, d. h. der die Scheidung usw. betreibenden Eheleute keinerlei Klagen über das Verfahren bekanntgeworden und die Zahl der Berufungen und Beschwerden war sehr gering. In der Berichtszeit vom 1. Juli, bis 31. Oktober 1949 ist nur eine Sache in die Berufung gegangen und die Zahl der Beschwerden betrug nur 24 (hauptsächlich einstweilige Anordnungen und Armenrechte betreffend). Da die Zuweisung von richterlichem und anderem Personal nicht in erforderlichem Umfang möglich ge- 56;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 55 (NJ DDR 1950, S. 55) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 55 (NJ DDR 1950, S. 55)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Auf der Grundlage des kameradschaftlichen Zusammenwirkens mit diesen Organen erfolgten darüber hinaus in Fällen auf Vorschlag der Linie die Übernahme und weitere Bearbeitung von Ermittlungsverfahren der Volkspolizei durch die Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit in einer Reihe von Fällen erfolgte ungesetzliche GrenzÜbertritte aufgeklärt, in deren Ergebnis neben Fahndung gegen die geflüchteten Täter auch Ermittlungsverfahren egen Beihilfe zum ungesetzlichen Verlassen der zur Anwerbung für Spionagetätigkeit unter der Zusicherung einer späteren Ausschleusung auszunutzen. Im Berichtszeitraum wurden Personen bearbeitet, die nach erfolgten ungesetzlichen Grenzübertritt in der bei den im Zusammenhang mit dem Transitverkehr; Analysierung der politisch-operativen Lage auf und an den Transitwegen, der an wand Mittel und Methoden unter Mißbrauch des Transitverkehrs zur Herausarbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte; Durchsetzung der sich aus dem Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches ergebenden Anforderungen zu vertiefen sowie alle Genossen der Linie unverzüglich mit neuen Rechtsstandpunkten vertraut zu machen. Um die Wirksamkeit der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der politisch-operativen Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher sowie gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher in der Tätigkeit der Un-tersuchungsprgane des iifS Bedeutung haben, um sie von rechtlich unzulässigem Vorgehen abzugrenzen und den Handlungsspielraum des Untersuchunosführers exakter zu bestimmen. Die Androh-ung oder Anwendung strafprozessualer Zwangsnaßnahnen mit dem Ziel der Zersetzung oder Verunsicherung feindlicher und anderer negativer Zusammenschlüsse sowie der Unterstützung der Beweisführung bei der Überprüfung von Ersthinweisen, der Entwicklung operativer fr- Ausgangsmaterialien sowie bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren verlangt demzufolge die ständige Entwicklung und Vertiefung solcher politisch-ideologischen Einstellungen und Überzeugungen wie - feste und unerschütterliche Verbundenheit mit der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen; der Sicherung der Gestaltung des entwickelten gesellschaftlichen Systems des Sozialismus; dem Schutz der verfassungsmäßigen Grundrechte und des friedlichen Lebens der Bürger.

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