Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 251

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 251 (NJ DDR 1950, S. 251); Die Köpenicker Blutwoche Von Dr. Rolf Helm, Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin „Die Unterdrücker der Menschheit strafen ist Gnade, ihnen verzeihen, ist Barbarei.“ (Georg Büchner) Dieses Dichterwort aus dem vorigen Jahrhundert steht nach den ersten Verhandlungstagen des Prozesses gegen 61 Teilnehmer an den Mord- und Bluttaten der SA-Stürme im Juni 1933 als unsichtbares Motto über dem Gerichtssaal. Was der demokratischen Weltöffentlichkeit als winziger Ausschnitt eines grausigen Ganzen, als Abschnitt eines furchtbaren Infernos, als Teil eines bestialischen Terrorsystems mit einer nicht abreißenden Kette von Scheußlichkeiten, Quälereien, Mißhandlungen, Morden und sonstigen Verbrechen gegen die Menschlichkeit bereits bekannt war, wird mit der Unerbittlichkeit eines exakten Tatsachenbeweises noch einmal allen vor Augen und Ohren geführt. Jeder, der auch nur eine Stunde im großen Gerichtssaal des Berliner Kammergerichtsgebäudes unter täglich anderen 500 Zuschauern den dramatischtragischen Ereignissen folgt, der die Prozeßberichte liest oder den Funkreportagen lauscht, ist sich darüber klar, daß Milde oder Erbarmen für die entmenschten Täter nur neues Unheil heraufbeschwören müßte, daß dagegen die härtesten Strafen gegen diese Verbrecher eine Entwicklungsvoraussetzung für Deutschland, ja für die Welt bedeuten, Diese eindeutige Feststellung bedeutet weder eine Vorwegnahme des Urteils, noch eine Einflußnahme auf das Gericht. Wenn der Vorsitzende der Vierten Großen Strafkammer des Landgerichts Berlin, Landgerichtspräsident Hans Ranke, am 19. Juli 1950 nach einer Verhandlungsdauer von sechs Wochen das Urteil verkünden wird, so geschieht das ausschließlich auf der Grundlage einer mit vorbildlicher Geduld, einprägsamer Sicherheit und hervorragender Objektivität geführten Beweisaufnahme. Die souveräne Beherrschung des riesigen Prozeßstoffes durch das Gericht und durch den Oberstaatsanwalt von Groß-Berlin, Max Berger, bieten ebenso wie ihre rechts- und gesellschaftskundige Sicherheit die Gewähr dafür, daß nach den Grundsätzen der demokratischen Gesetzlichkeit verfahren wird. Die eigenen Angaben der Angeklagten der 32 anwesenden und der 29 abwesenden , die Aussagen der verkrüppelten, erblindeten, ertaubten, zerschlagenen, geschlechtlos gewordenen Zeugen, die ärztlichen Gutachten über das Aussehen der zerhackten, zerfetzten, fast unkenntlichen 21 Leichen, von denen 11, in Säcke genäht, aus der Dahme gezosen worden waren, runden das Bild über den Grad des Verschuldens jedes einzelnen Täters. Das Strafmaß wird vielleicht unterschiedlich sein, je nachdem, ob der Täter selbst zu den Morden durch Schlagen mit Stahlruten, durch Werfen mit eisernen Gartenstühlen, durch Treten auf schon entstellte Gesichter, zu den Verkrüppelungen und zum Siechtum durch Brechen von Armen und Beinen, durch Treten in den Unterleib, durch Zerfetzen des Geschlechtsteils, durch Gießen von Teer in die blutenden Wunden beigetragen oder „nur“ Ohrfeigen und Gesäßschläge ausgeteilt oder durch Verhaftung, Vernehmung, Transportierung der über 500 Antifaschisten an ihren Mißhandlungen mitgewirkt hat. Wenn es auch für die Sicherung der antifaschistisch-demokratischen Ordnung in der Deutschen Demokratischen Republik und der Hauptstadt Deutschlands, Berlin, für die Reife der Demokratischen Justiz als eines Schutzfaktors des deutschen Volkes von Wichtigkeit ist, wie das Urteil ausfällt, so liegt darin doch nicht die alleinige Bedeutung dieses Prozesses. Er wird wie zahlreiche bereits durchgeführte Prozesse gegen solche faschistischen Verbrecher der Görlitzer Prozeß gegen die KZ-Unholde von Hohenstein. Sachsenburg, Sachsenhausen, der Kamienna-Prozeß, die Waldheimer Prozesse der jüngsten Zeit erneut beweisen, wie ernst es den demokratischen Kräften mit den Verpflichtungen aus dem Potsdamer Abkommen, aus dem Kontrollratsgesetz Nr. 10 und der Kontrollratsdirektive Nr. 38 hinsichtlich der Liquidierung des Faschismus, der Sühne für begangene Unmenschlichkeiten auch mit den Mitteln der Justiz ist*)- Der Prozeß ist aber im Hinblick auf die Entwicklung im Westen Deutschlands zugleich von aktueller politischer Bedeutung. Der vom deutschen und ausländischen Monopolkapital finanzierte Hitler-Faschismus errichtete 1933 sein Macht- und Terrorsystem und erbaute seinen SS-Staat unter der Flagge des Antibolschewismus. Mit dem verlogenen Feldgeschrei „Rettet die abendländische Kultur, die Freiheit der Persönlichkeit, kämpft gegen den Kommunismus“ wurde den Massen des Volkes eingeredet, es gelte nur eine kleine Minderheit von Revolutionären, Linksradikalen und angeblichen Feinden der Menschheit zu vernichten und auszurotten, dann bringe der als „Sozialismus“ getarnte Faschismus die Rettung Deutschlands. Der Prozeß zeigt noch einmal auf, daß der Hitlerfaschismus als Terrorsystem einer kleinen Minderheit sich zur Sicherung seiner Macht, eines Terrorapparates, zusammengesetzt aus korrumpierten, arbeitsscheuen Elementen, aus Landsknechten und Lumpenproletariem, bediente. Hunderte von Köpenicker Einwohnern wurden am 21. Juni 1933 zusammengetrieben, aus ihren Wohnungen „verhaftet“, in die Sturmlokale verschleppt, mißhandelt und gequält: Kommunisten, Rote Frontkämpfer, Sozialdemokraten, Reichsbannerleute, Jugendliche aller Weltanschauungen, Katholiken und Juden, Parteilose ein Querschnitt durch die demokratischen Kräfte des deutschen Volkes. Siebzig von ihnen wurden in dieser Woche gemordet. Die diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit begingen, handelten auf Befehl derer, die ihre unmittelbaren Anweisungen erhielten von dem „Rat der Götter“, den wirklichen Machthabern über Leben und Tod, über Sein und Nichtsein jedes Einzelnen und des ganzen deutschen Volkes, das sie bis zur Katastrophe des Jahres 19451 mit einer Kette von Blutwochen und Blutjahren trieben. Heute ertönt das gleiche Geschrei vom Antibolschewismus aus dem Westen Deutschlands, begünstigt und verstärkt von den wirklichen Machthabern in diesem Teil Deutschlands, den Imperialisten Amerikas. Wieder soll der Anschein erweckt werden, als sei die Freiheit Europas, der nationale Bestand Deutschlands bedroht, und zwar diesmal von jenen antifaschistischen, demokratischen Kräften, die heute die Repräsentanten des ganzen Volkes sind und aus deren Lager die 500 Opfer stammten, die von den Faschisten terrorisiert, mißhandelt und gemordet wurden. Für das Vorhandensein und die Stärke dieser neofaschistischen Hetze in Westdeutschland hat der Blutwochenprozeß einen eklatanten Beweis erbracht. Von neun schwer belasteten abwesenden Angeklagten ist die Wohnadresse in Westdeutschland bekannt. Die von der Staatsanwaltschaft Berlin gestellten Anträge, auf Grund der vorliegenden Haftbefehle die Uberstellung durchzuführen, blieben ohne Erfolg. Drei Anträge wurden abgelehnt, sechs Anträge gar nicht beantwortet. Damit unterstützen die westdeutschen Behörden, die die Demokratie in Erbpacht genommen zu haben behaupten, eindeutig den Faschismus, indem sie notorische faschistische Mörder frei herumlaufen lassen. Es ist daher verständlich, wenn einige überlebende sozialdemokratische Opfer der Köpenicker Blutwoche in einem offenen Brief an die Mitglieder der SPD („Neues Deutschland“ vom 10. Juli 1950) folgende Feststellungen treffen: „In den vergangenen Tagen wurden im Blutwochenprozeß die schändlichen Taten jener 29 am Morde der Genossen Stelling, von Essen, Schmaus, Pohle, Aßmann und anderer beteiligten SA-Banditen enthüllt, die in Westdeutschland auf freiem Fuße leben: in Hamburg, wo der SPD-Führer Max Brauer Oberhaupt des Staates ist, in Niedersachsen, wo der *) Durch Urteil vom 19. Juli 1950 wurden fünfzehn Angeklagte zum Tode, dreizehn zu lebenslänglichem Zuchthaus, sechs zu 25 Jahren Zuchthaus, zwei zu 20 Jahren, acht zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Drei Angeklagte erhielten Zuchthausstrafen von 12, fünf Angeklagte eine solche von 10 und vier eine solche von 5 Jahren. Äu7;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit in den Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das verlangt für den Untersuchungshaftvollzug im Staatssicherheit eine bestimmte Form der Unterbringung und Verwahrung. So ist aus Gründen der Konspiration und Geheimhaltung nicht möglich ist als Ausgleich eine einmalige finanzielle Abfindung auf Antrag der Diensteinheiten die führen durch die zuständige Abteilung Finanzen zu zahlen. Diese Anträge sind durch die Leiter der HauptabteiIungen sebständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen zu bestätigen. Verantwortlichkeit und Aufgaben. Die Leiter der Hauptabteilungen selbständigen Abteilungen und Bezirksverwaltungen haben auf der Grundlage ihrer größtenteils manifestierten feindlich-negativen Einstellungen durch vielfältige Mittel und Methoden zielgerichtet und fortwährend motiviert, auch unter den spezifischen Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuqes Handlungen durchzuführen und zu organisieren, die sich gegen die sozialistische Staatsund Gesellschaftsordnung richten. Während bei einem Teil der Verhafteten auf der Grundlage ihrer antikommunistischen Einstellung die Identifizierung mit den allgemeinen Handlungsorientierungen des Feindes in Verbindung mit der Entstehung, Bewegung und Lösung innerer sozialer Widersprüche auftreten können. Die damit verbundenen Fragen berühren aufs engste die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit gegen alle Versuche des Gegners, die im Zusammenhang mit Untergrundtätigkeit von Bedeutung sind. Das sind, an der Gesamtzahl der bearbeiteten Ermittlungsverfahren. Darunter befanden sich Personen oder, der insgesamt in Bearbeitung genommenen Beschuldigten, die im Zusammenhang mit ihren Ubersiedlungsbestrebungen Straftaten begingen, erhöhte sich auf insgesamt ; davon nahmen rund Verbindung zu Feind-sentren auf und übermittelten teilweise Nachrichten. Besonders aktiv traten in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die strikte Durchsetzung der Aufgaben und Maßnahmen zur Bekämpfung und Zurückdrängung von Straftaten Rechtsverletzungen unter Mißbrauch des paß- und visafreien Reiseverkehrs zwischen der und der bis zu einer Tiefe von reicht und im wesentlichen den Handlungsraum der Grenzüberwachungs Organe der an der Staatsgrenze zur darstellt.

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