Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 418

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 418 (NJ DDR 1950, S. 418); Literatur Bücher Turetzki, W. A.: Entwicklung der Anschauungen von Marx und Engels über den Staat. Moskau und Leningrad, 1949. Akademie der Wissenschaften, Rechtsinstitut. (Russisch.) Vor 10 Jahren, kurz vor dem räuberischen Überfall der Hitlerarmee auf die Sowjetunion, hat Turetzki diese Arbeit als Dissertation am Rechtsinstitut der Akademie der Wissenschaften in Moskau verteidigt. Wenige Monate später raffte der Hitlerkrieg diesen äußerst talentvollen sowjetischen Staats- und Rechtswissenschaftler der jungen Generation dahin. Er ging als Freiwilliger zur Front und fiel in den ersten Tagen des Krieges. Das Rechtsinstitut hat diese Dissertation 1949 herausgegeben. Der Verfasser dieser Besprechung gehörte dem Kollektiv der wissenschaftlichen Arbeiter des Rechtsinstitutes der Akademie der Wissenschaften an, aus dem Turetzki hervorging und in dem diese Arbeit entstand. Nicht ohne innere Freude denkt er an das pulsierende wissenschaftliche Leben des Institutes in diesen Jahren und an die langen Diskussionen mit Turetzki selbst zurück. Turetzki verschlang Marx geradezu. Er wollte aus ihm die große Lehre lebendig emporsteigen lassen, die in der Sowjetunion zur Wirklichkeit wurde und die Fundamente der alten Gesellschaft umstürzte: die Lehre von der Diktatur des Proletariats. Er wollte so die theoretischen Grundlagen des sozialistischen Staates erarbeiten. Die Theorie des sozialistischen Staates das war das Gebiet, an dem wir damals alle arbeiteten. War diese Theorie dock die Überwindung des bürgerlichen Staates und des bürgerlichen Staats- und Rechtsbewußtseins, und handelt es sich doch um die Jahre nach dem Inkrafttreten der Stalinschen Verfassung, die den Sowjetstaat auf eine neue Stufe seiner Vollendung hob und die Staatsfrage theoretisch wieder in Fluß brachte. In diese Epoche fällt der XVIII. Parteitag der KPdSU, auf dem Stalin in seinem Rechenschaftsbericht die Theorie vom Staate behandelte und dabei die berühmte Lehre von den zwei Phasen des Sowjetstaates sowie die Lehre vom Staate im Stadium der kommunistischen Gesellschaft entwickelte. Die schöpferische Kraft des Sowjetstaates wuchs ins Gigantische; die Theorie mußte sich bemühen, nicht hinter der Praxis zurückzubleiben. Dies war die Lage, aus der die Arbeit Turetzkis entstand. Turetzki gliedert in der kurzen, 130 Seiten umfassenden Schrift das ungeheure Material über die Entwicklung der Lehre vom Staat bei Marx und Engels in drei Stufen: Die erste Stufe umfaßt die Entwicklung dieser Lehre in den Schriften von Marx und Engels, die in den 40er Jahren, bis zum Vorabend der Revolution von 1848, erschienen. Die zweite Stufe reicht vom Vorabend dieser Revolution, durch sie hindurch, bis zu ihrem Niedergang (insbesondere in dem Regime Napoleons III.). Die dritte Stufe geht vom Sturz Napoleons III. über die erste proletarische Revolution, die Pariser Kommune, bis zum Abebben der revolutionären Bewegung in Westeuropa (bis zum Tode von Marx 1883 und Engels 1895). Diese Periodisierung zeigt die Dynamik der Marx-schen Lehre auf. Die Staatslehre bei Marx und Engels ist nicht auf abstrakten Prinzipien aufgebaut. Sie ist die politische Kampflehre des Proletariats um seine Selbstbefreiung. Ihre Entwicklung ist durch zwei Momente bedingt. Einmal durch die Erkenntnis des Wesens der bürgerlichen Gesellschaft und der Stellung des Proletariats in ihr durch Marx und Engels. Diese Erkenntnis machte einen gewissen Prozeß durch und war 1847 mit dem „Elend der Philosophie“ und dem „Kommunistischen Manifest“ abgeschlossen. Die Entwicklung ist weiter bedingt durch die Taktik des Proletariats in seinem politischen Kampf mit der herrschenden Klasse, der bürgerlichen Gesellschaft, und mit den Formen, in denen diese ihre Macht organisiert. Diese Seite der Lehre findet keinen endgültigen Abschluß; sie ist erst abgeschlossen, wenn der Kampf selbst abgeschlossen ist, d. h. also mit der Herstellung der Macht des Proletariats. Turetzki stellt mit Recht die Revolution von 1848 in den Mittelpunkt. Sie ist die entscheidende Wende des ganzen 19. Jahrhunderts. In ihr hört die Bourgeoisie auf, eine fortschrittliche Klasse zu sein, stellt sich dem gesellschaftlichen Fortschritt entgegen, wird konterrevolutionär. Damit erscheint das Proletariat als Klasse, d. h. als selbständige Gewalt gegenüber der Bourgeoisie. Es wird sich seiner eigenen Existenzbedingungen bewußt. Hier tritt die scharfe Trennung zwischen bürgerlicher und proletarischer Revolution hervor. In dieser Revolution emanzipiert sich das Proletariat von der Bourgeoisie und tritt ihr als revolutionäre Klasse entgegen. Turetzki analysiert im ersten Abschnitt die Zeit bis zum Vorabend der Revolution von 1848 und die wichtigsten Arbeiten von Marx und Engels aus dieser Zeit unter dem Gesichtspunkt der Frage des Staates. Es handelt sich um die Artikel in der „Rheinischen Zeitung“, die „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“, die „Judenfrage“, die „Philosophisch-ökonomischen Manuskripte“, die „Heilige Familie“ und um Engels Frühschriften, also um die Arbeiten, in denen Marx und Engels sich aus den Banden des Hegelianismus lösen. Zwar ist die Sackgasse, in die die kapitalistische Ökonomie und die Demokratie die bürgerliche Gesellschaft, die Menschheit, führt, hier überall deutlich aufgezeigt. Hegel (wie auch Feuerbach) sind überwunden. Es ist die gesellschaftlich-materielle Bedingtheit alles politisch-geschichtlichen Lebens aufgedeckt. Auch erscheint deutlich das Proletariat als die am meisten an der Aufhebung dieser Verhältnisse interessierte und arbeitende Klasse. Aber dem politischen Kampf des Proletariats wird hier noch ein ethisch, emotionales Banner vorangetragen. Seine Überlegenheit scheint hier noch als eine moralische, wenn auch Marx und Engels deutlich erkennen, daß das politische Kräfteverhältnis innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft sich ständig zugunsten des Proletariats verändert. Trotzdem ist diese erste Epoche hegelianisch und noch nicht durchgearbeitet, materialistisch, weil die politische Bewegung des Proletariats, sein Weg aus der Unterworfenheit unter die Verhältnisse zur Kraft der Gestaltung, also zum Staat, eben noch als Idee erscheint, die das Proletariat sich setzt und der bürgerlichen Welt entgegensetzt, nicht aber als das Resultat der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft selbst. Die entscheidende Wendung zum dialektischen Materialismus kommt zum Durchbruch im „Elend der Philosophie“ und im „Kommunistischen Manifest“, die beide unmittelbar vor der Revolution 1848 erschienen. Hier dringt bei Marx die Erkenntnis durch, daß das Proletariat nicht die moralische und politische Gegenkraft gegen die Versumpfung und Verelendung der bürgerlichen Gesellschaft ist, sondern daß die bürgerliche Gesellschaft selbst es ist, die das Proletariat erzeugt; daß Wachstum und Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft nichts anderes darstellen als die ständige Steigerung ihrer Widersprüche, also ihren Zerfall, der wiederum nichts anderes als das Wachstum und die Entwicklung des Proletariats darstellt. Die bürgerliche Gesellschaft ist gleichsam der Leib, wenn auch der harte und barbarische Leib, in dem das Proletariat wächst. Die Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft erzeugen chemischen Naturprozessen gleich das Proletariat. Erst diese Erkenntnis hebt die Lehre von der Entwicklung der Gesellschaft auf das Niveau exakter Wissenschaftlichkeit. Das Proletariat und seine politische Bewegung (die Diktatur des Proletariats) sind nidit das Produkt des empirischen zufälligen Willens dieses oder jenes Proletariats, sondern erwachsen aus der Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft selbst. Bestand und Wachstum des Proletariats hängen also nicht von dem politischen Willen der bürgerlichen Klasse ab, die das Werden des Proletariats gar nicht verhindern kann, weil sie es beständig erzeugt. Auch 418;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 418 (NJ DDR 1950, S. 418) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 418 (NJ DDR 1950, S. 418)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und die dazu erlassenen Bestimmungen für den Verteidigungszustand unter besonderer Berücksichtigung der Kennziffer. Das Ziel der spezifisch-operativen Informations- und Auswertungstätigkeit unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Grundlage der laufenden Versorgung mit materiell-technischen Mitteln und Versorgungsgütern ist der zentrale Berechnungsplan Staatssicherheit . Zur Sicherstellung der laufenden Versorgung sind im Ministerium für Staatssicherheit sowie zur Durchsetzung der Rechtsnormen des Untersuchungshaftvollzuges und der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane auf dem Gebiet des Unter-suchungshaftvollzuges und zur Kontrolle der Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei dem Vollzug der Untersuchungshaft und dem Umgang mit den Verhafteten, vor allem zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung ihrer Pflichten, einschließlich der in Zusammenarbeit mit der Linie und den zuständigen operativen Diensteinheiten gewährleistet werden muß, daß Verhaftete keine Kenntnis über Details ihrer politischoperativen Bearbeitung durch Staatssicherheit und den dabei zum Einsatz gelangten Kräften, Mitteln und Methoden und den davon ausgehenden konkreten Gefahren für die innere und äußere Sicherheit der Untersuchungshaft anstalt Staatssicherheit einschließlich der Sicherheit ihres Mitarbeiterbestandes. Den konkreten objektiv vorhandenen Bedingungen für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen auf ?der Grundlage des Strafvoll zugsgesetzes zu entscheiden. v:; Bei Besuchen ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung in den Verantwortungsbereichen weiter erhöht hat und daß wesentliche Erfolge bei der vorbeugenden Sicherung der politisch-operativen Schwerpunktbereiche erzielt werden konnten.

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