Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 315

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 315 (NJ DDR 1950, S. 315); einem Zeitpunkt, dessen Bestimmung sich der Täter vorbehält. Es setzt voraus, daß der Täter nur die Absicht hat, die Sachen wieder in den Produktionsgang einzuschalten. Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte das Inventar jahrelang nutzlos liegen gelassen und es nicht seiner Bestimmung entsprechend wirtschaftlich verwandt. Er war auch gar nicht in der Lage, dieses zu tun, da er weder einen Betrieb noch eine Gewerbegenehmigung besaß. Darüber hinaus hatte er auch nicht die Absicht, die Sachen dem ordnungsmäßigen Wirtschaftsablauf wieder zuzuführen. Dafür spricht, daß er einen Teil der Sachen aus dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik nach Hamburg verbringen ließ. Es folgt ferner auch aus seinen Angaben im Vorverfahren, daß er sich im Westen eine neue Existenz aufbauen wollte. Er hat daher die Inventarstücke endgültig aus dem Wirtschaftsgang herausgenommen und sie damit nicht zurückgehalten, sondern beiseitegeschafft. Wenn das Schöffengericht, was aus dem Urteil nicht klar zu ersehen ist, ein Beiseiteschaffen deshalb verneint hat, weil Teile des Inventars auf Grund von Rechtsgeschäften oder Erbansprüchen Dritter entnommen worden sind, so ist dies irrig. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Rechtsgeschäfte vom zivilrechtlichen Standpunkt aus als rechtswirksam angesehen werden können. Selbst wenn die Sachen von diesem Standpunkt aus ordnungsmäßig und zur Befriedigung von berechtigten Ansprüchen Dritter ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch entzogen werden, wird dadurch ein Beiseiteschaffen nicht ausgeschlossen. Falls die dritten Personen nach den Bestimmungen der Wirtschaftsbehörden zu dem Empfang der Sachen nicht berechtigt sind, ist unabhängig von den gewählten Formen oder dem Grunde der Übereignung diese vom Standpunkt der Wirtschaftsplanung bestimmungswidrig und kann daher ein Beiseiteschaffen begründen. Daher kommt es auch für den Zeitpunkt des Beiseiteschaffens nicht, worauf es das Schöffengericht bei den Drehbänken offenbar abstellen will, darauf an, wann die Rechtsgeschäfte hinsichtlich der Sachen erfolgt sind, sondern wann diese tatsächlich aus dem Betriebe entfernt worden sind. Der Angeklagte wäre daher nach § 1 KWVO zu bestrafen gewesen. Hierbei wird aber in der erneuten Hauptverhandlung folgendes zu beachten sein: Die Kriegswirtschaftsverordnung ist durch die Wirtschaftsstrafverordnung am 14. Oktober 1948, also vor Erlaß des Urteils gegen den Angeklagten, außer Kraft gesetzt worden. An die Stelle des § 1 KWVO ist der § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStrVO getreten, der im Ergebnis die gleichen Vorausetzungen wie § 1 KWVO hat. (Vgl. Weiß in NJ 1948 S. 184). Für die Beantwortung der Frage, ob, wie der Kassationsantrag annimmt, die Tat des Angeklagten auch direkt den § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStrVO verletzt hat, ist zunächst die Feststellung erforderlich, ob die Tat des Angeklagten auch unter dem Geltungsbereich der WStrVO begangen ist. Dies ist zu verneinen. Beim Beiseiteschaffen von Sachen im Sinne des § 1 KWVO ist die Tat mit dem Zeitpunkt ihrer Herausnahme, also durch einen einmaligen Akt, vollendet. Aus dem Begriff des Beiseiteschaffens folgt, daß sein Tatbestand sich auf die Begründung des rechtswidrigen Zustandes beschränkt, dessen Aufrechterhaltung aber nicht mehr Teil des Tatbestandes ist, wenn auch der Erfolg der Tat fortdauert. Das Beiseiteschaffen stellt also kein Dauerdelikt wie das Zurückhalten im Sinne des § 1 der KWVO dar, das zur Voraussetzung nicht nur die Begründung, sondern auch die Aufrechterhaltung des widerrechtlichen Zustandes hat. Hier findet die Tat erst mit der Beendigung dieses Zustandes ihren Abschluß. Da der Angeklagte das Inventar im Jahre 1945 beiseitegeschafft hat und in diesem Zeitpunkt die Tat vollendet war, hat er sie nicht auch unter dem Geltungsbereich der WStrVO begangen. Da die KWVO, gegen die der Angeklagte verstoßen hat, nach der Begehung der Tat, aber vor der Aburteilung aufgehoben und durch die WStrVO ersetzt worden ist, bedarf es der weiteren Prüfung, aus welchem Gesetz in diesem Falle zu bestrafen ist. Der § 2a Abs. 2 StGB, der durch die Novelle vom 28. Juni 1935 (RGBl. S. 839) eingefügt worden ist, bestimmt, daß in einem derartigen Falle das spätere mildere Gesetz angewandt werden kann, während nach § 2 Abs. 2 StGB a. F. bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der begangenen Handlung bis zu deren Aburteilung das mildeste Gesetz zwingend anzu-wenden ist. Da der Nationalsozialismus eine bisher geltende Bestimmung des Strafgesetzbuchs grundlegend geändert hat, war zu prüfen, ob die neue Fassung des § 2a Abs. 2 StGB als Ausdruck fortschrittlicher Rechtsentwicklung anzusehen ist, oder ob ihre Anwendung deshalb abzulehnen ist, weil es sich um typisch nationalsozialistisches Gedankengut handelt. Das Kontrollratsgesetz Nr. 11 vom 30. Januar 1946, das einige nationalsozialistische Bestimmungen des StGB außer Kraft gesetzt hat, hat nun zwar den § 2a Abs. 2 StGB nicht ausdrücklich aufgehoben. Aus den Deklarationen und Anordnungen der Alliierten ergibt sich aber, daß alle in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft entstandenen Gesetze, sofern sie der Aufrechterhaltung des Nationalsozialismus dienten, beseitigt werden sollten. Demgemäß sind auch in der Praxis andere nationalsozialistische Gesetzesbestimmungen nicht mehr angewandt worden. So sind auf dem Gebiet des Strafprozesses auf einer Konferenz bei der damaligen Deutschen Justizverwaltung im Oktober 1948 alle Novellen aus der Zeit nach 1933 daraufhin überprüft worden, ob ihre weitere Anwendung gerechtfertigt ist. Nach dem Ergebnis dieser Beratung wurde die Strafprozeßordnung in einer neuen Fassung veröffentlicht, die jetzt die Grundlage des Strafverfahrens bildet. Die Gerichte der Deutschen Demokratischen Republik haben ebenfalls auf Grund dieser Zielsetzung in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß sie auch auf dem Gebiet des materiellen Strafrechts verpflichtet seien, jedei einzelne Bestimmung aus der Zeit des Nationalsozialismus auf ihre weitere Anwendbarkeit zu prüfen. Auch das Oberste Gericht vertritt diesen Standpunkt. Die von den Alliierten in den Potsdamer Beschlüssen festgelegten Grundsätze über die Demokratisierung, Entmilitarisierung und Entnazifizierung Deutschlands und die in der Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik verankerten demokratischen Grundsätze machen es jedem Richter zur Pflicht, von der Anwendung solcher Gesetze abzusehen, die auf nationalsozialistischem Gedankengut beruhen und deren Beachtung zu Ergebnissen führen würde, die mit dem neuen Rechtsbewußtsein in Widerspruch stehen. Aus der Tatsache allein, daß ein Gesetz unter der Herrschaft des Nationalsozialismus erlassen oder geändert worden ist, sowie daraus, daß eine solche gesetzliche Bestimmung zusammen mit anderen erlassen worden ist, die ihrerseits bereits als nationalsozialistisch außer Kraft gesetzt worden sind, kann nicht gefolgert werden, daß eine solche Gesetzesbestimmung nationalsozialistisches Gedankengut zum Ausdruck bringt. Es bedarf vielmehr, wie das Kammergericht in Berlin in seinem Urteil vom 21. Februar 1950 (NJ 1950 S. 129) zutreffend ausgeführt hat, bei jeder einzelnen gesetzlichen Bestimmung einer sorgfältigen historischen Analyse der Rechtsentwicklung und einer Untersuchung über den mit dem Gesetz verfolgten Zweck. Der innere Grund der Bestimmung des § 2 StGB a. F. war, daß in einem der Gegenwart angehörenden Urteil nicht die durch die Wandlung der Rechtsanschauung überwundene Strenge der Vergangenheit zum Ausdruck gelangen soll. (Vgl z. B. Frank StGB, 18. Auflage 1931 S. 23). Die Berechtigung dieses Satzes ist bis 1933 in der Rechtslehre und Rechtsprechung nicht in Zweifel gezogen worden. Auch die Entwürfe zu einem allgemeinen deutschen Strafgesetzbuch aus den Jahren 1925, 1927 und 1930 bestimmen in ihrem § 2 Abs. 2 bzw. § 3, daß das dem Angeklagten günstigste Gesetz anzuwenden ist. Die vereinzelten Abänderungsvorschläge der Theorie bewegen sich nicht in der Richtung, die Anwendung des milderen Gesetzes in das Ermessen des Richters zu stellen. Sie befürworten vielmehr die grundsätzliche Anwendung des späteren Gesetzes, also auch dann, wenn dieses das strengere Gesetz ist. (So Traeger, vgl. Darst. z. deutschen Strafrecht: AVI, 374 ff.). Nur unter der Herrschaft des Nationalsozialismus wurde in Verfolgung der Bestrebungen zur Änderung des § 2 StGB a. F. die Auffassung vertreten, daß die Anwendung des milderen Gesetzes in das Belieben des Richters zu stellen sei. Diese Ansicht ist dann durch die Novelle vom 28. Juni 1935 Gesetz geworden. Sie entspricht also 315;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 315 (NJ DDR 1950, S. 315) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 315 (NJ DDR 1950, S. 315)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen kann und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlungen begehen können, Gleichzeitig haben die Diensteinheiten der Linie als politisch-operative Diensteinheiten ihren spezifischen Beitrag im Prozeß der Arbeit Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung, zielgerichteten Aufdeckung und Bekämpfung subversiver Angriffe des Gegners zu leisten. Aus diesen grundsätzlichen Aufgabenstellungen ergeben sich hohe Anforderungen an die Gesetzeskenntnis, auch auf dem Gebiet des Strafprozeßrechts. Dazu gehört, sich immer wieder von neuem Gewißheit über die Gesetzlichkeit des eigenen Vorgehens im Prozeß der Beweisführung während der operativen und untersuchungsmäßigen Bearbeitung von feindlichen Angriffen und Straftaten der schweren allgemeinen Kriminalität gegen die Volkswirtschaft der Potsdam, Juristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache Anforderungen an die Auswahl,den Einsatz und die Zusammenarbeit Won und mit Sachverständigen zur von mit hohem Beweiswert bei defWcparbeitüng von Verbrechen gegen die Volkswirtschaft der in Opetiven Vorgängen und nadwfLa Pots!, Juristische Hochschule, Diplomarbeit Vertrauliche Verschlußsache . Die Vorbereitung und Durchführung von Vorbeugungsgesprächen durch die Linie Untersuchung als Bestandteil politischoperativer Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung von Havarien, Bränden, Störungen und Katastrophen Erarbeitung von - über das konkrete Denken bestimmter Personenkreise und Einzelpersonen Erarbeitung von - zur ständigen Lageeinschätzung Informationsaufkommen. Erhöhung der Qualität und Effektivität der Untersuchung von politisch-operativ bedeutsamen Vorkommnissen, Vertrauliche Verschlußsache LEHRMATERIAL: Erkenntnistheoretische und strafprozessuale Grundlagen der Beweisführung in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie über die operative Personenkontrolle. Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie zur Durchführung von Sicne rhe.itsüberprüf ungen, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Einschätzung der Ergebnisse der Tätigkeit der Linie Untersuchung im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens ausgerichtet und an den konkreten Haupttätigkeiten und Realisierungsbedingungen der Arbeit des Untersuchungsführers orientiert sein.

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