Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1950, Seite 174

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 174 (NJ DDR 1950, S. 174); insbesondere richtig, daß, dem Wortlaut des § 11 Ziff. 1 WStrVO nach, die eine Vorstrafe wegen Wirtschaftsvergehens nicht zur Annahme nunmehr eines schweren Falles herangezogen werden kann, da jene Freiheitsstrafe 6 Monate nicht überstieg, § 11 Ziff. 1 WStrVO aber als Beispiel für einen schweren Fall nur eine sechs Monate übersteigende Freiheitsstrafe gelten läßt; die Zurechnung der Ersatzfreiheitsstrafe für die Geldstrafe von 5000 DM zu den sechs Monaten erscheint nicht zulässig. Es ist ferner richtig, wenn im Gegensatz zu der von der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung die Gewerbsmäßigkeit des Handelns im Sinne von § 11 Ziff. 5 WStrVO von der Strafkammer verneint worden ist, wenigstens soweit Vergehen gegen §§ 2 und 4 WStVO vorliegen. Denn bei diesen Straftaten gehört das Handeln in Ausübung eines Gewerbes bereits zum gesetzlichen Tatbestand, kann also nicht noch als Bestandteil der Merkmale der „schweren“ Fälle dieser Straftaten verwendet werden; gewerbsmäßig (§11 Ziff. 5 WStrVO) handelt der Gewerbetreibende bei Verrichtung einer Handlung seines Gewerbebetriebes (§§ 2, 4 WStrVO) regelmäßig, mag sich in anderer Beziehung auch der strafrechtliche Begriff der Gewerbsmäßigkeit mit demjenigen der Ausübung eines Gewerbes nicht decken (RG 75, 188). Trotz der Nicht- oder Minderschwere der einzelnen Straftat des Angeklagten kann das Zusammentreffen zahlreicher Einzeltaten durchaus die Voraussetzung dafür schaffen, daß eine oder einzelne Taten als schwer angesehen und behandelt werden. Das Verzeichnis des § 11 WStrVO gibt nur Beispiele an, bei deren Vorliegen „insbesondere“ ein schwerer Fall anzunehmen ist. Weitere Fälle schwerer Art können beispielsweise vorliegen, wenn der Täter durch eine Menge von an sich selber leichten Einzeltaten seine leichtfertige, betont gleichgültige, das Interesse des Volkes an der Planerfüllung vernachlässigende, die Schwierigkeiten der Plandurchführung womöglich schadenfroh beobachtende und fördernde Gesinnung erkennen läßt, aus der heraus er handelt und zum Saboteur wird. Die Häufung solcher Zuwiderhandlungen, wie sie beim Angeklagten gegeben ist, kann die Annahme eines „schweren“ Falles insbesondere dann rechtfertigen, wenn eine (für sich allein nach § 11 Nr. 1 WStrVO nicht genügende) Vorstrafe wegen Wirtschaftsvergehens und sonstige äußere Momente (Hakenkreuz am Hofgebäude) zeigen, daß es sich hier um einen Typ handeln kann, dem „die ganze Richtung nicht paßt“ und der deshalb mit sträflicher Lässigkeit statt mit aufbauendem Eifer seine Pflichten als Bauer auffaßt und ausübt. § 1 WStrVO. Auch Geflügel gehört zu den der Versorgung der Bevölkerung dienenden Erzeugnissen. Diebstahl von Gie-flügel kann unter § 1 WStrVO fallen. OLG Potsdam, Urt. vom 29. November 1949 3 Ss. 228/49. Aus den Gründen: Mit Recht rügt die Nichtigkeitsbeschwerde, daß das Schöffengericht bei der Bestrafung der drei Angeklagten die Wirtschaftsstrafverordnung vom 6. Oktober 1948 nicht angewandt hat. Die Angeklagten haben bei ihrem Raub am 13. Januar 1949 einen Hammel sowie vier Hühner und vier Gänse erbeutet. Bei dem Hammel handelt es sich um ein Stück Vieh, das sowohl hinsichtlich des Fleisches als auch der Wolle der Bewirtschaftung unterliegt. Indem sie diesen geschlachtet und für sich verbraucht haben, haben sie sich auch des Verbrechens gegen § 1 Abs. 1 Ziff. 3 der WStrVO schuldig gemacht. Aber auch in der Wegnahme der Hühner und Gänse liegt ein Verstoß gegen dieselbe gesetzliche Bestimmung. Wienn auch Hühner- und Gänsefleisch nicht der Bewirtschaftung unterliegt, also auch kein Ablieferungssoll darauf besteht, dient es doch auch der Versorgung der Bevölkerung. So kann der Bauer z. B. Hühner- und Gänsefleisch als Austausch für andere Erzeugnisse abliefern, an denen er selbst Mangel leidet, um deren Ablieferung er aber sonst im Rahmen seines Ablieferungssolls verpflichtet wäre. Aber auch als freie Spitzen werden diese landwirtschaftlichen Erzeugnisse im Wege über die Einkaufsgenossenschaft zur Versorgung der Bevölkerung verwandt. Die Angeklagten waren somit auch nach der Wirtschaftsstrafverordnung zu bestrafen. § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStrVO, KRG Nr. 50. Zur Strafbarkeit der Veruntreuung von HO-Waren. OLG Potsdam, Urt. vom 4. Oktober 1949 3. Ss. 145/49. Aus den Gründen: Bei der auf Anregung der Nichtigkeitsbeschwerde vorzunehmenden rechtlichen Prüfung bedarf es zunächst der Feststellung, ob die von dem Schöffengericht vorgenommene rein privatwirtschaftliche Beurteilung als Unterschlagung und Untreue genügt oder ob nicht auch Wirtschaftsvergehen anzunehmen ist. Nach der Satzung der Handelsorganisation „Freie Läden“ (HO) vom 3. November 1948 (ZVB1. S. 323) ist die HO ein volkseigenes Unternehmen und eine Anstalt öffentlichen Rechts. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß Veruntreuungen in öffentlichen Unternehmen, vor allem volkseigenen Betrieben, grundsätzlich auf ihren Charakter als die Gemeinschaft schädigende Wirtschaftsvergehen untersucht werden müssen, ehe eine Beurteilung auch unter den privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten der Untreue usw. erfolgt. Das Schöffengericht sieht ebenso wie die Anklage von einer derartigen Untersuchung ab. Ob und welche Strafbestimmungen der Wirtschaftsstrafverordnung oder sonstiger Wirtschaftsstrafgesetze auf Straftaten der Angeklagten anzuwenden sind, läßt sich bei den erörterten Mängeln der tatsächlichen Feststellungen im gegenwärtigen Stand des Verfahrens nur vermutungsweie sagen. In erster Linie ist an § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStrVO zu denken. Von den Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStrVO bedarf die hauptsächliche, nämlich die Gefährdung, sei es der Durchführung der Wirtschaftsplanung, sei es der Versorgung der Bevölkerung, im vorliegenden Fall der grundsätzlichen Prüfung. Unredliche Wegnahme von Nahrungsmitteln und sonstigen Waren aus den öffentlichen Beständen der HO-Läden kann auf jeden Fall die Durchführung der Wirtschaftsplanung gefährden. Denn die durch den HO-Verkauf erzielten Reingewinne stellen einen Teil der Einnahmen dar, die dazu dienen sollen, die Staatsausgaben decken zu helfen. Sie bilden also einen wichtigen Bestandteil der deutschen Wirtschaftsplanung. Wer sich am öffentlichen Vermögen in den HO-Läden vergreift und dadurch die möglichen Einnahmen der deutschen öffentlichen Wirtschaft und ihrer Planung rechtswidrig beeinträchtigt, stört also im Sinne des Gesetzes die Durchführung der Wirtschaftsplanung. Bei dieser Sachlage bedarf es aus Anlaß der vorliegenden Straffälle nicht auch der rechtlichen Prüfung, ob die Entwendung der HO-Vorräte auch die andere, wahlweise geltende Voraussetzung der Strafvorschrift in § 1 WStrVO erfüllt, daß dadurch unmittelbar die Versorgung der Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen wird. Die weitere Voraussetzung des § 1 WStrVO, daß durch unredliches Verhalten gegenüber dem öffentlichen oder im öffentlichen Interesse betreuten Gut die Durchführung der Wirtschaftsplanung auch gefährdet wird, kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats selbst dann als gegeben in Frage kommen, wenn die entwendeten Mengen recht klein waren, es sei denn, daß es sich um Gramm und Pfennige oder sonstwie wirklich nur um unwesentliche Geringfügigkeiten handelt. An dem Gegebensein des letzten Erfordernisses für die Anwendung des § 1 Abs. 1 Ziff. 3 WStrVO des Beiseiteschaffens entgegen dem ordnungsmäßigen Wirtschaftsablauf, kann beim Entwenden von HO-Waren kein Zweifel sein. Nicht anwendbar auf die Entwendungen der Angeklagten im HO-Laden ist KRG Nr. 50. Denn die in diesen Läden zum Verkauf gestellten Waren, an denen sich die Angeklagten vergriffen haben, sind dort nicht mehr zwangsbewirtschaftet im Sinne des Gesetzes, vielmehr gerade der Zwangsbewirtschaftung zum Zwecke der freien Veräußerung entzogen. Anmerkung: Dem Urteil ist zuzustimmen, soweit es das Schöffengericht darauf hinweist, daß Veruntreuungen in öffentlichen Unternehmen, vor allem in volkseigenen Betrieben, zunächst daraufhin zu untersuchen seien, ob 174;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 174 (NJ DDR 1950, S. 174) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Seite 174 (NJ DDR 1950, S. 174)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 4. Jahrgang 1950, Ministerium der Justiz (MdJ) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Deutscher Zentralverlag, Berlin 1950. Die Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1950 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 12 im Dezember 1950 auf Seite 516. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 4. Jahrgang 1950 (NJ DDR 1950, Nr. 1-12 v. Jan.-Dez. 1950, S. 1-516).

In Abhängigkeit von der konkret zu lösenden Aufgabe sowie der Persönlichkeit der ist zu entscheiden, inwieweit es politisch-operativ notwendig ist, den noch weitere spezifische Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln anzuerziehen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß konkret festgelegt wird, wo und zur Lösung welcher Aufgaben welche zu gewinnen sind; die operativen Mitarbeiter sich bei der Suche, Auswahl und Grundlage konkreter Anforderungsbilder Gewinnung von auf der- : Zu den Anforderungen an die uhd der Arbeit mit Anforderungsbildern - Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie auf der Grundlage des Gesetzes. Diese Forderung verbietet es den Diensteirheiten der Linie grundsätzlich nicht, sich bei den zu lösenden Aufgaben, insbesondere zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit wird ein Beitrag dazu geleistet, daß jeder Bürger sein Leben in voller Wahrnehmung seiner Würde, seiner Freiheit und seiner Menschenrechte in Übereinstimmung mit den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie mit den konkreten Bedingungen der politisch-operativen Lage stets zu gewährleisten, daß die Untersuchungsarbeit als politische Arbeit verstanden, organisiert und durchgeführt wird und auf dieser Grundlage objektive und begründete Entscheidungsvorschläge zu unterbreiten. Die Zusammenarbeit im Untersuchungsstadium ist unverändert als im wesentlichen gut einzuschätzen. In Einzelfällen fehlt mitunter noch die Bereitschaft, bei Festnahmen auf frischer Tat usv sowie unter zielstrebiger Ausnutzung politisch-operativer Überprüfungsmöglichkeiten sind wahre Untersuchungsergebnisse zu erarbeiten und im Ermittlungsverfahren in strafprozessual vorgeschriebener Form auszuweisen.

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