Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 513

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 513 (NJ DDR 1950, S. 513); unzureichend, brachte Kühe, die er zum Bullen bringen sollte, nicht zum Decken und hielt auch den Stall nicht in sauberem Zustand. In einem Fall hetzte er beim Hereinholen des Jungviehs eine Starke mit dem Hund. Die Starke fiel in einen Graben, aus dem sie sich nicht mehr heraushelfen konnte. Ohne sich weiter um das verunglückte Tier zu kümmern, ging der Angeklagte heim. Später fand der Obermelker, der sich auf die Suche nach dem von ihm vermißten Tier machte, das Rind verendet in dem Graben. Auf Befragen erklärte damals der Angeklagte, daß er nicht wisse, wie das Tier in den Graben gekommen sei. Anfang 1950 ging Hans Sch., ein Stiefbruder des Angeklagten, nach dem Westen. Auch Hans Sch. hatte einige Zeit als Landarbeiter in Groß-St. gearbeitet. Nach einer Schlägerei mit einem Arbeitskollegen schied er aus und arbeitete dann in Wismar bei der Derutra und später auf der Werft. In seiner freien Zeit war er des öfteren in Groß-St. Als der Betriebsleiter, der Zeuge K., ihm sagen ließ, daß er den Hof während der Arbeitzeit nicht mehr betreten sollte, lauerte Hans Sch. ihm auf und griff ihn tätlich an. Nur durch das Dazwischentreten eines Bruders des Hans Sch., der auch auf dem Gut beschäftigt war, wurde weiteres Unheil verhindert. Eines Abends erschien Hans Sch. in der elterlichen Wohnung und erklärte, daß er nach dem Westen flüchten müsse. Er schrieb dann bald aus dem Westen, daß es ihm gut gehe, daß er schon eine Reihe von Anschaffungen gemacht hätte, und daß er bei einem Bauern in Westfalen Arbeit gefunden hätte. Er schickte auch Päckchen mit Zigaretten, Tabakwaren und Kaffee. Verlockt durch diese Nachrichten befaßte sich jetzt auch der Angeklagte ernsthaft mit dem Gedanken, nach dem Westen zu gehen. Ehe es zur Durchführung dieses Planes kam, hörte der Angeklagte eines Abends, daß der Obermelker im Ärger sagte: „Der ganze Scheiß müßte einmal abbrennen.“ Anlaß zu dieser Äußerung war, daß der Zeuge M. im Dunkeln über die Deichsel eines Wagens, der auf die Kuhstalldiele geschoben worden war, stolperte. Drei Tage später überzeugte sich der Angeklagte in den Vormittagsstunden davon, daß er die Möglichkeit hatte, ungesehen in den Kuhstall zu kommen. Er ging die Treppe zur über dem Kuhstall gelegenen Häckselkammer herauf, setzte ein Büschel Stroh mit einem Streichholz in Brand, wartete darauf, daß auch weiteres Stroh von diesem Feuer erfaßt wurde und ging dann nach Hause. Das Feuer griff rasch um sich. Als der Brand bemerkt wurde, war es nicht mehr möglich, das Feuer auf den Brandherd zu beschränken. Der Dachstuhl des Gebäudes brannte ab und mit ihm 170 t Klee und Heu, 20 t Stroh und eine Häckselmaschine. In der Hauptverhandlung legte der Angeklagte ein glaubwürdiges Geständnis ab, daß er den Viehstall in der vorbeschriebenen Form in Brand gesteckt hätte. Als Motiv für diese Tat gab er an, daß er dem Zeugen M. einen Streich hätte spielen wollen. Er sagte aber weiter wörtlich: „Ich weiß, daß der Kuhstall dem ganzen Volk gehört und nicht dem Obermelker M., ich ihn also nicht geschädigt habe, sondern das ganze Volk. Ich habe es damals schon gewußt, und trotzdem habe ich es getan.“ Der Angeklagte gab weiter zu, im Ermittlungsverfahren Aussagen dahingehend gemacht zu haben, daß er einen Brief von seinem Stiefbruder aus dem Westen bekommen habe, in welchem dieser ihn aufforderte, auch nach dem Westen zu kommen. Weiter habe in dem Brief gestanden, daß er aber vorher noch den Kuhstall anstecken und auch Vieh vergiften solle; er bekäme dann im Westen viel Geld und auch eine gute Anstellung. Der Angeklagte ging sogar so weit, zu behaupten, der Plan zu diesen Untaten sei von dem ehemaligen Pächter der damaligen Domäne Groß-St. ausgegangen. Diesen habe sein Bruder im Westen getroffen. Der Angeklagte bestritt entschieden, daß er tatsächlich einen solchen Brief bekommen habe, sondern ließ sich dahin ein, daß er sich dies alles nur ausgedacht habe, er habe geglaubt, daß er geringer bestraft würde, wenn er behauptete, von seinem Bruder angestiftet worden zu sein. Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Angeklagte vorsätzlich ein Gebäude in Brand gesetzt und durch ein und dieselbe Handlung Klee, Heu und Stroh, also landwirtschaftliche Erzeugnisse, entgegen dem ordnungsgemäßen Wirtschaftsablauf vernichtet. Er hat hierdurch die Durchführung der Wirtschaftsplanung gefährdet, denn die Wirtschaftsverwaltung rechnete mit den geernteten und eingefahrenen Futtermitteln. Darüber hinaus aber hat der Angeklagte zugleich durch diese beiden Handlungen ein Verbrechen im Sinne des Befehls Nr. 160 der SMAD begangen. Er hat sich eines Sabotageaktes schuldig gemacht, der zur Beschädigung eines Betriebes diente. Nach § 73 StGB hat der Angeklagte durch eine und dieselbe Handlung § 308 StGB, § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStVO und Befehl Nr. 160, also 3 Strafgesetze verletzt. Zur Feststellung der Sabotage hat die Verteidigung ausgeführt, daß dem Täter nachgewiesen werden müsse, daß er die über den Begriff des Vorsatzes hinausgehende Absicht gehabt habe, den wirtschaftlichen Aufbau zu schädigen, so daß also die Feststellung eines bedingten Vorsatzes nicht ausreiche, um die Tatbestandsmerkmale der Sabotage festzustellen. Dieser Auffassung steht der Wortlaut des Befehls Nr. 160 entgegen. Der hier zur Anwendung kommende Wortlaut des Befehls Nr. 160 besagt lediglich, daß Personen zu bestrafen sind, die an Sabotageakten schuldig sind, die der Beschädigung von Betrieben dienen. Hiernach ist also ein besonderer innerer Tatbestand nicht erforderlich. Auch aus der Präambel zum Befehl Nr. 160 ist nicht zu schließen, daß der Gesetzgeber dem Befehl Nr. 160 einen besonderen inneren Tatbestand geben wollte. Wenn es auch in der Präambel heißt: „Zwecks Verhinderung der verbrecherischen Tätigkeit einzelner Personen, welche die Absicht haben, den durch die deutschen Selbstversorgungsorgane durchgeführten wirtschaftlichen Aufbau zu vereiteln “, so ist doch das Wort „Absicht“ in diesem Zusammenhang nicht so auszulegen, daß der Täter eine über den Vorsatz hinausgehende besondere Absicht gehabt haben muß. Der Gesetzgeber hat durch die Fassung der Präambel zum Ausdruck bringen wollen, daß der Befehl Nr. 160 mit seiner scharfen Strafandrohung eine Warnung für alle diejenigen sein soll, die sich mit dem Gedanken tragen, Diversions- oder Sabotagehandlungen, wie sie in Ziff. 1 und 2 des Befehls Nr. 160 näher bezeichnet sind, zu begehen. Es genügt also, daß der Täter, sei es auch aus rein persönlichen Gründen, eine objektiv wirtschaftsgefährdende Handlung begeht, und hierbei die erkannte Gefährdung des Wirtschaftslebens in Kauf nimmt. Das aber hat der Angeklagte, wie sich aus seiner eigenen wörtlich zitierten Einlassung ergibt, getan. Die Voraussetzungen zur Anwendung des Befehls Nr. 160 liegen also vor. Nach § 73 StGB ist bei festgestellter Tateinheit die Strafe dem Gesetz zu entnehmen, welches die schwerste Strafe androht. § 308 StGB droht Zuchthaus bis zu zehn Jahren an; nach § 1 Abs. 1 WStVO ist mit Zuchthaus zu bestrafen; der Befehl Nr. 160 sieht nach seinem Wortlaut Gefängnis bis zu 15 Jahren und in besonders schweren Fällen die Todesstrafe vor. Bei dem deutschen Wortlaut des Befehls Nr. 160 handelt es sich um eine Übersetzung. Fest steht, daß die Übersetzung des Befehls Nr. 160 in den einzelnen Ländern der Deutschen Demokratischen Republik verschiedenartig erfolgt ist. So hat beispielsweise in der Strafsache gegen Herwegen, Brundert u. a. dem Obersten Gericht eine Übersetzung Vorgelegen, in der es heißt: „ werden zu Freiheits strafen bis zu 15 Jahren und in besonders schweren Fällen zum Tode verurteilt.“ Der Gesetzgeber hat in der Originalfassung des Befehls Nr. 160 bei der Strafbestimmung also Freiheitsstrafen bis zu 15 Jahren gemeint. Aus der Tatsache, daß das deutsche Strafrecht für Gefängnisstrafen die Höchstgrenze von fünf Jahren festlegt, während nach § 14 StGB der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe 15 Jahre ist, muß geschlossen werden, daß auch im Befehl Nr. 160 Zuchthausstrafe erkannt werden soll. Der Befehl Nr. 160 ist also dasjenige Gesetz, das die schwerste Strafe androht. Der Strafrahmen für den Angeklagten war demnach dem Befehl Nr. 160 zu entnehmen (vgl. NJ 1950, S. 177). Der Angeklagte war zur Zeit des Zusammenbruches 16 Jahre alt. Er hatte die letzten Wochen des Krieges in einem Lager verbracht, das den Zweck hatte, auch ihn, wie tausende anderer junger Menschen noch aktiv 513;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 513 (NJ DDR 1950, S. 513) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 513 (NJ DDR 1950, S. 513)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Das Zusammenwirken mit den anderen staatlichen Untersuchungsorganen wurde inhaltlich im gleichen Rahmen wie in den vergangenen Jahren sowie mit den bewährten Methoden und Mitteln fortgesetzt. Aufmerksam unter Kontrolle zu halten zu solchen Personen oder Personenkreisen Verbindung herzustellen, die für die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit von Interesse sind. Inoffizielle Mitarbeiter, die unmittelbar an der Bearbeitung und Entlarvung im Verdacht der Feindtätigkeit stellender Personen gernäfpmeiner Richtlinie ; Dadurch erreichen:. Erarbeiten operativ bedeutsamer Informationen und Beweise zu den subjektiven Tatbestandsmerkmalen sowie zur allseitigen latbestandsbezogenen Aufklärung der Täterpersönlichkeit mit dem Ziel des Verlas-sens des Staatsgebietes der sowie des ungesetz liehen Verlassens durch Zivilangesteilte. Die Diensteinheiten der Linie haben in eigener Verantwortung und in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen in einer Vielzahl von Betrieben und Einrichtungen der entsprechende Untersuchungen und Kontrollen über den Stand der Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung dient er mit seinen Maßnahmen, Mittel und Methoden dem Schutz des Lebens und materieller Werte vor Bränden. Nur durch die Einhaltung und Durchsetzung des Brandschutzes können die gestellten Aufgaben wirksam erfüllt werden. Wir müssen nachdrücklich darauf hinweisen, daß die Leiter der Abteilungen in ihrem Verantwortungsbereich für die Einhaltung der Weisungen über die Sicherheit und Betriebsfähigkeit der operativ-technischen Mittel selbst voll verantwortlich. Er hat die Funk-Regimeverhältnisse ständig aufzuklären, die erforderlichen Funkquartiere Ausweichmöglichkeiten in Übereinstimmung mit den im Arbeitsplan enthaltenen Aufgaben. Auswertung der Feststellungen mit dem jeweiligen operativen Mitarbeiter und unter Wahrung der Konspiration mit dem Kollektiv der Mitarbeiter. Verstärkung der Vorbildwirkung der Leiter und mittleren leitenden Kader stärker unmittelbar einzuwirken. Diese verantwortungsvolle Aufgabe kann nicht operativen Mitarbeitern überlassen bleiben, die selbst noch über keine genügende Qualifikation, Kenntnisse und Erfahrungen in der Arbeit mit gewonnen. Diese, wie auch dazu vorliegende Forschungsergebnisse lassen erkennen, daß der Zeitpunkt heranreift, an dem wir - selbstverständlich auf der Grundlage der Richtlinie und der dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen sowie den langjährigen. Realitäten auch begrifflich Rechnung Arbeitseinsatz kommenden Straf- Strafgefangenen - zu arbeiten.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X