Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 226

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 226 (NJ DDR 1950, S. 226); Alle diese Fragen sind so klar, daß ihre Beantwortung eigentlich nicht zweifelhaft sein kann. Trotzdem zeigen die Erfahrungen, daß die Gerichte noch immer nur mit dem größten Vorbehalt an die Bestrafung von Branddelikten auf Grund der Wirtschaftsstraf Verordnung her-angehen. Das beweisen auch die beiden abgedruckten Urteile. Das Urteil des Landgerichts Leipzig erwähnt die WStrVO überhaupt nicht, und das Schöffengericht in Langensalza gibt für die Anwendung der WStrVO eine Begründung, der man anmerkt, wie schwer es dem Gericht geworden ist, sie zu geben. Die Gründe für dieses Versagen der Gerichte in einer Frage, deren richtige Beantwortung eigentlich auf der Hand liegt, kann nur darin zu suchen sein, daß die Richter mit einer unrichtigen Einstellung an die Bearbeitung von Brandfällen herangehen. Deshalb wurde oben gesagt, daß die erste Aufgabe der Justiz darin besteht, das richtige Bewußtsein von der Gefahr der Brände für unsere Wirtschaft in den Staatsanwälten und Richtern zu wecken. Die Richter müssen sich darüber klar werden, daß es bei der Verurteilung wegen Branddelikten letztlich nicht entscheidend darauf ankommen kann, welches Maß von Schuld festzustellen ist und in welchem Ausmaße insbesondere eine Sorgfaltspflicht verletzt worden ist. Entscheidend kommt es hier wie bei allen gegen unsere Wirtschaft gerichteten oder diese Wirtschaft gefährdenden Delikten auf den angerichteten Schaden, auf den Wert der vernichteten Wirtschaftsgüter für die Wirtschaft, auf die Gefährdung der Durchführung der Wirtschaftsplanung und der Versorgung der Bevölkerung an. Wenn die Gerichte diese Gesichtspunkte berücksichtigen, dann werden sie von selbst darauf kommen, daß bei Branddelikten in aller Regel stets die Wirtschaftsstrafverordnung anzuwenden ist. Sie werden dann nicht mehr so leicht wie bisher den Angaben der Angeklagten Glauben schenken, daß sie den angerichteten Schaden überhaupt nicht in Rechnung gestellt hätten. Sie werden sich darauf besinnen, daß es nicht nur Strafbestimmungen gegen fahrlässige Brandstiftung, sondern auch solche gegen vorsätzliche Brandstiftungen gibt, und daß zur Bestrafuna wegen Vorsatzes auch der bedingte Vorsatz genügt. Sie werden dann zu einer Rechtsprechung kommen, die einen wirksamen Kampf gegen die Brandstifter, unter denen sich auch Saboteure unserer Wirtschaft befinden, führt, und damit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung unserer Wirtschaftsordnung leisten. Wolfgang Weiß § 81 StPO Die Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt zur Beobachtung des Angeklagten auf seinen Geisteszustand erfolgt nur auf Antrag eines Sachverständigen. OLG Potsdam, Urt. vom 31. Januar 1950 3 Ss 1/50. Aus den Gründen: Nur der Sachverständige kann nach § 81 StPO beantragen, daß der Angeklagte in einer öffentlichen Heiloder Pflegeanstalt beobachtet werden soll. Der Sachverständige St. hat ausweislich S. 2 des Hauptverhandlungsprotokolls Bl. 248 R ausdrücklich erklärt, daß eine solche Unterbringung nicht nötig sei. Den von einer entgegengesetzten Auffassung ausgehenden Antrag des Verteidigers, der eine Beobachtung wünschte, hat daher das Gericht mit Recht abgelehnt. § 268 StPO. In einem Strafurteil können ähnlich wie im Zivilprozeß offensichtliche Versehen von Amts wegen oder auf Antrag nachträglich durch Beschluß behoben werden, wenn dies aus Gründen einer vernünftigen Prozeßökonomie und der Billigkeit geboten erscheint. OLG Gera, Beschl. vom 26. Januar 1950. Gründe: Der Senat hat bei der Urteilsfällung übersehen, die Frage zu prüfen, ob dem Angeklagten die zwischen dem Erlaß des angefochtenen Urteils und der Revisionsverhandlung erlittene Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe anzurechnen sei. Dieses Versehen wurde erst bei der schriftlichen Abfassung der Urteilsgründe festgestellt, zumal auch der Verteidiger in dieser Richtung keinen Antrag gestellt hat. Unterdessen hat aber auch der Verteidiger in seinem Schriftsatz vom 11. Ja- nuar 1950 diesen Antrag nachgeholt und die Ergänzung des Urteils beantragt. Zunächst ist die Frage zu prüfen, ob eine derartige Ergänzung des Urteils zulässig ist. Das Reichsgericht hat in ständiger Rechtsprechung diese Frage äußerst engherzig beantwortet und nach der Verkündung des Urteils eine Abänderung oder Ergänzung nur im Rahmen der Verbesserung offensichtlicher Schreib- und Ausdrucksfehler zugelassen, dagegen jede sachliche Berichtigung und Ergänzung schlechthin für unzulässig erklärt. Diesem Standpunkt kann nicht mehr beigepflichtet werden. Der Senat vertritt vielmehr die Ansicht, daß bei offensichtlichen Versehen das erkennende Gericht aus Gründen einer vernünftigen Prozeßökonomie und eines unbedingten Bedürfnisses der Rechtspflege ähnlich wie im Zivilprozeß (§§ 319 und 320 ZPO) in der Lage sein muß, diese Fehler im Wege einer nachträglichen Berichtigung von Amts wegen oder auf Antrag zu beheben, auch wenn die StPO eine derartige Vorschrift nicht ausdrücklich getroffen hat. Zu diesen offensichtlichen Versehen gehört auch die unterbliebene Entscheidung über die Anrechnung oder Nichtanrechnung der im Revisionsverfahren seit dem Erlaß des angefochtenen Urteils erlittenen Untersuchungshaft. § 60 StGB trägt nämlich neben seinem materiell-rechtlichen Inhalt auch insoweit prozessualen Charakter, als aus seinem Sinn und Zweck zu entnehmen ist, daß sich nicht nur das Tatsachengericht, sondern auch das Revisionsgericht, wenn es als letzte Instanz das Verfahren endgültig entscheidet, über die Anrechnung oder Nichtanrechnung der Untersuchungshaft aussprechen muß. § 60 StGB; § 267 Abs. 3 StPO. Die Anrechnung der Untersuchungshaft kann nicht lediglich mit dem Hinweis auf die Schwere der Tat abgelehnt werden. OLG Potsdam, Urt. vom 13. Dezember 1949 3 Ss. 229/49. Aus denGründen: Zutreffend rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung des § 267 Abs. 3 hinsichtlich der Untersuchungshaft. Gemäß § 60 StGB „kann“ eine erlittene Untersuchungshaft auf die erkannte Strafe ganz oder zum Teil angerechnet werden. Diese Formulierung des Gesetzes stellt die Anrechnung in das pflichtmäßige Ermessen des Gerichts. Aus den Ausführungen des Urteils ergibt sich, daß die Nichtanrechnung der Untersuchungshaft auf rechtsirrigen Erwägungen beruht. Für die Schwere der Tat werden die Angeklagten mit der ausgeworfenen Strafe, in diesem Fall mit Zuchthaus, betroffen. Ihnen deshalb eine nicht verschuldete lange Untersuchungshaft nicht anzurechnen, ist nicht angängig. Der Senat hat beiden Angeklagten aus diesem Grunde die Untersuchungshaft voll angerechnet. § 276 fl., § 219 StPO. Im Verfahren gegen Flüchtige ist die kommissarische Vernehmung des Angeklagten, dessen Anschrift bekannt ist, nicht vorgeschrieben. Ein Recht des Angeklagten, die Ladung von Zeugen zu verlangen, besteht nur insoweit, als er ladungsfähige Anschriften der Zeugen angibt. OLG Potsdam, Beschl. vom 5. April 1950 3 Ss. 36/50. Aus den Gründen: Zu Unrecht beschwert sich die Revision über eine Einschränkung der Verteidigung, da dem Antrag des Verteidigers auf Vernehmung des Angeklagten durch ein ersuchtes Gericht nicht stattgegeben sei. Im Verfahren gegen Flüchtige nach §§ 276 ff. StPO ist die kommissarische Vernehmung des Angeklagten nicht vorgeschrieben. Auch die Rüge, daß mehrere Zeugen zur Hauptverhandlung dem Antrag der Verteidigung zuwider nicht geladen worden seien, ist unbegründet. Dem Verteidiger ist von dem Vorsitzenden der Strafkammer auf den schriftlichen Antrag, jene Zeugfen zu vernehmen, erwidert worden, daß ladungsfähige Anschriften nicht angegeben seien und daß daher nur der eine Zeuge, dessen Adresse bekannt war, geladen worden Sei. Sache des Verteidigers wäre es hiernach gewesen, die Zeugen seinerseits zu laden, wenn er glaubte, daß ihre Aussagen und die Beweisthemen wesentlich seien, oder die Anschriften und Beweisthemen der Strafkammer mitzuteilen, nötigenfalls mit dem Antrag auf Vertagung des Termins. 226;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 226 (NJ DDR 1950, S. 226) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 226 (NJ DDR 1950, S. 226)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen an-zuivenden Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststeilung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorbereitung, Durchfüh- rung und Dokumentierung der Durchsuchungshandlungen, die Einhaltung der Gesetzlichkeit und fachliche Befähigung der dazu beauftragten Mitarbeiter gestellt So wurden durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von einer Stunde zu empfangen. Die Sicherung dieser Besuche hat durch Angehörige der Abteilungen zu erfolgen. Die für den Besuch verantwortlichen Angehörigen der Diensteinheiten der Linie zu er folgen; Verhafteten ist die Hausordnung außerhalb der Nachtruhe jederzeit zugänglich zu machen. Unterbringung und Verwahrung. Für die Verhafteten ist die zur Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft weit gehendst vermieden werden, wie es unter den konkreten Bedingungen der Verwahrung Verhafteter in einer staatlichen medizinischen Einrichtung möglich ist.

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